Zeit für Plan B
zu einem erbärmlichen Plateau ausgeweitet hatte. Das Einzige, was man mir zugute hielt, war Sarah gewesen, nicht nur, weil ich verheiratet war, sondern weil ich mit einer Architektin verheiratet war, und das war etwas, was sich meine Mutter auf der Zunge zergehen lassen konnte. Meine Schwiegertochter, die Architektin. Mein Sohn, der … Ehemann. Und jetzt war ich nicht einmal mehr das. Einen Augenblick lang überlegte ich, weshalb ich, wenn ich mit meiner Mutter sprach, das Gefühl hatte, gescheitert zu sein. Lag es daran, dass ich mir selbst so vorkam, wenn ich mich mit ihren Augen betrachtete, oder daran, dass ich mein eigenes Gefühl des Scheiterns auf sie projizierte und sie nur eine unschuldige Zuschauerin war? Wie auch immer, ich musste zugeben, dass mein gegenwärtiger Zustand mit Sicherheit auf einen neuen Tiefpunkt abgesackt war, wenn ich mich nur noch mit der Frage befasste, wer mich für den größeren Versager hielt, ich oder meine Mutter.
Ich seufzte tief ins Telefon und sagte mir, dass ich zu hart war. Meine Mutter machte sich Sorgen um mich, das war alles. Jetzt, nachdem sie die Situation erfasst hatte, würde sie mit Sicherheit ein paar tröstliche Worte für mich haben. »Ist sie mit jemand anders zusammen?«
O mein Gott. »Mom, es war nichts dergleichen«, sagte ich. »Die Ehe war einfach ein Fehler.«
»Nun ja, vor drei Jahren hast du das nicht gedacht.«
»Natürlich nicht, sonst hätte ich damals schließlich nicht geheiratet, oder?«, gab ich zurück, obwohl ich an der Wahrheit dieser Aussage durchaus meine Zweifel hatte.
»Na ja«, sagte sie nach einer Weile. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Dann sag einfach nichts«, empfahl ich ihr.
»Wir wollen doch nur, dass du glücklich bist«, klagte sie, als sei es meine einzige Absicht, ihr diesen schlichten Wunsch abzuschlagen.
»Dann sag einfach gar nichts.«
»Ich geb dir deinen Vater.« Eine Minute lang wurde am Telefon herumgefummelt, während sie im Flüsterton ein paar Worte wechselten, dann hörte ich die leise, leicht kratzige Stimme meines Vaters. »Ben?«
»Hi, Dad.«
»Hi …« Ich konnte mir vorstellen, wie er in seiner Jogginghose und im Unterhemd am Küchentisch saß, vor sich seine Kleieflocken und die
Times
, auf die er vermutlich immer noch geistesabwesend durch seine Gleitsichtbrille blickte, während er mit mir sprach.
»Alles okay mit Mom?«, fragte ich, damit er etwas zu sagen hatte.
»Im Augenblick ist sie natürlich ein bisschen aufgelöst.«
»Natürlich.«
»Ist mit dir denn alles okay?«, fragte er mich, während er sich räusperte.
»Alles in Ordnung, Dad.«
»Schön, na ja, du weißt ja, wenn du irgendetwas brauchst …«
»Ich weiß, es ist alles okay.«
»Na gut, sehr schön«, sagte er, nicht weil es stimmte, sondern weil es die Art war, auf die er jedes Gespräch beendete.
»Wir sprechen uns bald wieder«, log ich.
»Sehr schön«, sagte er noch einmal. Ich wartete das Klicken seines Telefons ab, bevor ich selbst auflegte, wobei der Hörer nicht richtig zu liegen kam, so dass ich noch einmal mit der Faust nachschlug, so hart, dass es läutete. Zwei lange Risse zogen sich durch den Kunststoff neben der Tastatur, und ich hörte, wie etwas Kleines und Metallisches zu Boden fiel und wegrollte. Sehr schön, dachte ich.
10
A lison hielt den Gedanken, Jack zu entführen, im Grunde für eine praktische Idee. »Wir könnten das Haus meiner Eltern in den Catskill-Bergen benutzen«, sagte sie. »Wir nehmen uns alle ein paar Wochen frei und bleiben dort oben bei ihm, bis es ihm wieder besser geht.«
»Ich kann ein paar Wochen erübrigen«, sagte Lindsey, der die Idee lächerlich vorkam und daher besonders gut gefiel. »Ich befinde mich im Augenblick zufällig zwischen zwei Jobs.«
»Das ist ja schockierend«, sagte Chuck.
Wir hielten eine Telefonkonferenz ab, um die Möglichkeit einer Entführung zu erörtern. Irgendwo im Hintergrund hörte ich gedämpft die Lautsprecheranlage des Mount-Sinai-Hospitals, in dem Chuck seine chirurgische Facharztausbildung absolvierte.
»Wann wollt ihr es denn machen?«, fragte Alison.
»Je früher, desto besser«, sagte Chuck. »Ich werde vielleicht ein bisschen Zeit abknapsen können, aber vermutlich werde ich jeden zweiten Tag von den Bergen zurückfahren müssen, um Bereitschaftsdienst zu machen.«
»Wie steht’s mit dir, Ben?«, fragte Alison.
»Ich habe keine Bereitschaft. Ich bin nicht einmal Arzt.«
»Weich mir nicht aus.«
»Ich denke, ich könnte
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