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Zeit-Odyssee

Zeit-Odyssee

Titel: Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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aber die einzige, die überhaupt existiert.«
    »Angenommen, ich wähle lieber eine eigene Variante«, schlug ich vor.
    Sein Ausdruck war müde. »Und welche?«
    »Angenommen, wir springen gemeinsam hinaus, mit Hilfe der Transferzelle?«
    »Schon probiert«, antwortete er knapp.
    »Dann spring du, während ich hierbleibe und warte.«
    »Auch schon probiert.«
    »Dann erschieß dich doch selbst.«
    »Geht nicht.«
    »Wir lassen anscheinend ein altes Band ablaufen, wie? Unter anderem mit diesem Gespräch?«
    »Jetzt scheint dir langsam ein Licht aufzugehen.«
    »Und wenn du andere Antworten gibst?«
    »Was würde das ändern? Ist aber auch schon probiert worden. Alles ist probiert worden. Wir hatten ungeheuer viel Zeit – wieviel genau, weiß ich nicht; jedenfalls aber genug, um diese Szene in all ihren kleinen Variationen durchzuspielen. Sie endet immer auf dieselbe Weise: Du springst allein hinaus, machst durch, was ich durchgemacht habe, kommst wieder zurück und bist dann ich.«
    »Womit willst du das beweisen?«
    »Mit der Tatsache, daß im Nebenraum haufenweise Knochen ‘rumliegen.« Sein Lächeln war alles andere als freundlich.
    »Unsere Knochen. Außerdem der letzte Neuzugang, der noch ein bißchen verfaultes Fleisch aufweist. Daher der sonderbare Geruch. Dasselbe Schicksal steht mir bevor: Verhungern. Also hängt jetzt alles nur noch von dir ab.«
    »Ein Alptraum«, konstatierte ich. »Den werde ich jetzt erst einmal überschlafen.«
    »Ein Alptraum, stimmt«, sagte er, »aber du bist wach.« Er schob mir die Pistole in die Hand. »Tu’s jetzt – bevor ich den Mut verliere.«
    »Reden wir lieber erst mal vernünftig«, schlug ich vor. »Wenn ich dich umbringe, ändert sich auch nichts. Was ich allein tun kann, können wir zu zweit noch besser.«
    »Falsch. Das einzige As, das wir noch im Ärmel haben, ist eine vollständige Veränderung der Umstände.«
    »Was passiert, wenn ich allein losspringe?«
    »Du landest an Bord der Sao Guadalupe und siehst zu, wie du selbst einen Auftrag verpfuschst.«
    »Und wenn ich ihn diesmal nicht verpfusche, wenn ich die Tür freimache?«
    »Genau dasselbe. Du landest hier. Ich weiß es. Ich hab’s versucht.«
    »Du meinst – das Ganze? Das Schlammloch, Mellia?«
    »Das Ganze. Immer wieder. Du landest jedesmal hier. Betrachte es doch einmal so, Ravel: Der Karg hat sein As ausgespielt; wir müssen es stechen oder aufgeben.«
    »Vielleicht aber will er das gerade.«
    »Nein. Er verläßt sich darauf, daß wir wie Menschen reagieren. Menschen wollen am Leben bleiben, nicht wahr? Sie treten nicht freiwillig von der Bühne ab.«
    »Und wenn ich zum Schiff zurückspringe und das Sprungaggregat der Leiche nicht benutze?«
    »Dann verbrennst du mit dem Schiff.«
    »Und wenn ich mit Mellia am Strand bleibe?«
    »Nützt nichts. Habe ich alles schon hinter mir. Dann stirbst du hier. Entweder nach einem kurzen Leben oder nach einem langen. Das Ergebnis bleibt das gleiche.«
    »Und nur, wenn ich dich erschieße, durchbreche ich den Kreis.«
    »Vielleicht. So würde jedenfalls ein ganz neuer Faktor eingeführt. Ungefähr so wie das Schummeln beim Patience-Legen.«
    Ich brachte noch einige weitere Argumente an. Er machte mit mir einen Rundgang durch die Station. Ich schaute in den perlgrauen Nebel hinaus und steckte meine Nase in alle Räume. Überall Staub und Verfall. Unsere Station war alt …
    Dann zeigte er mir die Knochenkammer. Ich glaube, der Geruch überzeugte mich.
    »Gib die Pistole her.« Er reichte sie mir ohne ein Wort. Ich hob sie und entsicherte sie.
    »Umdrehen!« befahl ich ihm. Er gehorchte.
    »Es besteht eine Möglichkeit, die tröstlich ist«, begann er leise. »Dies könnte sich so auswirken, daß …«
    Der Schuß unterbrach ihn und schleuderte ihn nach vorn. Ganz kurz noch sah ich das Loch, das ich ihm in den Hinterkopf geschossen hatte, dann glühte in meinem Gehirn ein Feuer auf, das blendender als die Sonne war und alle Wände, die mich umschlossen hatten, verbrannte.
    Ich war ein gigantisches Auge, das auf eine winzige Bühne hinabblickte. Dort beobachtete ich mich selbst – eine unendliche Vielfalt an Substanz und Schatten, deren Zweige sich bis in die entferntesten Gebiete des entropischen Panoramas ausbreiteten. Ich sah mich im alten Buffalo, an Bord der sinkenden Galeasse, allein am sterbenden Strand am Rande der Welt, sah mich mein kleines, unbedeutendes Netz um den Karg herum spinnen, während er seine eigenen Netze spann, die wiederum von größeren

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