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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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Wortspiel, das nur Neuromenschen verstehen konnten, wie Jasmine bemerkte. Sie ging hinein, setzte sich an die Bar und bestellte einen Zuckerrum. Ihre uniformierte Zweitausgabe ließ sich an einem Fenstertisch nieder, wo sofort ein Neuromann späterer Bauart mit lauter Stimme und überschwänglicher Art Platz nahm. Jasmine starrte in ihr Glas, währen die beiden sich unterhielten.
    »Elektra, wo bist du gewesen?« fragte der Neuromann. »Du hättest gestern Abend doch kommen sollen?«
    »Tut mir leid, Balis«, erwiderte Jasmines Double, »aber ich hatte in der letzten Zeit so viel Arbeit. Ich war die ganze Nacht im Labor. Für die Königin gibt es gute Nachrichten.«
    »Wirklich? Was denn?« fragte Balis interessiert.
    »Das darf ich noch nicht sagen. Nichts Weltbewegendes. Es hängt davon ab, was bei Zubin herauskommt.«
    »Na, das feiern wir aber. Heute Abend bei mir.«
    »Heute Abend kann ich nicht. Ich muss zu Zubins Leuten.«
    »Aber da wartest du doch Stunden, ohne –«
    »Ich weiß, aber ich muss einfach da sein, für den Fall, dass irgend etwas –«
    »Halt, halt, mir fällt etwas ein. Bist du jetzt auf dem Heimweg?«
    »Ich hole nur Unterlagen, dann muss ich sofort zurück …«
    »Gut, gut. Pass auf. Drago ist die Woche in Ma’ Gas’ und holt Bauxit. Sein Labor ist völlig leer. Wir treffen uns dort um 22.00 für eine Stunde – falls du dich losreißen kannst«, fügte er spöttisch hinzu.
    »Gut, vielleicht. Wo ist Dragos Labor?«
    »B 347, zwei Türen neben dem von Zubin. Das ist ideal. Wenn bei Zubin irgend etwas los ist, kannst du in einer halben Minute dort sein.«
    »Nun ja«, meinte Elektra geziert, »es könnte ja ein bisschen länger dauern.«
    Balis grinste voll Vorfreude. Er beugte sich vor, ließ die Zunge in ihr Ohr gleiten und stand auf.
    »Bis heute Abend«, erklärte er vielsagend.
    Sie nahm ihre Brustwarze zwischen die Finger und zwinkerte ihm zu. Er ging. Sie wirkte ein wenig verärgert, leerte rasch ihr Glas und bestellte ein neues. Sie las Unterlagen durch, die sie aus ihrer Mappe zog, und machte sich gelegentlich Notizen. Sie bestellte ein drittes Glas und trank es leer. Sie verließ die Bar. Jasmine stand auf und folgte ihr unauffällig.
    Elektra ging eine Straße hinunter, bog ab und schritt durch eine Seitenstraße. Jasmine blieb zwanzig Schritte hinter ihr. An der nächsten Biegung überquerte Elektra einen kleinen Laufgang und betrat ein Haus. Jasmine ging ihr langsam nach, wartete kurz und klopfte an die Tür, durch die Elektra eingetreten war.
    Schritte näherten sich, dann öffnete Elektra die Tür.
    »Ja?« sagte sie. Sie trug noch ihre Uniform, hatte den Rock aber aufgeknöpft.
    »Wohnt hier Elektra?« fragte Jasmine gewichtig.
    »Ja, ich bin Elektra. Was gibt es?«
    »Ich bringe eine Mitteilung von Zubin«, sagte Jasmine.
    Elektras Augen wurden größer.
    »Ja, bitte?«
    Jasmine zögerte.
    »Kann ich einen – Ausweis sehen?«
    Elektra wurde ungeduldig.
    »Nur heraus damit! Natürlich bin ich Elektra. Wer sollte sonst –«
    »Tut mir leid, aber ich muss –«
    »Gut, gut, ich hole meine Karte. Augenblick.« Sie wandte sich gereizt ab und ging in den kleinen Raum zurück. Jasmine trat ein, schloss die Tür und folgte ihr.
    »Hier«, fauchte Elektra und zog eine Ausweiskarte aus der Mappe auf dem kleinen Tisch. Jasmine griff nach der Karte, betrachtete sie und verglich sie mit Elektras Gesicht.
    »Hier steht, dass deine Nase aus der Serie 1200 stammt, aber –«
    »He, gib mal her!« Elektra hastete heran und riss Jasmine die Karte aus der Hand, um selbst nachzusehen.
    Jasmine hob rasch die Hand und riss das versteckte Ventil an Elektras Hinterkopf auf.
    Elektra fuhr herum, als das lebenswichtige Hämo-Öl herausströmte.
    »Was soll das?« stieß sie angstvoll und ungläubig hervor. Sie hob die Hand an den Hinterkopf und führte sie vor ihre Augen; sie war bedeckt mit der dicken Flüssigkeit. Sie starrte Jasmine an. »Augenblick, du trägst keine Uniform«, entfuhr es ihr. »Und du bist von meiner Serie, nicht? Du …« Weiter kam sie nicht.
    Jasmine stürzte sich auf sie und riss sie zu Boden, hielt sie auf dem Teppich fest und presste ein Kissen auf ihr Gesicht, um ihre Schreie zu dämpfen. Da sie praktisch gleich gebaut waren, hatten sie gleichviel Kraft, aber Jasmine hatte den Vorteil der Überraschung für sich. Sie brauchte nur liegenzubleiben, während Elektra sich verzweifelt und nutzlos wehrte. Elektras Zuckungen wurden immer schwächer, als ihr Lebenssaft in den

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