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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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Spur.«
    »Hypnose«, sagte Wass, ohne die Augen zu öffnen.
    »Mag sein«, sagte Lon. Josh hatte große Augen, Jasmine verengte die ihren. »Aber ich folgte euch nach Ma’ Gas’«, fuhr Lon fort, während er sich am Feuer die Hände wärmte. »Ich traf leider einen Tag nach dem Brand ein. Ich forschte nach euch. Ich sprach mit alten Freunden, die ich viele, viele Jahre nicht gesehen hatte. Man vermutete allgemein, ihr hättet euch vor dem Feuer retten können – in der Asche wurden keine Neuromensch-Teile gefunden und keine Menschenknochen. Und ich hatte keinen Anlass, daran zu zweifeln. Ihr hattet schon Schlimmeres überstanden.
    Ich wusste auch, wohin ihr wolltet – zur Stadt am Sticks. Ich flog zwei Tage lang zwischen den beiden Orten über dem Meer hin und her. So fand ich euch. An den Großbaum auf einem ESS-Floß gebunden, unterwegs nach Venice. Ich wusste, dass ihr euch dort nicht lange würdet halten können, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass es mir gelingen würde, allein dort etwas auszurichten. Deshalb machte ich einen Plan.«
    »Du hast tausend Vampire zusammengeholt, um die Insel anzugreifen?« fragte Jasmine fassungslos.
    »Ich flog heim, so schnell ich konnte, holte die drei Freunde, die ihr kennen gelernt habt, und nahm einen Film aus meiner Bibliothek mit.«
    »Einen Film?«
    »Einen holographischen Film, vorführbar mit Sonnenlicht. Er zeigte eine Vampir-Invasion mit nachfolgender Schlacht. Ein Klassiker, vermutlich hundertfünfzig Jahre alt. Abas Bruder Ona zog den Streifen zwischen Sonne und Insel hinter sich her, und unten am Boden glaubte jeder, die Vampire seien in riesigen Scharen im Anflug, es gäbe heftige Kämpfe und viele Tote. Das führte natürlich zu einem Chaos – die Einwohner liefen durcheinander und feuerten auf Phantome. Inzwischen suchte ich die Stadt nach euch ab – bis ich euch fand. Und brachte euch hierher.« Er lachte dröhnend. »Wenn sie am Morgen dahinter kommen, dass niemand tot ist, werden sie behaupten, das sei eine Kollektiv-Vision gewesen, eine Botschaft ihres Gottes.«
    »Ein Hologramm«, sagte Jasmine staunend.
    »Was ist ein Hologramm?« fragte Josh verwirrt.
    Und so vergingen die Stunden, mit versuchten Erklärungen dreidimensionaler Holographie, versuchten Erklärungen der Verlorenen Stadt, durch die sie gekommen waren (»Vielleicht ist alle Zeit dort erstarrt. Vielleicht sind wir gar noch dort.« »Vielleicht ist es so, wie der alte Mann sagte …«); mit Erinnerungen an vergangene Zeiten, Spekulationen über die Zukunft, bis sie endlich alle einschliefen, im undeutlichen Schatten des Morgens aneinander Wärme suchend.
    Am Morgen entschied man, dass Jasmine und Lon die unheimliche Stadt erkunden sollten, während die anderen blieben, wo sie waren. Beauty war noch immer zu schwach für große Abenteuer, und den Gerüchten zufolge ließ man keine Menschen ein. Wass blieb bei Josh, um Beauty pflegen zu helfen. Isis und Sumina waren von Josh nicht fortzubringen.
    Josh zog seinen Federkiel heraus, um seit vielen Tagen zum ersten Mal wieder zu schreiben. Die Feder war zerfetzt, von Wasser durchtränkt und schmutzig. Trotzdem strömten die Wörter. Joshua schrieb: ›Dicey. Rose. Ollie.‹ Die Feder hatte viel durchgemacht, wie sie alle. Josh fragte sich, ob der Falke, den Rose vor so langer Zeit freigelassen hatte, noch flog. Er schrieb Roses Namen noch einmal nieder. Er flehte das Wort an, ihr die Feder mit der Freiheit bringen zu dürfen.
    »Das Wort ist groß, das Wort ist eins«, sagte er feierlich.
    Wass entfernte sich kurze Zeit und kehrte mit einem Frühstück aus Nüssen und Kräheneiern zurück, aber als sie wiederkam, hatte Lon Jasmine schon unter seine Fittiche genommen, um mit ihr die wenigen Meilen nach Norden zu den Toren der Stadt ohne Namen zu fliegen.
    Es war eine ummauerte Stadt. Die Außenmauern waren aus Stein, dreißig Meter hoch. Es gab nur einen Zugang über einen Burggraben aus zwei großen Zuflüssen des Sticks. Bewacht wurde er von einem Rudel Zerberi – grimmige Wesen mit dem Körper von Menschen, jeder mit drei Hundeköpfen, darauf dressiert, jedes Tier, das nicht Neuromensch oder Vampir war, zu erschnuppern und zu überfallen. Lon und Jasmine kamen an diesem ersten Hindernis ohne Mühe vorbei.
    Einmal in der Außenstadt, zeigte sich ihnen deutlich der Sinn dieser Beschränkung: Von wenigen Ausnahmen abgesehen, waren nur Vampire und Neuromenschen zu erblicken. Die Ausnahmen waren Menschen. Sie zerfielen in zwei Kategorien:

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