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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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möchte meinen, ihr braucht Verbündete, soviel ihr kriegen könnt. Zweitens bin ich bei jedem Kampf genauso gut wie ihr oder besser, das kann Lon bezeugen. Überdies wette ich, dass die kleine Katze da ihren Mann stehen kann und mehr.«
    Isis brummte zustimmend. Josh musste immerhin den Mut der Neurofrau bewundern. Lon lächelte. Jasmine stand auf.
    »Drittens bin ich die einzige von euch, die Dundees Terrarium so gut kennt, dass sie eine Fährte verfolgen und Bals Überlegungen nachvollziehen kann, falls er so weit kommt.« Sie richtete den Finger auf Beauty. »Deshalb sollte es dir recht sein, dass ich mitgehe«, erklärte sie, »aber bei Neptuns Mittelflosse, das ist nicht der Grund, weshalb ich gehe. Ich tue es, weil dieser Junge mir das Leben gerettet hat und ich meine Schulden grundsätzlich bezahle. Die Bedingungen setze ich selbst fest.« Sie griff nach einem Glas Wein und trank es in einem Zug leer.
    »Was sie sagt, klingt vernünftig«, meinte Josh.
    »Worte«, knurrte Beauty. Er sah die Neurofrau an und sagte resigniert: »Ich kann dich nicht aufhalten, aber es gefällt mir trotzdem nicht.«
    »Du misstraust Worten?« fragte Jasmine leise.
    »Worte sind ein armseliger Versuch, zu beschreiben, was ist.«
    »Worte können sich der Wahrheit annähern«, gab sie zurück.
    »Du kannst mich mit Worten nicht von der Richtigkeit dessen überzeugen, was ich aus Erfahrung oder Gefühl als falsch erkenne.«
    »Worte sind ihre eigene Wahrheit«, stellte Joshua fest. Normalerweise sprachen er und Beauty nicht über dieses Thema, aber der Alkohol machte sich bemerkbar. Die innere Überzeugung wollte sich nicht unterdrücken lassen.
    »Worte spiegeln nur die Wahrheit ihrer Zeit und ihres Ortes«, sagte Jasmine hitzig. »Zum Beispiel …« Sie ging vor dem Kamin hin und her, ein Glas mit funkelndem Burgunder in der Hand. »Zum Beispiel: Als ich noch jung war, in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts, gebrauchten die Menschen nur noch selten Verben, außer im Präsens. Die Vergangenheit war so bedrückend, die Zukunft so erschreckend, dass nur das Jetzt noch Macht hatte, anzuleiten oder Inspirationen zu geben. Nicht, dass das alles so lehrreich oder erhebend gewesen wäre, aber wir hatten mit Vergangenheit und Zukunft einfach nichts zu schaffen. Deshalb wurde es schick, bis auf das Präsens Indikativ die ganze Grammatik aufzugeben.
    Wir sagten also ›ich esse‹, und das musste genügen, weil es niemanden kümmerte, ob man gegessen hatte oder essen würde. Die Wörter waren aber nur Spiegelbilder der Wirklichkeit. Ergibt das Sinn?«
    Beauty blickte so steinern, wie es einem Lebewesen möglich ist.
    »Ich hoffe nur, du redest nicht so viel, wenn du auf der Jagd bist.«
    Jasmine lächelte.
    »Das erinnert mich an eine Geschichte«, sagte sie. »Ich war mit einem Klon-Kapitän unterwegs, vor mehr als hundertfünfzig Jahren. Wir jagten im Dschungel südlich der Grenzscheide einen Hedon-Renegaten. Nun, ich redete und redete von diesem und jenem, und nach einer Weile sprang der Hedon aus einem Baum auf uns herab und schwang seine Machete. Ich erledigte ihn aber und warf ihn vor die Füße des Kapitäns.
    Der Klon-Kapitän war ein wenig gereizt, ganz wie du. ›Redest du immer so viel, wenn du jagst?‹ fragte er. Ich lächelte aber nur. Hätte ich nicht so viel Lärm gemacht, wäre der Hedon nie auf unsere Spur gekommen, und wir hätten ihn vielleicht nicht erwischt. Ihr seht, das ist alles eine Frage des Standpunkts – ob man sich als Jäger oder als Gejagten betrachtet, und wie man das nützt. Und damit sind wir wieder bei den Wörtern, nicht?«
    Beauty starrte sie an, als stamme sie von einem anderen Planeten. Nie hatte er sich einen Jagdgenossen weniger gewünscht. Sie war freundlich und hilfreich gewesen, gewiss – aber dieses Geschnattere ging ihm auf die Nerven. Es brachte ihn aus dem Gleichgewicht, störte die innere Harmonie. Gemessen wiederholte er: »Ich hoffe, du redest nicht so viel, wenn du jagst.«
    Es blieb kurze Zeit still, dann erhob sich schallendes Gelächter. Summina wurde sogar wach. Lon hob sein Glas.
    »Auf die Jagd«, sagte er.
    »Auf die Jagd.« Man trank und stieß einen Hochruf aus. Bald redeten alle durcheinander. Sogar Beauty ließ sich von der Stimmung anstecken. Trinksprüche wurden mit Schwüren beantwortet, die Musik fing wieder an, die Tänzer wirbelten durcheinander. Summina flatterte, bis sie wieder einschlief. Sogar Isis hob sich auf die Hinterbeine und sprang herum.
    Josh war es so

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