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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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für das Menschsein.« Sie lächelte wissend. »Ich bin als Mensch geboren.«
    Josh war schnell in den Bann dieser packenden Darstellung vom fremden Land seiner Vorväter geraten. Magnetismus, berghohe Bauten. Und alle hatten lesen können. Das meiste war neu für Josh – es sickerten nur noch wenige verlässliche Geschichten durch, glaubhafte Berichte über die Zustände Vor dem Eis. Er fand es faszinierend, an die frühen Menschen zu denken, die sich von ihm gar nicht so sehr unterschieden und doch ganz anders gelebt hatten.
    Sogar Beauty konnte nicht verhindern, dass er gefesselt wurde, dass er sich für die Erzählerin erwärmte.
    »Du ein Mensch«, flüsterte er, zugleich ungläubig und glaubenswillig. »Und die Zentauren? Was taten sie, während die Menschen herrschten?«
    »Ach, es gab keine Zentauren«, versicherte Jasmine. »Die meisten Tiere gab es noch nicht. Die kamen erst viel später. Aber das ist eine andere Geschichte.« Sie ging über Beautys Fassungslosigkeit hinweg und erzählte weiter. »Jedenfalls bin ich, wie ich vorher schon sagte, 1986 geboren, in dem Jahr, als das Atomkraftwerk in Oceanspring explodierte und einen Großteil Neuenglands zerstörte. Ganz zu schweigen von der Strahlungskrankheit, den Verbrennungen, den Geburtsschäden. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke. Mehr braucht ihr beiden über Atomenergie gar nicht zu wissen. Das war eine Energie, von der die Leute glaubten, sie könnten sie in eine Schachtel tun und benützen, wie sie das wollten: herausnehmen und damit schießen oder Licht damit machen oder Röntgenstrahlen – nein, fragt mich nicht, was das ist –, aber es stellte sich heraus, dass sie die Schachtel nicht mehr zumachen konnten. Dahinter kamen sie 1986, als ich geboren wurde.
    Geboren unten in Los Angeles, bevor es zu einer Insel wurde. Das war eine Stadt. Coupés, Filmsterne, Disneyland – ihr wisst nicht, wovon ich rede, nicht wahr? Lasst nur. Asche zu Asche, wie wir zu sagen pflegten. Nun gut. Nach der Katastrophe von Oceanspring ging es noch so eine Weile holprig dahin, das hätte auch noch viel länger dauern können, aber es kam eine neue, viel größere Katastrophe. Habt ihr schon einmal etwas von Erdöl gehört?«
    Josh und Beauty sahen einander an und richteten die Blicke wieder auf Jasmine.
    »Du meinst, so etwas wie Walöl?« fragte Josh.
    »Öl, das schwarz aus dem Boden schießt; aus dem man Benzin herstellen kann, das brennt. Treiböl.«
    Sie schüttelten die Köpfe. Jasmine seufzte, dann lachte sie.
    »Schwer zu sagen, wo man da anfangen soll.« Sie sahen sie erwartungsvoll an. Joshua hatte die Schmerzen in seinem Rücken ganz vergessen. Jasmine sprach weiter: »Erdöl war ein natürlicher Stoff, aus dem Boden gepumpt. Es wurde verarbeitet und verbrannt, und die dabei erzeugte Energie nährte die Lichter der Welt, trieb die Transportmittel an, heizte das Kühle, kühlte das Heiße, alles mit Erdöl. Nur manchmal strömte es aus den Schiffen, die es beförderten, und bedeckte das Meer mit dickem, schwarzem Schlamm. Das nannte man Ölpest. Die Menschen hassten das.
    Gleichzeitig gab es besondere Wissenschaftler, die man Gen-Ingenieure nannte. Sie – du lieber Himmel, wie soll ich das je – na gut, sie waren … gewissermaßen die Zauberer ihrer Zeit. Nur war die Magie noch jung, und alle waren sie Zauberlehrlinge. Sie fanden jedenfalls heraus, dass jedes Wesen aus Millionen winziger Organismen besteht, die Zellen genannt werden und so klein sind, dass man sie gar nicht sehen kann. Und im Mittelpunkt jeder Zelle ist ein noch kleineres Stück, das Kern heißt, und in jedem Kern sind Stückchen von fadenartigem Material, genannt Chromosomen. Und die Chromosomen bestehen wie Kugeln an einer Kette aus Millionen kleiner Botschaften, die Gene heißen. Und diese Gene sind die Botschaften, die jedem Wesen sagen, was es ist, wie groß, welche Gestalt es hat, was es gern isst, worüber es nachdenkt. Und diese Wissenschaftler entdeckten den Code, in dem die Botschaften geschrieben waren. Die Wissenschaftler konnten dann in die Zellen hineingehen und hineinschreiben, was sie wollten. Das taten sie auch – sie fanden ein Bakterium, das eine bestimmte Art von Zelle ist, und schrieben einen Teil der Botschaft in der Zelle um – das nennt man Gen-Technik – und als die Wissenschaftler genau das geschrieben hatten, was sie wollten, konnten die Bakterienzellen, in die sie hineingeschrieben hatten, Erdöl essen. Und nicht nur das, sie waren ganz gierig

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