Zeitbombe Internet
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Schon klar, dass nur eine Minderheit der Empfänger auf solche E-Mails eingeht. Etwa 0,2 Prozent, hieà es lange, reagieren auf derartige Angebote. Nein, manchmal sind es noch viel weniger!, meldete 2008 eine Forschergruppe an der University of San Diego: Ein Team um den Hacker Chris Kanich war testweise in ein groÃes Zombie-Netzwerk eingedrungen, hatte die Onlineverbrecher beobachtet und sich ihre Geschäfte genauer angesehen. Eine typische Verkaufsaktion umfasste stolze 350 Millionen verschickter E-Mails für Medikamente â aber sie generierte bloà 28 Verkäufe. Eine Quote von 0,00001 Prozent.
Doch wer millionenfach Gratispost verschickt, kann offenbar auch mit 0,00001 Prozent Kundschaft ein auskömmliches Leben führen. Die Sicherheitsfirma SophosLabs dokumentierte 2009 auf einer Konferenz (Virus Bulletin) einen konkreten Fall, in dem eine einzige Kampagne für solche zweifelhaften Medikamente wegen der gigantischen Masse immerhin 16.000 Dollar Umsatz einbrachte â pro Tag. So geht das seit dem Beginn der neunziger Jahre. Eine neue Ãkonomie der Massenpost wurde geboren. Distanzen spielten keine Rolle. Orte am Ende der Welt â Dörfer in Nigeria, Dörfer in Rumänien, Universitätsstädtchen in fernen Winkeln Russlands â wurden zu Hochburgen des E-Mail-Versands. Es war die groÃe Zeit der Spam-Amateure, der Kleinstunternehmer, Glücksritter und kleinen Cybergauner, die ausgefallene bis zweifelhafte Produkte unters Volk brachten.
Es war nicht einmal so, dass hinter jeder Spam-E-Mail gleich jemand steckte, der etwas verkaufen wollte! Der amerikanische Journalist Brian McWilliams erzählt in seinem Buch »Spam Kings« von einer jungen Dame namens »Terri DiSisto«, die jahrelang mit ihren E-Mails das Netz überschwemmte â auf der Suche nach Männern im Alter von 18 bis 23 Jahren. Die sollten sich festbinden, kitzeln und dabei filmen lassen. »Ich will keinen Sex und keine nackte Haut sehen«, schrieb Terri, und sie wolle auch niemanden treffen. Kitzeln sei ihr
Hobby. Im Gegenzug bot â und lieferte â sie Geld oder Stereo-Geräte. Richtig böse wurde »Terri« allerdings, wenn versprochene Videos nicht eintrafen: Einige solcher Opfer hat sie offenbar mit Zehntausenden von E-Mails bombardiert, so dass ihre elektronischen Postkörbe unbenutzbar wurden. Um unerkannt zu bleiben, benutzte Terri dafür unterschiedliche Mailkonten bei mindestens sechzehn verschiedenen Internetfirmen. Ihr Spiel war aus, als um die Jahrtausendwende neugierige Hacker in ihren Computer einbrachen und unter anderem herausfanden â und im Netz veröffentlichten â, dass Terri DiSisto ein Mann war und David hieÃ.
Dann gab es den Zeitreisen-Spammer. Millionen Internetnutzer erhielten Anfang 2003 geheimnisvolle Cyberpostwurfsendungen, in denen ihnen mehrere tausend Dollar geboten wurden â wenn sie dem Absender im Gegenzug ungewöhnliches elektronisches Zubehör beschaffen könnten wie einen »Acme 5X24 Zeitdurchführungskondensator mit eingebauter Zeitverschiebung«, einen »AMD Dimensionalen Warpgenerator mit einem GRC79 Induktionsmotor« und anderes Zubehör für Zeitmaschinen. Das Angebot richtete sich in der Hauptsache an auÃerirdische Touristen, intergalaktisches Servicepersonal und Kosmonauten auf der Durchreise â aber wenn ein gewöhnlicher Erdenmensch dem Absender namens »Bob White« verbogene Spulen aus alten Festplatten schickte, dann bezahlte der trotzdem und bedankte sich herzlich. »Bob White« ist in den Kreisen von Internetfans ziemlich berühmt geworden. Eine Rockband namens GrooveLily schrieb über ihn ein Lied (»Calling all Aliens«).
Später wurde bekannt, dass hinter »Bob White« ein 22-jähriger Mann aus Massachusetts steckte, der psychische Probleme
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