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Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Flohr
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die Hand.
    Die Jungen drehten sich um und machten sich eilig auf den Heimweg. Elisabeth trug Adalberts Schulranzen, den anderen Arm legte sie um seinen Nacken. Schweigend gingen sie nach Hause.
    Robert war außer sich, als Elisabeth ihm am Abend von dem Vorkommnis erzählte. Adalbert war schon ins Bett gegangen, er hatte leichtes Fieber. Die Tracht Prügel hatte ihm zugesetzt, er war verwirrt und brachte kaum einen zusammenhängenden Satz heraus. Immerhin erfuhr Elisabeth, dass er die Hefte von einem Schüler der oberen Klassen bekommen hatte. »Sie leihen sie an die Jüngeren aus«, erklärte Karl ihr, »gegen Geld.«
    Elisabeth hatte lange an Adalberts Bett gesessen und ihm immer wieder über den Kopf gesteichelt, wenn er herzzerreißend seufzte. Jetzt sagte Robert: »Ich möchte mit ihm sprechen. Darf ich?«
    Elisabeth nickte, Robert nahm seine Krücken und humpelte die Treppe hinauf zum Zimmer der Jungen. Elisabeth ging rastlos im Zimmer auf und ab, je länger sie ging, desto schneller wurden ihre Schritte und desto größer wurde ihr Zorn. Als Robert nach zehn Minuten wieder auf dem Treppenabsatz erschien, sah er sie mit geballten Fäusten mitten im Raum stehen und leise Flüche ausstoßen. »Ich werde gleich morgen früh mit diesem Dr. Sattelmaier reden«, sagte er. »Der Junge ist ja völlig verstört.«
    Elisabeth blickte zu ihm auf. »Wir gehen gemeinsam«, erwiderte sie. »Ich habe ebenfalls die Absicht, diesem Herrn einiges zu sagen.«
    *
    Robert hatte am nächsten Vormittag große Mühe, Elisabeth zurückzuhalten, als sie vor der Sporthalle standen, in der Dr. Sattelmaier gerade eine Turnstunde abhielt. Sie wollte sofort hineinstürmen. »Damit lieferst du ihm nur einen Grund, gar nicht mit uns zu reden«, sagte er. »Wir müssen uns hier schon an die Regeln halten.«
    »Und das heißt?«
    »Nach der Stunde, wenn er herauskommt.«
    Sie nickte, mühsam beherrscht.
    Dr. Sattelmaier stutzte, als er aus der Turnhalle trat und den einbeinigen Leutnant in seiner Ausgehuniform erblickte, der geradewegs auf ihn zuhumpelte.
    »Ich würde gern wegen Adalbert von Schwemer mit Ihnen sprechen«, sagte Robert und blieb vor ihm stehen. »Robert von Trenck, mein Name.«
    Dr. Sattelmaier straffte die Haltung, seine Augen blickten kampfeslustig.
    »Dann grüßen Sie erst mal vorschriftsmäßig! Dr. Karl-Ludwig Sattelmaier, Major der Reserve.«
    »Ich denke nicht …«
    Der schmächtige Mann im Gehrock machte einen Schritt auf Robert zu. »Es spielt keine Rolle, was Sie denken, Herr Leutnant«, sagte er und setzte sich mit Schwung seinen Kneifer auf die Nase, um Robert genauer anzusehen, »Sie haben zu grüßen, wenn Sie einem ranghöheren Offizier gegenüberstehen. Denken kommt später, wenn überhaupt. Wo haben Sie gedient?«
    »4. Husaren«, erwiderte Robert verblüfft.
    Abschätzend sah Sattelmaier an Robert herunter. »Kein Wunder, dass an der Westfront nichts vorangeht«, sagte er, »wenn das die Disziplin von heute ist! Ich fordere Sie ein letztes Mal auf, vorschriftsmäßig zu grüßen, andernfalls werde ich ein Disziplinarverfahren gegen Sie anstrengen. Wie war gleich der Name?«
    Er hatte die Frau nicht bemerkt, die hinter ihm aufgetaucht war. Er schrak herum, als Elisabeth sagte: »Sattelmaier, Major Sattelmaier, richtig?«
    Sie lächelte ihn an. »Welch ein stattlicher Mann! So habe ich mir immer einen Major vorgestellt.«
    »Und Sie, wer …?«, fragte der Oberstudienrat.
    Sie hob eine Hand und legte einen Finger an die Lippen. »Nicht so laut!«, raunte sie. »Es muss ja nicht jeder hören, was wir hier bereden. Oder wissen alle, dass Sie ein Dieb sind? Dann können wir es natürlich auch laut sagen.«
    Sattelmaier schnappte nach Luft, Elisabeth warf ihm einen bewundernden Blick zu. »Wie beeindruckend Sie sind, wenn Sie sich so richtig echauffieren! So ein stattlicher Mann!«, sagte sie. »Ich bin sicher, Sie können sich vor Heiratsanträgen nicht retten, Herr Major. Oder sind Sie bereits verheiratet?«, fragte sie verschwörerisch und trat dicht an ihn heran. »Nein, ich glaube, das sind Sie nicht …«
    »Ich muss doch sehr bitten!«, antwortete Dr. Sattelmaier und versuchte, sich an Elisabeth vorbeizudrängen.
    Sie verstellte ihm den Weg. »Ich hätte gern meine Romane zurück, und zwar umgehend! Mein Bruder hat sie freundlicherweise für mich mitgenommen, und dabei ist ihm leider eines der Bücher zu Boden gefallen, wie Sie ja wissen.«
    »Ihre Bücher?«
    »Ja, sie bedeuten mir sehr viel, sie stammen

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