Zeitenlos
konnte ihm das nicht durchgehen lassen und musste irgendetwas tun.« Er hielt inne und fuhr dann fort: »Ich wollte ihm die Hand nicht brechen.« Ich sah Wes an, dass es ihm nicht sehr leidgetan hatte.
»Du hast ihm die Hand gebrochen, und ich bin trotzdem mit dir gegangen?«
»Ja. Dein Verhalten war damals genauso unlogisch wie heute.«
Ich boxte ihn gegen die Schulter, und er grinste. »Tatsächlich hast du sogar gesagt, dass du sonst zu Fuß nach Hause gegangen wärst, weil du genug von ihm hattest.«
Ich lehnte den Kopf an die Nackenstütze und dachte über den Vorfall nach. Der Gedanke, dass Wes mich vor diesem Idioten gerettet hatte, versetzte mich in Hochstimmung. »Warst du eifersüchtig?«, fragte ich.
»Nein.« Er sah aus dem Fenster und nahm diese Aussage eilig zurück. »Ja.«
Ich grinste. »Gut, also bist du doch nicht perfekt. Du hast mindestens eine Schwachstelle.« Bevor er protestieren konnte, beugte ich mich zu ihm und küsste ihn auf die Wange. Eine Weile war es still, dann gewann meine hinlänglich bekannte Neugier wieder die Oberhand. »Und wie habe ich alles über dich herausgefunden? Du weißt schon, dein Geheimnis.«
Sein Verhalten änderte sich kaum merklich. »Du wusstest nur, dass ich anders war. Von meiner Vergangenheit hast du nie etwas erfahren.«
»Warum nicht?«
Er atmete tief durch. »Ich wusste nicht, wie ich es dir beibringen sollte. Außerdem hatte ich keine Ahnung, dass sich die Geschichte wiederholen würde. Du hast meine Vergangenheit niemals hinterfragt, weil die zeitlichen Daten damals noch zueinander passten. Und ich dachte, dass wir eine zweite Chance bekommen hätten.«
Ich wusste, was er dachte, und wappnete mich für das, was jetzt kommen musste. Es hatte keinen Sinn, die Frage hinauszuzögern. »Erzähl mir, wie es passiert ist. Was ist mir passiert?«
Er hielt den Wagen auf dem Seitenstreifen an. Dann drehte er sich zu mir und sah mich ernst an. Ich wartete gespannt auf das, was jetzt kommen würde. »Du bist auf dem Weg zu meinem Haus bei einem Autounfall ums Leben gekommen.« Sein Blick ging an mir vorbei, als er das sagte, deshalb legte ich den Kopf schief, um wieder in seinen Fokus zu rücken.
»Das ist alles?«, fragte ich.
Meine Erleichterung schien ihn zu verwirren. »Das ist ja wohl genug«, erwiderte er.
»Wes«, entgegnete ich ruhig. »Du sagst, dass ich bei einer der größten Grippe-Epidemien seit Menschengedenken gestorben bin. Und dann noch einmal bei einem Verkehrsunfall, wie er jeden Tag passieren kann. Das bedeutet doch nicht automatisch, dass ich meinen zwanzigsten Geburtstag nicht erleben werde.«
Er teilte meine Erleichterung nicht, das konnte ich sehen. Seine Gesichtszüge blieben angespannt. Ich strich ihm übers Gesicht. »Wes, du hast dir aufgrund von besonderen Umständen eingeredet, dass ich sterben muss. Diese Dinge müssen sich aber nicht zwangsläufig wiederholen.«
»Sophie, du erwartest doch nicht, dass ich so tue, als könnten sie nicht wieder geschehen?« Er schmiegte seine Wange in meine Handfläche.
»Ich verlange nicht von dir, dass du so tust. Ich möchte nur nicht, dass du dich da hineinsteigerst.« Ich sah ihn aufmerksam an, und weil ich seine Anspannung förmlich fühlen konnte, beugte ich mich zu ihm und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Seine Reaktion war heftiger als sonst, es war, als kämpfte er mit sich selbst. Ich zog mich zurück. »Du musst dich entspannen. Alles wird gut.«
Er antwortete mit einem dünnen, nicht wirklich überzeugenden Lächeln, bevor er meinen Kuss sanft erwiderte. »Okay«, flüsterte er und startete den Wagen.
Während der Rückfahrt ließ ich ihn nicht aus den Augen. Ich wusste nicht, was er dachte, doch es war offensichtlich, dass er tief in Gedanken versunken war. Den Rest der Fahrt ließ ich ihn in Ruhe.
Zu Hause angekommen konnte ich das Schweigen nicht mehr ertragen. In meinem Zimmer ging ich auf Angriff über. »Wenn ich nicht irgendeinem Zufall zum Opfer falle, wird es dein Schweigen schon schaffen.«
Wes fand das überhaupt nicht witzig, und ich bereute die unglückliche Wortwahl, kaum dass ich sie ausgesprochen hatte. »Okay, okay, sorry. War nicht so gemeint. Aber ich mag es nicht, wenn du so ruhig bist.«
Schließlich lenkte er ein. »Es tut mir leid. Ich habe nur nachgedacht.«
»Über was?«
»Über die Möglichkeit, dass ich mich irren könnte.«
Ich grinste.
»Ich hab es nur in Erwägung gezogen «, stellte er klar, bevor ich meinen Triumph
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