Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
machte, mit welcher Inbrunst der Kammerdiener den lieben langen Tag um Sebastiano herumwuselte, kam mir für einen kurzen Moment der Verdacht, dass Meeks diesen Job vielleicht wirklich nicht nur aus rein professionellem Interesse erledigte. Doch was das anging, musste ich mir wahrlich keine Gedanken machen. Gegen männliche Avancen war Sebastiano hundertprozentig und absolut immun, von daher störte es mich überhaupt nicht, wenn sein Kammerdiener ihn ein bisschen zu sehr anschmachtete. Abgesehen vielleicht davon, dass Meeks sich jedes Mal wie eine Oberzicke benahm, wenn ich mal fünf Minuten mit Sebastiano allein sein wollte.
»Schlaf schön«, sagte ich leise, während ich ihm übers Haar strich und dabei die perfekte Brutus-Frisur ruinierte. Ich küsste ihn sanft und ging dann selbst zu Bett, obwohl es noch keine acht Uhr war. Mir blieben bis zum Aufstehen nur ein paar Stunden Schlaf, denn Fitzjohn hatte gemeint, es sei besser, bereits vor dem Morgengrauen loszufahren, da wir anderenfalls damit rechnen müssten, dem Earl zu begegnen. Mein Schlaf war unruhig und von den üblichen Albträumen durchsetzt. Als ich gegen vier Uhr morgens aufstand und rasch in bequeme, warme Kleidung schlüpfte, fühlte ich mich zerschlagen und übernächtigt. In der Halle stand Mrs Fitzjohn mit einem Proviantkorb, warmen Decken und einer Tasche erhitzter Ziegelsteine bereit, und während Mr Fitzjohn alles mit Jackos Hilfe in die Kutsche brachte, trank ich rasch noch eine Tasse heiße Schokolade im Stehen.
»Am besten, Sie schlafen noch eine Weile«, empfahl Mr Fitzjohn mir, als ich anschließend gähnend die Kutsche bestieg. »Ich habe dafür gesorgt, dass eine ausreichende Menge weicher Kissen vorhanden ist.«
Davon konnte ich mich im nächsten Moment selbst überzeugen. Dankbar sank ich auf die zu einer plüschigen Kuschelecke ausgepolsterte Sitzbank und stellte meine Füße auf die warmen Ziegelsteine am Boden der Kutsche. »Ich weiß gar nicht, womit ich Sie verdiene, Mr Fitzjohn.«
»Nun, jede Herrschaft hat letztlich die Untergebenen, die sie verdient«, erklärte Mr Fitzjohn freundlich, bevor er sorgfältig den Schlag der Kutsche schloss.
Diesen Ausspruch fand ich ungewöhnlich weise und wollte ein bisschen darüber nachdenken, aber während ich das tat, nickte ich ein. Als ich das nächste Mal aufwachte, war es immer noch dunkel. Allzu lange konnte ich nicht geschlafen haben.
»Nur eine Mautstelle«, sagte Jacko, als ich das Fenster öffnete und hinaussah. »Gleich geht es weiter.«
Bald sollte ich feststellen, dass es auf unserem Weg noch mehrere Mautstellen mit Schlagbäumen gab, an denen wir halten mussten. Offenbar hatten alle möglichen Grundherren außerhalb der Stadt Wegerechte, die von Reisenden zu beachten waren. Mit der Zeit wurde ich davon jedoch nicht mehr wach, sondern schlief tief und traumlos bis in den Vormittag hinein. Als ich wieder aufwachte, hatten wir erneut angehalten, diesmal an einer Pferdestation, wo das Gespann ausgewechselt wurde. Eine praktische Einrichtung – auf dem Rückweg konnte man später seine eigenen Pferde wieder anspannen und die gemieteten zurückgeben.
Ich nutzte die Gelegenheit, um in der benachbarten Gaststätte eine Tasse Tee zu trinken und ein Schinkensandwich aus Mrs Fitzjohns Proviantkorb zu mir zu nehmen. Ich hatte kaum an meinem Tee genippt, da kam Mr Fitzjohn in den Schankraum. Er wirkte besorgt.
»Ich fürchte, wir sind verfolgt worden, Mylady«, sagte er leise und versuchte dabei, mich vor den neugierigen Blicken der Wirtin abzuschirmen. »Es ist der Earl. Er hat gerade im Hof gehalten.«
Mir fuhr der Schreck in die Glieder. George war mir hinterhergefahren! Das konnte nur bedeuten, dass Sebastiano letztlich doch recht gehabt hatte: George war einer von den Bösen.
»Was machen wir jetzt?«, fragte ich. »Ich will ihm lieber nicht begegnen.«
»Überlassen Sie das nur mir, Mylady. Bleiben Sie ruhig sitzen, bis ich zurückkomme.«
Einerseits war es sehr praktisch, die Sache Mr Fitzjohns fähiger Umsicht zu überlassen. Andererseits war die ganze Situation viel zu beunruhigend, um entspannt sitzen zu bleiben. Also sprang ich auf und lief im Schankraum umher, gefolgt von den befremdeten Blicken der Wirtin und zweier Gäste – ein bäuerliches Paar, das sein gesamtes Gepäck mit in die Schankstube geschleppt hatte, unter anderem einen Käfig voller gackernder Hühner.
Kurz darauf kam Mr Fitzjohn zurück. »Die Luft ist rein. Er ist weg.«
»Was haben Sie ihm
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