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Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Leibwächtern gesehen«, informierte ich Sebastiano drei Wochen später, während ich nach Luft schnappend und in einem Schauer von Regentropfen in die ärmliche Dachkammer platzte, die wir gemeinsam bewohnten.
    »Verdammt.« Er wandte sich zu mir um, und ich hatte Gelegenheit, seinen nackten, durchtrainierten Oberkörper zu bewundern – einer der wenigen Lichtblicke der letzten Zeit. Er übte jeden Tag mit Hanteln (eigentlich waren es bloß schwere Ziegelsteine), viel fehlte ihm nicht mehr zu seiner früheren Form. Die Verletzung war gut ausgeheilt, und in seinen Bewegungen war er auch nicht mehr eingeschränkt. Durch zähes tägliches Training hatte er seine Stärke und Schnelligkeit Stück für Stück wieder zurückgewonnen. Und leider sah es jetzt ganz danach aus, als würden wir beide vielleicht schon bald auf seine Kampfkraft angewiesen sein.
    »Welcher war es?«, wollte er grimmig wissen.
    »Smith.« Ich bemühte mich, meinen jagenden Puls unter Kontrolle zu bringen, doch weil ich gerade voller Panik sechs steile Treppen hinaufgerannt war, war das leichter gesagt als getan. Nachdem ich wochenlang nur untätig herumgesessen und mir die Zeit hauptsächlich mit Lesen vertrieben hatte, war ich ziemlich außer Form. Keuchend fügte ich hinzu: »Obwohl, hm, nein, es könnte auch West gewesen sein. Du weißt doch, ich kann die beiden nicht so gut auseinanderhalten. Aber ich glaube, es war Smith. Wobei es eigentlich auch keine Rolle spielt, denn einer von den beiden war es auf alle Fälle.«
    »Bist du sicher, dass er dich nicht bemerkt hat?«
    »Ganz sicher. Ich bin rechtzeitig abgehauen.«
    Sebastiano schüttelte den Kopf. »Zeit zu packen. Hier wird der Boden zu heiß. Wir müssen sofort den Standort wechseln. Gut, dass wir überhaupt so lange bleiben konnten. Ich hatte schon früher erwartet, dass sie auftauchen.«
    »Der Kerl könnte auch nur zufällig hier gewesen sein.«
    »Das glaubst du doch selber nicht. Fitzjohn lässt seine Schnüffler in der ganzen Stadt nach uns suchen, und dass er sie auch ins Eastend schickt, ist der Beweis dafür, dass er uns in dieser Gegend vermutet. Was anderes können wir uns schließlich auch gar nicht leisten.« Er legte die beiden Ziegelsteine weg und griff nach seinem Messer. Zielsicher warf er es von einer Hand in die andere und wieder zurück, dann attackierte er mit einem blitzartigen Stich einen unsichtbaren Gegner. Mir lief ein ehrfürchtiger Schauer über den Rücken, als ich sah, wie schnell und geschickt er war. Gleich darauf zuckte ich heftig zusammen, als er das Messer mit einem schlangengleichen Zucken seiner Hand gegen die unschuldige Wand schleuderte, wo es zitternd stecken blieb. Genau zwischen den Augen der lieblich lächelnden, vollbusigen Schönheit, die dort in Öl gemalt hing. Molly hatte behauptet, es sei ein Jugendporträt von ihr, das ein berühmter Künstler gefertigt habe, doch abgesehen von den roten Haaren war es ihr nicht besonders ähnlich.
    Sebastiano riss das Messer aus dem Bild und setzte seine artistischen Kunststücke fort. Er warf den Dolch scheinbar nachlässig über seine Schulter und fing ihn mit der anderen Hand hinter seinem Rücken auf. Dann fuhr er ruckartig herum, durchschnitt mit der Klinge in einem blitzenden X die Luft und warf das Messer in hohem Bogen in Richtung Bett. Bevor es landen konnte, hatte er es mitten in einem Hechtsprung aufgefangen.
    Beeindruckt beobachtete ich, wie das klapprige Bett unter der harten Landung von Sebastianos achtzig Kilo beinahe zusammenbrach.
    »Wow«, sagte ich. »Aber ich glaube, das gibt Ärger mit Molly.«
    Ich hatte es kaum ausgesprochen, als auch schon die Tür aufflog und Molly erschien. »Was war das eben für ein Radau?«, wollte sie wissen.
    Das Messer zischte an ihrer Nase vorbei und landete zwischen ihren Augen – natürlich denen ihres Porträts –, was sie zu einem schrillen Aufschrei veranlasste.
    »Tut mir leid«, sagte Sebastiano, während er sich aufsetzte. »Es war eine Art Reflex. Dieser Trick ist nämlich sozusagen eine Einheit. Also Fallen, Fangen und Werfen in einem.«
    Molly presste sich die Hand auf ihren wogenden Busen. »Das halten meine Nerven nicht aus! Ich ahnte nicht, dass hier ständig mit scharfen Messern hantiert wird, als ich euch Obdach gewährte!« Sie setzte Sisyphus auf dem Boden ab, der sofort anfing, schnüffelnd seine Umgebung zu erkunden, obwohl er das winzige Dachzimmer mittlerweile in- und auswendig kannte.
    Molly stieß einen jammervollen Laut aus.

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