Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
bedankte mich würdevoll und ließ mich ladylike auf den Stuhl sinken.
»Wünschen Mylady Kaffee, Kakao oder Tee?«, fragte Mr Fitzjohn.
»Kaffee, bitte«, antwortete ich, während bereits aus irgendeinem Winkel ein Dienstmädchen herbeigehuscht kam und mir aus einer Silberkanne einschenkte, in ein Porzellantässchen, das so hauchfein war, dass der dunkle Kaffee hindurchschimmerte.
Im Hintergrund wartete Mr Fitzjohn. »Was darf ich Ihnen aus der Küche bringen lassen, Mylady?«
»Ich weiß nicht. Was gibt es denn so?«
»Wir können Ihnen ein Beefsteak oder Schinken braten. Oder frische Nierchen.«
»Lieber nicht«, entgegnete ich schaudernd.
»Nun, dann hätten wir auch das, was auf dem Büfett angerichtet ist.« Er deutete diskret auf ein gigantisches Sideboard, das mit allem möglichen Frühstückskram überladen war: Gebäck, Butter, Konfitüre, Schinken, Pfannkuchen, kalter Braten – so viel konnte kein Mensch essen.
»Ich nehme mir einfach mal was«, sagte ich.
Das Mädchen, eine dünne kleine Brünette, die Mr Fitzjohn mir als Janie vorstellte, stand mit artig verschränkten Händen neben dem Büfett. Sie hatte den Blick auf ihre strenge weiße Schürze gesenkt, war aber sichtlich erschüttert, dass ich mir selber Essen holte. Anscheinend taten feine Damen das nicht.
»Das habe ich auf unserer Plantage Rainbow Falls auch immer so gemacht«, sagte ich zu niemandem im Besonderen. »Man kann es nämlich auch übertreiben mit der Ausbeutung seines Personals. Ich bin übrigens gegen Sklaverei.« Mit Entschiedenheit fügte ich hinzu: »Wir planen, alle unsere Sklaven freizulassen. Stimmt’s, Sebastian?«
Ich hatte eigentlich Sebastiano gesagt, aber der Translator wandelte es automatisch in die englische Version um.
»Sicher.« Er nippte von seinem Kaffee, und ich sah, dass er sich ein Grinsen verkniff. »Nachdem das englische Parlament den Sklavenhandel ja sowieso inzwischen verboten hat, wird es irgendwann bestimmt ein zusätzliches Gesetz erlassen, welches auch das Halten von Sklaven untersagt. Von daher ist es ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis wir uns umstellen müssen.« Er wandte sich an Mr Fitzjohn. »Können Sie veranlassen, dass unsere Kutsche in einer halben Stunde vorfährt? Ich möchte mit Lady Anne in die Bond Street fahren, um Mr Scott aufzusuchen.«
»Gewiss, Mylord.« Mr Fitzjohn verneigte sich kurz und zog sich zurück. Das Mädchen folgte ihm mit schüchtern gesenktem Kopf und schloss die Tür hinter sich.
Wir waren allein. Sebastiano nahm meine Hand und küsste sie. »Guten Morgen, meine Schöne. Wie hast du geschlafen?«
»Super«, sagte ich. Von dem schrecklichen Traum erzählte ich ihm nichts. »Was unternehmen wir heute?«
»Du meinst, abgesehen davon, dass wir diesen ominösen Mr Scott aufsuchen?« Er zuckte die Achseln und schenkte uns Kaffee nach. »Mr Fitzjohn sagte, es gebe da ein paar Clubs, wo sich die wirklich wichtigen und mächtigen Männer in London treffen. White’s und Brook’s seien ein absolutes Muss, meinte er. Ich sehe das als gute Gelegenheit, einflussreiche Leute kennenzulernen. So wie José es uns geraten hat.«
»Cool. Dann sollten wir uns da mal umschauen.«
»Da sind nur Männer zugelassen.«
Das ärgerte mich ein bisschen, aber so war es nun mal in diesen früheren Zeiten. Von Gleichstellung keine Spur. Frauen hatten meist nichts zu melden. Sie durften ja nicht mal wählen. Wirklich sehr blöd, dass ich nicht mit in die Clubs durfte, die hätte ich mir gerne angesehen.
Doch dann kam mir eine Idee. »Ich könnte Mr Stephenson und Mr Turner besuchen. Laut José sollen wir sie schließlich im Auge behalten. Am besten fahre ich einfach bei den beiden vorbei und schaue, was sie so machen, während du dich in diesen Clubs umsiehst.«
»Zu Stephenson und Turner würde ich aber gern mitkommen.«
»Na toll. Und was soll ich dann tun, wenn du im Club bist?« Ein wenig argwöhnisch sah ich ihn an. »Was machen die Typen da überhaupt genau?«
»Alles Mögliche. Billard und Karten spielen, Tee trinken.«
»Bloß Tee?«
»Na ja, sicher auch Brandy und Sherry. Irgendwas müssen diese reichen Adligen ja den ganzen Tag über tun, die meisten von ihnen haben keine richtigen Jobs. Also treffen sie sich in ihren Clubs. Von denen es anscheinend eine ganze Menge gibt. Marine- und Kricketclubs. Pferdeclubs. Dinnerclubs. Spielclubs. Sogar einen Beefsteak Club. Fitzjohn meinte aber, White’s, Watier’s und Brook’s seien die drei wirklich wichtigen
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