Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
natürlich nicht zu vergleichen mit Ihrem prachtvollen Landsitz in Leicestershire. Ich kam unlängst dort vorbei und hatte Gelegenheit, einen Blick darauf zu werfen. Mir scheint, die Instandsetzungsarbeiten machen gute Fortschritte.«
Ein Landsitz? Wir hatten einen Landsitz ? Noch zusätzlich zu der Plantage auf Barbados? Meine Güte, wir mussten wirklich steinreich sein. Ich warf Sebastiano einen möglichst unauffälligen Seitenblick zu, doch falls er überrascht war, ließ er es sich nicht anmerken. »Wir hatten noch keine Gelegenheit, uns damit zu befassen«, erwiderte er vage. Er deutete eine Verbeugung an. »Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit. Kann ich Ihnen eine Erfrischung bringen lassen?«
Lady Winterbottom wünschte sich Limonade, Lord Castlethorpe war einem Sherry nicht abgeneigt. Ich selbst wollte nichts, mir gluckerte noch genug von dem Kaffee im Magen herum – der in dieser Epoche eher so was wie ultrastarker Espresso war. Das nächste Mal würde ich mir heiße Milch dazu bestellen, dann konnte ich ihn als Latte Macchiato trinken.
Sebastiano läutete nach Mr Fitzjohn und orderte die Getränke, und anschließend setzten wir uns auf die Sofas und machten Small Talk. Der bestand darin, dass Lady Iphigenia erst mal ausführlich berichtete, wie sie die ganzen Klamotten besorgt hatte. Sie zählte haarklein alle Schneider, Modisten, Stoffhändler und Miedernäherinnen auf, die sie für meine Ausstattung kontaktiert hatte, und dann noch ungefähr ein halbes Dutzend Schuhmacher und Handtaschenhersteller, bis mir von den vielen Namen der Kopf schwirrte.
»Ich hoffe sehr, es ist alles in Ihrem Sinne!«, sagte sie eifrig. »Nachdem Mr Scott mir die Liste mit Ihren Maßen übergeben hatte, habe ich, wie Sie gewiss bemerkt haben, nur das Nötigste angeschafft, aber Sie müssen wissen, dass ich nur Dinge ausgesucht habe, die ich mir auch selbst bestellt hätte.«
»Alles ist perfekt«, antwortete ich. »Ich danke Ihnen für Ihre Mühe!«
Für das Besorgen der Männerkleidung hatte sie, quasi in Untervollmacht, ihren Cousin Reginald eingespannt, was Lord Castlethorpe mit der gutmütigen Bemerkung quittierte, die daraus resultierenden ausgedehnten Einkäufe hätten ihm einen gewissen Ruf beschert.
»Ich gelte seither als der Dandy schlechthin«, erklärte er belustigt. »Sogar Beau Brummel fragte mich neulich, ob ich ihm seine Stellung als Nonpareil streitig machen wolle.«
Beau Brummel war mir ein Begriff, der Typ galt in dieser Zeit als so eine Art Oberguru in Sachen Mode, aber was war mit Nonpareil gemeint? Ich wollte das Wort gerade auf meinem unsichtbaren Merkzettel notieren, da erkannte ich, dass es einfach ein Wort aus dem Französischen war und der Unvergleichliche bedeutete.
»Kleidet Sie übrigens ganz vorzüglich, dieses flaschengrüne Jackett«, sagte Lord Castlethorpe zu Sebastiano. »Stammt natürlich aus der Savile Row. Ich habe mir das Gleiche anfertigen lassen, nur einen Ton heller.«
Mr Fitzjohn kam mit einem Tablett herein und servierte die Getränke, und nebenbei informierte er Sebastiano, dass er dem Kutscher befohlen habe, vor dem Haus zu warten, bis Seine Lordschaft zum Aufbruch bereit sei.
»Du liebe Güte, wir wollten Sie nicht bei Ihren Besorgungen aufhalten!«, sagte Lord Castlethorpe.
»Das hat Zeit«, beeilte sich Sebastiano zu versichern. Er war erkennbar auf Informationen aus, und wie sich bald herausstellte, waren unsere Besucher in der Hinsicht die reinste Fundgrube. Um unauffällig zu diesem Thema überzuleiten, erklärte Sebastiano freimütig, dass wir in London mehr oder weniger fremd seien und keine Ahnung hätten, was hier so abging (natürlich drückte er es viel vornehmer aus, er sprach von verwirrender Vielfalt und fremden Gebräuchen und ungewohnter Umgebung ). Wie immer spielte er seine Rolle prima. Jeder musste ihm den aristokratischen, aber leider in Gesellschaftsfragen ahnungslosen Pflanzer vom anderen Ende der Welt sofort abkaufen.
»Alle Institutionen, Orte und Leute kennen wir höchstens dem Namen nach«, führte er aus, um einen bedauernden Gesichtsausdruck bemüht. »Und dabei sehnen wir uns so sehr danach, ein Teil dieser Gesellschaft zu werden, denn schließlich stammen unsere Vorfahren von hier.«
»Oh, ganz London weiß, dass Sie Ihr bisheriges Leben in den Tropen von Westindien verbracht haben, quasi in der Wildnis und fernab von aller Kultur!«, rief Lady Winterbottom aus. »Und wie grässlich erst dieser Schiffbruch gewesen sein muss!« Ihr
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