Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
einige Modifikationen daran vornehmen, aber es wurden immer mehr. Die Veränderungen sind vielfältig, sie machen die Maschine schneller und effizienter – Sie haben gesehen, wie schnell der Kolben war, oder?«
»Sehr schnell«, bestätigte Sebastiano begeistert.
Mr Stephenson hob gestikulierend an, die Funktionsweise der Dampfmaschine zu beschreiben, ihre besonderen und ungewöhnlichen Fähigkeiten in physikalischer und mechanischer Hinsicht, und auch sonst alles Mögliche, von dem ich nichts verstand. Bei solchen Themen hatte ich schon in der Schule immer automatisch abgeschaltet, es war eine Art Reflex, dagegen war ich machtlos. Desinteressiert blickte ich mich in der Halle um, sah aber nichts außer merkwürdigen Werkzeugen, haufenweise Kohlensäcken und den Arbeiter, der sich auf einer Kiste niedergelassen hatte und mit vollen Backen einen Rettich verzehrte.
Mr Stephenson bestand darauf, dass wir auf eine Tasse Tee zu ihm ins Haus kamen. Bei der Gelegenheit lernten wir seine Frau kennen, eine hübsche, mollige Brünette mit lachenden Augen. Mr Stephenson küsste und umarmte sie herzlich.
»Oh, du Schlimmer!« Sie kicherte und strahlte ihn an. »Du beschmierst mich überall mit Ruß!«
Dass er eine Frau hatte, freute mich für ihn, vor allem, weil die beiden wirklich ineinander verliebt zu sein schienen. So gesehen hätte Mr Stephenson es deutlich schlechter treffen können. Im Vergleich zu unserer ersten Begegnung vor dem Zeitsprung wirkte er wie ausgewechselt. Von seiner Schwermut, die mir an ihm gleich als Erstes aufgefallen war, konnte ich hier nichts mehr feststellen.
Seine Frau wusste natürlich nicht, dass sie das Produkt einer Zeitmanipulation war, sozusagen eine wahrgewordene Einbildung. Dasselbe galt für das Hausmädchen, das uns in dem kleinen gemütlichen Salon der Stephensons Tee und Gebäck servierte. Und für den alten Hund, der vor dem Kamin döste und von dem Mr Stephenson wahrscheinlich glaubte, ihn schon seit zehn Jahren zu besitzen. Die Alten waren in der Erschaffung des passenden Umfelds für die Unwissenden sehr gründlich. Sie waren wahre Meister der Illusion.
Wieder musste ich an den Albtraum von letzter Nacht denken, an die Eispartikel auf meiner Haut, als ich aufgewacht war. Und vor allem an das, was Esperanza mir gesagt hatte. Darüber, wo sie und die anderen Alten hergekommen waren.
Vom Ende der Ewigkeit.
Höchstwahrscheinlich (hoffentlich) war das alles nur Teil dieses verrückten Traums gewesen und daher kein bisschen real, aber nur mal angenommen, es hätte irgendwie einen wahren Kern – wo zum Teufel befand sich das Ende der Ewigkeit? Sie hatte dabei auf das am Himmel funkelnde Firmament gezeigt. Sollte das heißen, dass die Alten von einer anderen Galaxie stammten? Das würde zu der These passen, die mir schon häufiger in den Sinn gekommen war, dass die Alten nämlich Aliens waren. Sie sahen zwar nicht aus wie welche, aber seit dem Film Die Körperfresser kommen wusste jedes kleine Kind (na ja, zumindest Kinder ab zwölf), dass Aliens jede beliebige Gestalt annehmen konnten.
Dann fiel mir ein, dass Esperanza, als sie zum Himmel gezeigt hatte, genauso gut diese Spielen-um-Zeit-Sache gemeint haben könnte, denn im selben Moment hatten sich die Sterne in das seltsame Milchstraßen-Schachbrett verwandelt.
Mrs Stephenson riss mich aus meinen Gedanken. »Noch Tee, Mylady?«
»Danke, nein«, sagte ich höflich.
Sebastiano erhob sich. »Ich fürchte, wir müssen jetzt aufbrechen.«
Mr Stephenson begleitete uns zur Haustür. »Ich hoffe, Sie beehren uns bald wieder mit einem Besuch.«
»Ganz sicher«, erklärte Sebastiano. »Wir müssen doch erfahren, was genau Ihre Maschine kann, wenn sie fertig ist.«
Sein Interesse schien Mr Stephenson über alle Maßen zu freuen. Er winkte uns nach, als wir zu unserer Kutsche zurückgingen. Jerry schrak aus einem Nickerchen hoch, und der Groom Jacko, der in einem nahen Torbogen mit einer Hausmagd geflirtet hatte, kam rasch herüber.
Auf der Fahrt holte ich tief Luft und erzählte Sebastiano von meinen Träumen. Meine Hand stahl sich dabei in seine, und als ich zu der Stelle gelangte, an der ich Esperanza begegnet war, drückte er sie so fest, dass es wehtat.
»Du … du glaubst doch nicht, dass da was dran ist, oder?«, fragte ich mit dünner Stimme.
Anstelle einer Antwort legte er den Arm um mich. »Ab sofort schlafen wir wieder in einem Bett. Diese Horrorträume wirst du nicht mehr allein durchstehen müssen. Unsere
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