Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
komischen Dinge, zum Beispiel der intergalaktische Translator und die Sperre – habt ihr euch das ausgedacht? Ihr Alten?« Ich starrte Esperanza an und versuchte, den Ausdruck in ihrem faltigen, unbewegten Gesicht zu deuten. »Klar«, fuhr ich langsam fort. »Wer sonst. Ihr seid die Spielmacher und bestimmt die Regeln.«
»Das Spiel wird gerade sabotiert. Die Regeln werden gebrochen, das Spielfeld zerstört. Du bist nicht ohne Grund in diesen Laden gekommen, Kind. Tu, was du tun musst.«
Beklommen sah ich mich um. Das hier war ein ähnlicher Laden, wie sie ihn in Venedig hatte. Und in Paris. Vorausgesetzt, er war gerade sichtbar, was man vorher nie wissen konnte. An den Wänden und Kleiderständern hing elegantes Zeug neben verstaubtem Plunder, alles war bunt gemischt. Feine Umhänge, bestickte Handschuhe und raffinierte Hütchen gehörten ebenso zum Sortiment wie glanzlose Samtmäntel, zerzauste Perücken und schäbige Taschen.
Und dann gab es natürlich die Masken. Das Schaufenster war voll davon, außerdem eine ganze Wand, dort hingen alle möglichen Variationen. Gefiederte, paillettenbesetzte, fransengesäumte, goldverbrämte, edelsteinverzierte und flitterbestickte Masken. Manche hatten ausgeprägte Züge und bedeckten das ganze Gesicht, andere reichten nur als Halbmasken bis zur Nase. Einige sahen geradezu furchterregend aus, mit langen Schnäbeln und tückischen Augenschlitzen. Sie waren irgendwelchen Fabelwesen oder Tieren nachempfunden.
Doch ich hatte nur Augen für die Katzenmaske aus schwarzem Samt. Sie war elegant und schmal geformt, mit schrägen Augenschlitzen und fransigen Goldfäden.
»Nun nimm sie schon«, forderte Esperanza mich auf.
Zögernd nahm ich sie vom Haken. Der weiche Stoff schmiegte sich in meine Hand, und ich schlang die Finger um das elastische Band, mit dem sie befestigt wurde. Ich musste die Maske nicht anprobieren, ich wusste, dass sie so genau passte, als wäre sie für mich gemacht. Was sie wahrscheinlich auch war.
»Steck sie ein und verwahre sie gut«, riet Esperanza mir. »Es kommt der Tag, an dem du sie brauchst. Aber wie immer gilt: Du darfst sie nur bei Lebensgefahr benutzen. Du könntest sonst an sehr schlimmen Orten landen.« Sie sagte nichts weiter, aber das war auch nicht nötig. Ich glaubte beinahe, den bösen, fauchenden Atem des Jabberwocky-Zeitfressers am Grund des tiefen Schachts zu spüren.
»Heißt das, ich gerate mal wieder in Lebensgefahr?«
Esperanza bedachte mich mit einem kurzen, zahnlosen Grinsen, dann wurde sie ernst. »Gib auf dich acht, Kind.«
»Und was jetzt? Muss ich noch in den Zukunftsspiegel sehen?«
Sie deutete in eine Ecke des Ladens, und da war er. Die Oberfläche des alten Standspiegels, in dem sich das Unheil kommender Zeiten offenbarte, wirkte trüb und verzerrt, und während ich hinschaute, geriet sie in Bewegung. Ich schauderte und hätte am liebsten den Blick wieder abgewendet, doch ich zwang mich, weiter in diese unheimliche, fremdartige Welt des Spiegels zu starren. In eine Zukunft, die kommen würde, wenn unsere Mission fehlschlug.
Ich wartete, bis die Schleier, die über dem Bild lagen, sich verzogen, und dann sah ich es. Eigentlich war es weniger ein Sehen als ein Fühlen, denn alles war schwarz und erfüllt von Schrecken – es war der Schacht aus meinem Traum. Ich wurde hineingezogen und fiel und fiel, dem Ende der Zeit entgegen. Mit einem Aufschrei wandte ich mich ab.
»Es ist alles weg! Alle Zeiten … sie sind verschwunden!«
»Nein, sieh noch einmal hin.«
Ich holte Luft und tat es, und was ich dann sah, überraschte mich. Es war ein Blick aus der Vogelperspektive auf eine Stadt, und als das Bild näher heranzoomte, erkannte ich, dass es das historische London war. Noch näher, und man sah Westminster, noch ein Zoom, und ich entdeckte die Bond Street, und schließlich aus nächster Nähe die Läden – bis die Szenerie zuletzt Iphigenia erfasste, die gerade aus dem Hutladen trat und sich suchend umblickte.
»Das ist hier und jetzt«, sagte ich verdattert. »Das Jahr achtzehnhundertdreizehn!« Ich sah Esperanza an. »Soll das heißen, dieses Jahr bleibt übrig?«
Sie nickte. »Als einziges. Ein winziges Fragment aus Äonen von Zeitaltern. Wie ein mikroskopischer Tropfen aus einem gewaltigen Strom.«
Sie machte eine Handbewegung, und der Zukunftsspiegel wurde wieder zu einem ganz normalen, etwas blinden alten Standspiegel.
»Was geschieht, wenn das Jahr abgelaufen ist?«, wollte ich wissen.
»Es wiederholt
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