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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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keinen Plan habe«, wehrte Sebastiano ab. »Er könnte besser sein, das gebe ich zu, aber es gibt sicher auch schlechtere.« Halb ungeduldig, halb schmerzvoll verzog er das Gesicht. »Wenn du aufhörst, wie ein Kastenteufel vor mir herumzuhampeln, würde ich es dir erklären.«
    Mit schlechtem Gewissen sah ich, wie sehr er sich plagte, weil ihm die Wunde wehtat. Rasch ergriff ich wieder seinen Arm, um ihm das Gehen zu erleichtern. Er wollte, wie er mir gleich darauf im Flüsterton erklärte, Feueralarm auslösen. Nachdem das letzte verheerende Feuer im Dogenpalast noch nicht allzu lange her sei und die Venezianer sich vor kaum etwas so sehr fürchteten wie vor einem Feuer, sei damit zu rechnen, dass die meisten anwesenden Politiker sofort nach draußen rennen würden. Womit die Sitzung ein jähes Ende fände, bevor auch nur ein einziger Antrag eingebracht werden könne. Einige würden vielleicht später wieder zurückkehren, aber bestimmt nicht alle. Damit sei das Vorhaben der Malipieros vereitelt.
    Auch wenn Sebastiano mit seinem Plan unzufrieden war, fand ich selbst ihn richtig gut. Ein Feueralarm hätte außerdem den Vorteil, dass wir uns in der allgemeinen Verwirrung und dem Trubel, der mit Sicherheit zu erwarten war, unauffällig verdrücken könnten.
    Wir erreichten eine Treppe, die in den zweiten Stock hinaufführte.
    Sebastiano erklomm unter hörbarem Ächzen und mehrfachem Husten die Stufen und stützte sich dabei stärker auf mich als vorhin, sichtlich geschwächt von den Schmerzen. Und auch meine Sorgen verstärkten sich beträchtlich. Auch meine Angst vor Alvise wuchs wieder. Was, wenn er der Meinung war, dass das Durcheinander nach dem falschen Feueralarm sich gut für eine kleine Messerattacke unter Feinden eignete? So durch den Wind, wie Sebastiano momentan war, hätte er einem Angriff nicht viel entgegenzusetzen.
    Wir gelangten in einen mit prächtigen Wandmalereien ausgestatteten Vorraum, von dem mehrere gewaltige Holztüren abgingen. Vor einer standen zwei gelangweilt aussehende Saaldiener, die erstaunt dreinschauten, als Sebastiano sie fragte, ob hier die Sitzung des Zehnerrats stattfinden werde.
    »Aber die Sitzung ist längst im Gange, hoher Herr«, sagte einer der beiden.
    »Sie dürfte gleich bereits zu Ende sein«, fügte der andere hinzu.
    Er hatte recht. Schon im nächsten Moment öffneten sich die großen Türflügel und die Ratsherren kamen gruppenweise aus dem Saal. Sie unterhielten sich angeregt und schienen guter Dinge zu sein.
    Zwischen ihnen tauchte jemand auf, den ich kannte, und der war deutlich schlechter gelaunt als alle anderen. Es war Trevisan. Er wirkte enttäuscht und sorgenvoll. Niemand war an seiner Seite, um sich mit ihm zu unterhalten. Es schien, als wolle er bewusst Abstand zu den übrigen Ratsherren halten – oder sie zu ihm.
    Als er an uns vorbeikam, blickte er auf. Ein erstaunter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht und er lächelte flüchtig. »Na so was. Die kleine Katze. Und der junge Messèr Sebastiano. Seid gegrüßt!«
    »Messèr Trevisan.« Sebastiano deutete eine Verbeugung an. Er nahm sich sichtlich zusammen, doch die Fassungslosigkeit stand ihm im Gesicht geschrieben. »Ist die heutige Sitzung des Rats der Zehn bereits zu Ende? Ich glaubte, sie finge gerade erst an! Sprachen wir nicht gestern erst darüber, dass sie zur Non beginnen sollte?«
    Trevisan runzelte die Stirn. »Sagte ich das? O ja, richtig. Ich dachte selbst, sie solle am Nachmittag stattfinden. Meinem Amtsdiener war diese Zeit genannt worden. Heute Morgen kam er zu mir und erklärte, es sei ein Irrtum gewesen. Die Sitzung war demnach schon eine Stunde vor der Sext 16 anberaumt. Sie dauerte bis gerade eben.« Bedrückt schüttelte er den Kopf. »Und sie verlief nicht in meinem Sinne. Die werten Mitglieder des Rats der Zehn sind nicht leicht zu überzeugen, aber in dem Fall hatten die Malipieros leichtes Spiel. Piero hatte glänzende Argumente und seine Rede war, ich muss es zugeben, in höchstem Maße überzeugend. Danach hat er seinen Sohn Alvise sprechen lassen, welcher wiederum die letzten Zweifel aller Anwesenden ausräumte.«
    »Nur Eure nicht«, platzte ich heraus.
    Trevisan hob die Schultern. »Wie kann ich befürworten, eine neue Flotte auf Entdeckungsreise zu schicken, wenn uns hier die Mittel zur Stärkung des Seehandels und zur Abwehr feindlicher Mächte fehlen? Doch ich wurde überstimmt. Venedig wird sofort mit dem Bau hochseetüchtiger Schiffe beginnen, um das unbekannte Land

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