Zeitfinsternis
nicht. M ASCHINE hat es ihm nicht gesagt. Er kann sie nicht fragen. Aber weiß sie es überhaupt? Hat er es ihr überhaupt gesagt…? Wo er doch nicht wollte, daß M ASCHINE es wußte – und macht das etwas aus oder nicht?
Er überlegt… Würde er nicht aus der Zukunft zurückkehren und das zensieren, was er entdeckt hat? Oder ist er nicht in der Lage, solche Streichungen vorzunehmen – verfügt M ASCHINE über die Möglichkeit, ihn dazu zu zwingen, alles preiszugeben? Er hat keine Erinnerung daran, jemals solche Überlegungen angestellt zu haben, ganz zu schweigen von einem wirklichen Versuch, sie in die Tat umzusetzen. Zunächst kommt einmal alles auf M ASCHINE an: was sie ihm von den Ereignissen berichtet, so daß er diese Information zurückbringen kann.
Er gibt es auf. Es ist zu kompliziert, und jedesmal, wenn er es versucht, verschlingen sich seine Gedanken in unentwirrb are Knoten.
Noch fester schließt er die Augen und versucht, einen flüchtigen Gedanken festzuhalten: Schreib es auf.
Die Frau. Diese Überlegung ist einfacher. Er entschließt sich, M ASCHINE ZU fragen, und er öffnet die Augen. Da steht sie neben seinem Bett, aber sie weiß, daß er nicht geschlafen hat und deshalb auch nicht in einem anderen geistigen Zeitstrom sein kann. Dann, bevor er Zeit für eine einzige Silbe hat, fällt ihm etwas ein. Wie soll die Frau in seine Wohnung kommen? Sie hat nämlich keine Tür.
Das Gespräch, der Ort, überhaupt alles – es war ganz genauso wie beim letzten Mal. Eine weitere Marionette des Ersten ist ersetzt worden. Die Frau saß allein da, nachdem der Mann gegangen war und der Transporter sich wieder in Bewegung gesetzt hatte. Sie fragte sich, ob der Plan überhaupt gelingen konnte.
Man mußte es versuchen, bevor es zu spät war, das wußte sie. Sie und wie viele andere? Und wie viele von ihnen waren damit zufrieden, alles weiter verfallen zu lassen, es untergehen zu lassen, bis jede Hoffnung auf Rettung vorbei war?
Wie standen ihre Erfolgschancen? Eigentlich müßten sie gut aussehen. Erster hatte auf Fells Tod nicht reagiert. Oder ließ er ihnen vielleicht viel Freiheit, damit sie Selbstvertrauen gewannen und sich verrieten, um sie dann alle mit einem Griff packen zu können? So etwas war früher auch schon passiert, und jetzt war die Situation verzweifelter denn je.
Es würde wieder Tote geben, Gute würden wie Böse sterben müssen. Je früher es aber geschafft war, desto mehr würden am Leben bleiben.
Immer wieder tauchte die gleiche Frage auf, die alle anderen Gedanken überschattete: War es zu schaffen? War es wirklich möglich, den Mann, den sie Erster nannten, zu töten?
In ein paar Tagen würde Sonya es wissen; entweder das, oder sie war tot. Vielleicht beides.
Napoleon XV. mochte Lawrence nicht besonders gern, obwohl er ihn erst eine extrem kurze Zeit kannte, aber seinen Ersatzmann mochte er irgendwie noch weniger. Anders, Lawrence, und jetzt Resnais. Resnais behauptete, sein Vorgänger sei ein Hochstapler gewesen und deshalb hingerichtet worden. Der Neuankömmling jedoch legte ein Verhalten an den Tag, das einem Zauberer nicht zukam. Mißachtete er nicht seine Befehle? Er hatte Resnais angewiesen, mit dem weiterzumachen, womit Lawrence beschäftigt gewesen war – Vorkehrungen zu treffen, daß er mit einer neuen Armee gegen das Saarland ziehen konnte. Und was hatte Resnais darauf geantwortet?
„Nein.“
„Nein?“
„Nein, Sire. Ich halte das nicht für ratsam.“
„Ich bin der König“, beschwerte sich Napoleon. „Ihr müßt tun, was ich Euch sage.“
„Das stimmt nicht, wie Euer Vater Euch hätte beibringen müssen.“
Der König sagte nichts.
„Ihr möchtet den Tod Eures Vaters rächen?“
„Das muß ich.“
„Dann solltet Ihr Eure Anstrengungen nicht gegen Attila und das Saarland, sondern gegen Flandern richten.“
„Aber was hat denn Flandern damit zu tun?“
„Dort sind die Leute, die für die Vernichtung der Armee Eures Vaters verantwortlich sind. Sie haben auch die gesamte Streitmacht des Saarlands vernichtet. Allein Attila und noch ein paar Männer sind mit dem Leben davongekommen.“
Napoleon starrte den Mann nur an.
„Das ist wahr, Sire“, sagte Resnais. „Ihr wißt doch, wie Flandern in den letzten Jahren sein Territorium erweitert hat.“
„Ja“, sagte der König nach einer Pause. „Dort herrschen viele mächtige Zauberer.“
„Sie werden keine Ruhe geben, bis sie auch Euer Land erobert haben. Daß sie die Armee Eures Vaters
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