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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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warnte ich mich. Das haben andere auch schon gedacht, und es hatte ihnen nichts eingebracht – letztendlich waren sie es gewesen, die schließlich als Verräter gestorben waren.
    Lawrence war tot. Daran war nichts zu ändern. Es war nicht meine Aufgabe herauszubekommen, für wen der Mörder arbeitete. Wer der Mörder war, das war offensichtlich – schon bald hörte ich von dem Mann, der sich als der neue Zauberer Napoleons XV. etabliert hatte.
    Erster mußte wissen, was er tat.
    Mit mir hatte das nichts zu tun.
    Das sagte ich mir auf dem ganzen Weg zur Oberfläche immer wieder: Das hat nichts mit dir zu tun. Aber irgendwie fiel ich darauf nicht herein.
    Nachdem mir das so lange im Kopf herumgegangen war, daß alles durch ständige Wiederholungen sinnlos wurde, gelang es mir endlich, mich auf meine eigene Position zu konzentrieren. Zum ersten Mal kam mir der Gedanke, daß ich möglicherweise umgebracht werden könnte. Diese Idee aus meinem Kopf zu verjagen, war nicht ganz einfach. Selbst, als ich schließlich die Oberfläche erreichte, war sie noch da und flüsterte auf mich ein.
    Die Oberfläche, das war Verdun. Es war am einfachsten, bei einer Stadt den Anfang zu machen, von einer Stelle aus, wo ich das, was ich an echten Ausrüstungsgegenständen von der Oberfläche brauchte, bekam. Wie zum Beispiel in diesem Fall ein Pferd.
    Ich entschloß mich dazu, das Mädchen selbst zu suchen, die Spur von Attilas Ritter aufzunehmen und ihm zu folgen. Es hatte keinen Sinn, sich in Verdun lange aufzuhalten – dann hätte ich auch gleich unten bleiben und auf dem Schirm nach dem Ritter und dem Mädchen suchen können. Aber das kam mir wie Betrug vor. Jetzt, da ich die Aussicht vor mir hatte, nach oben gelassen zu werden, konnte ich es kaum erwarten, den Boden unter meinen Füßen statt über meinem Kopf zu haben.
    Verdun war die Ausgangsstelle, die dem Ort am nächsten lag, wo der Ritter das letzte Mal gesehen worden war, wo er es irgendwie fertiggebracht hatte, einen Hauptmann der lothringischen Armee zu töten. Es war auch die Stelle, von der die letzte Meldung über das Mädchen eingegangen war. Und vielleicht, wenn ich schon in der Stadt selbst war…
    Ich schnitt diesen Gedanken ab, bevor er sich zu Worten verfestigte. Ich hatte meine Anweisungen darüber, was ich zu tun hatte, und das würde ich tun. Nicht mehr und nicht weniger.
     
     
    Auftrag vom Ersten, hatte er gesagt. Was aber, fragte sich Sonya, meinte er damit? Was war das für ein Auftrag? Resnais…?
    Er schien sehr überrascht, als er ihr sagte, daß Lawrence tot war. Hatte er das erst in diesem Augenblick, von wem auch immer am anderen Ende der Leitung, erfahren? Oder war das alles Teil eine komplizierten Plans, weil er Verdacht gegen sie geschöpft hatte? Er konnte es schon vorher erfahren haben, als Erster ihm seine Befehle erteilte. Und worin bestand sein Auftrag? Resnais für ein Verhör festzunehmen? Ihn umzubringen? Aus ihrer Sicht erschien ihr das letztere als die beste Möglichkeit. Obwohl es sogar noch besser wäre, wenn David selbst sterben würde. Oder war es vielleicht nicht doch etwas völlig anderes? Das war leicht möglich. Es gab soviel, was Erster an verschiedenen Stellen für notwendig erachten könnte – Leute zurückrufen und andere an ihre Stelle setzen, zum Beispiel.
    Wenn es sich so verhielt, hätte David ihr es ganz sicher gesagt.
    Nein, kam die unvermeidliche Antwort, es gab keinen Grund, warum er das hätte tun sollen. Sie hatten in letzter Zeit sehr wenig Gemeinsamkeiten. Wo gab es da noch eine Grundlage für eine Kommunikation?
    Sollte sie sagen, was sie wußte? Das konnte leicht den Tod ihres Mannes bedeuten. Wollte sie das?
    Und wenn sie schwieg und er Resnais festnahm, und der Mann redete? Nein, er würde nicht reden. Konnte nicht reden. Und doch… und doch…
     
     
    Ich war auf mich selbst gestellt. Sicher, ich hatte noch das Kommunikationsgerät, um mich über die Schirme und Antennen, die getarnt überall auf der ,Welt’ verstreut waren, mit denen unten in Verbindung zu setzen, aber ich fühlte mich zumindest so, als sei ich auf mich selbst gestellt, obwohl mein Weg beobachtet werden würde. Es gab nur mich und meine Pistole und die Hoffnung, daß es nicht inzwischen jemandem heimlich gelungen war, das Schießpulver wiederzuerfinden.
    Es war vielleicht unklug die Oberfläche bei Nacht zu erreichen, aber es war eine große Erleichterung, überhaupt anzukommen. Der Weg von unten endete in einer scheinbar soliden, dicken

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