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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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nicht danach. Ich sagte nur: „Ich muß nach oben. Auftrag vom Ersten.“
    Zum ersten Mal sah sie mich direkt an, als suchte sie etwas in meinem Gesicht. Dann lehnte sie sich plötzlich nach vorn, gab mir einen schnellen Kuß auf die Wange und trat sofort einen Schritt zurück. „Sei vorsichtig“, sagte sie.
    Ich berührte meine Wange und tastete sie ab, als hätte sie mir eine Ohrfeige gegeben. Ich dachte daran, daß unser Verhältnis nicht immer so schlecht gewesen war, daß wir am Anfang gut miteinander ausgekommen waren, daß wir beide eine gewisse Wahlmöglichkeit gehabt hatten, als wir uns zur Heirat entschlossen. Was war eigentlich geschehen, um das alles zu ändern?
    Sie sah mir in die Augen, und ich sah ihr in die Augen.
    Ich ging weg.
     
     
    Sir Guy stand an diesem Morgen spät auf, da er schlecht und unbequem geschlafen hatte. Sein Sattel war ein schlechtes Kopfkissen, und er war nicht gewohnt, im Freien zu schlafen. Sein Haar war durchnäßt vom Tau, und seine Kleider waren feucht. Sein Schwert war für eine solche Behandlung ebenfalls nicht vorgesehen, wie er feststellen mußte. Es fing bereits an zu rosten. Nur Gilbert schien es nichts auszumachen; er nahm alles hin, ohne sich zu beklagen. Auf der anderen Seite nahm Guy an, daß es für ein Pferd ziemlich schwierig sein dürfte, sich zu beklagen, obwohl er da bei Gilbert nicht so sicher war.
    Schließlich ritt er weiter, nach Westen, immer nach Westen. Sein Enthusiasmus von gestern abend hatte sich wieder gelegt, und er dachte über die Ereignisse des vergangenen Tages nach. Er hatte einen Soldaten aus Lothringen getötet. Er war verfolgt worden, aber mit Hilfe des Drachen hatte er seine Verfolger abschütteln können. Er wußte, daß sie wiederkommen würden – wenn nicht dieselben, dann eben andere als sie. Selbst, wenn es ihm gelingen sollte, ihnen wieder zu entkommen, war der Rückweg für ihn nicht mehr sicher. Welchen anderen Weg gab es noch? Vielleicht war ihm bestimmt, nie mehr zurückzukehren.
    Er fuhr mit seiner Suche fort, obwohl sie das für ihn nicht mehr war – eher kam es ihm vor wie eine Verbannung. Er dachte nie an die Frau, nach der er eigentlich suchte. Wenn er sie fand – gut. Wenn nicht, dann eben nicht.
     
     
    Lawrence war tot; der Plan mußte geändert werden. Wie diese Veränderung aussehen würde, wußte ich noch nicht. Die gesamte Planung war nur in meinem Kopf erfolgt und konnte ohne Schwierigkeiten geändert werden. Aber ich konnte nicht klar darüber nachdenken, was ich tun sollte. Meine Gedanken waren zu sehr mit dem beschäftigt, was mit Ken geschehen war. Es schien so, als sei er auf die gleiche Art wie Fell umgebracht worden, und obwohl es vielleicht noch zu früh war, sich ein Urteil zu bilden, sah es so aus, als würde zur Aufklärung seines Todes genausoviel unternommen wie im ersten Fall. Nämlich nichts.
    Über die vollständigen Details verfügte ich nicht, nicht über all das, was wesentlich war. Vollständige Informationen hatte keiner. Möglicherweise war es Zufall, daß die beiden unter fast identischen Umständen ums Leben gekommen waren. Möglicherweise aber auch nicht. Es war unwahrscheinlich, daß jemand von der Oberfläche dafür verantwortlich war – sie hielten dort die ,Zauberer’ für allmächtig. Wer würde es wagen, einen von ihnen umzubringen? Damit blieben nur die Renegaten – irgend jemand von ihnen oder…
    … Erster.
    Immer und immer wieder kehrten meine Gedanken zu dieser Möglichkeit zurück. Es war so lächerlich. Nicht der Erste Wächter. Vielleicht war Fell ein Verräter und stand irgendwie mit dem Auftauchen der Androiden in Verbindung. Vielleicht hatte Erster ihn töten lassen, weil er seine Stellung mißbrauchte. Aber nicht Ken Lawrence: loyal und voller Begeisterung, einer von den wenigen, die wirklich noch an das glaubten, was sie taten. Einer, der nicht einfach dachte, daß es besser sei, zu den Menschen der Oberfläche zu gehören. Der nicht den Wunsch hatte, auszubrechen und sein eigenes Leben zu leben.
    Es war unmöglich, daß Lawrence das Vertrauen mißbraucht hatte, das man ihm geschenkt hatte. Er war gerade erst Wächter für den neuen Napoleon geworden. Wenn der Grund seines Todes mit etwas zusammenhing, was er früher getan hatte, dann hätte er nie diesen neuen Auftrag bekommen. Warum war der Mörder nicht sofort bestraft worden? Wenn Erster nichts unternahm, dann war er es, der seinen Auftrag verriet. In diesem Fall mußte er abgelöst werden.
    Vorsichtig,

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