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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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Schlüssel sich im Schloß drehte und die Tür aufgestoßen wurde. Der Ritter zögerte. Der Kopf des Zauberers erschien – der Kopf seines Zauberers.
    „Kommt mit“, sagte er. „Wir brauchen die Gastfreundschaft des Barons nicht mehr länger in Anspruch zu nehmen.“
    Dies bedeutete nach der Auffassung von Sir Guy, daß sie gingen. Er sah sich um, ob er etwas zurückgelassen hatte – aber was hatte er schon mitgebracht, das er hätte zurücklassen können? – und ging hinter dem Mann durch die Tür. Es überraschte ihn, den Zauberstab oder die Pistole in seiner Hand zu sehen. Der Zauberer winkte ihm zu, und sie gingen an zwei ausgestreckten Wachen vorbei durch den düsteren Gang zur Treppe. Dort blieben sie stehen.
    „Wo könnte Duval sein?“
    Der Saarländer schüttelte den Kopf, da er keine Ahnung hatte, wer Duval war. Hätte er nicht die Wachen fragen sollen, bevor er sie umbrachte? Wenn er sie tatsächlich umgebracht hatte; vielleicht waren sie ja auch nur bewußtlos. Konnten sie nicht einfach wegreiten, fliehen, solange sie dazu noch die Möglichkeit hatten?
    „Haltet Euch nahe bei mir“, flüsterte der Mann und ging schnell und lautlos die Treppe hinauf.
    Sir Guy gehorchte ihm, wenn auch nur mit wenig Begeisterung. Als er oben war, hatte der Zauberer schon seinen Zauberstab der Wache in die Seite gedrückt und befragte sie. Nach einem Schlag hinter ihr Ohr rannten die beiden den Gang hinunter. Der Zauberer brannte die Tür an seinem Ende nieder. Sie gingen hinein. Drinnen stand ein weiterer Zauberer – jener, den er Baron genannt hatte und dessen Name Duval sein mußte.
    Er saß in einem Raum, der viermal so groß wie der war, in dem Sir Guy gefangengehalten worden war, auf dem Bett. Er war jedoch nicht allein. An der hinteren Wand stand eine junge Frau mit langen roten Haaren, sah aus dem Fenster und kümmerte sich nicht um das, was hinter ihr vor sich ging.
    Duval griff nach seinem eigenen Zauberstab, der auf einem Hocker beim Bett lag. Der Fuß des Zauberers aber erreichte den Hocker zuerst und kippte ihn um, so daß die Pistole außer Reichweite flog – außer Duvals Reichweite. Der Zauberer hob sie auf und sagte:
    „Wo ist meine?“ Seine Augen bewegten sich nicht von dem Baron weg, während Sir Guy seine Augen nicht von der Frau losreißen konnte – die sich noch immer nicht die Mühe gemacht hatte, sich umzudrehen.
    Als nun drei Zauberstäbe für zwei Hände vorhanden waren, sagte der Zauberer zu Sir Guy: „Nehmt Euch das Ding.“
    Der Ritter nahm eines von den Dingern. „Eine Pistole“, sagte er.
    Die Augen des Zauberers verengten sich. „Ja. Ihr seid jetzt Zauberer ehrenhalber oder so was“, sagte er und fuhr dann fort: „Das geht so.“ Ein paar Sekunden später: „Wenn er irgend etwas versucht, bringt ihn um.“
    „Ihr nehmt mich nicht mit“, sagte Duval.
    „Doch, das tun wir.“ Der Zauberer ging auf die Frau zu.
    „Damit kommt ihr nie durch!“
    „Sparen Sie sich Ihren Atem.“
    „Hinsetzen“, sagte Guy.
    Duval schaute auf die Pistole, setzte sich mit nervös zuckenden Händen hin und sagte: „Vorsichtig mit dem Ding.“
    Zu der Frau sagte der Zauberer: „Ihr kommt mit uns.“
    Ihr Kopf drehte sich, und Guy starrte sie an. Er spürte, wie er durch das Zimmer von den zwei saugenden Wirbeln ihrer Augen, tief und groß, aufgesogen zu werden drohte.
    Ihre Lippen formten einen vollkommenen Kreis. „Warum?“
    „Weil jemand Euch treffen möchte.“
    „Wer?“
    „Ein Mann, den sie Erster nennen.“
    „Wer ist das? Ein wichtiger Mann?“
    „Sehr.“
    „Mehr als der hier?“ Sie meinte offensichtlich Duval.
    „Unendlich viel mehr“, sagte der Zauberer. „Mehr als sonst irgend jemand.“
    „Dann komme ich mit.“
    Und so ging das Quartett aus dem Zimmer, verließ den Palast und ritt in die flandrische Nacht hinaus.
     
     
    Er hatte eine Menge darüber nachgedacht, zumindest soviel, wie man erwarten konnte, und jetzt war sein Entschluß getroffen. Sie hatten seinen Vater und die Armee seines Vaters umgebracht. Einer ihrer Ritter war in die Hauptstadt eingedrungen und hatte einen seiner Hauptleute ermordet, und die Frau, die hierhergekommen war, um ihn in Versuchung zu führen, war auch von dort gekommen. Er wußte, was er zu tun hatte. Sein letzter Zauberer hatte gesagt, daß Flandern das Ziel sein sollte, aber das war offensichtlich zu groß. Jedenfalls zur Zeit. Wenn er erst einmal das Saarland erobert hatte, dann vielleicht… Aber Napoleon wußte, daß er für die

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