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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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sich um und ras­ten da­von. Aus den Ver­fol­gern wa­ren Ver­folg­te ge­wor­den.
    Un­fä­hig, sich zu be­we­gen oder auch nur einen kla­ren Ge­dan­ken zu fas­sen, be­ob­ach­te­te der Saar­län­der die Sze­ne ein paar Mi­nu­ten lang. Schließ­lich, lan­ge, nach­dem er mit sei­nen Au­gen die Fins­ter­nis nicht mehr durch­drin­gen konn­te, schwenk­te er Gil­bert wie­der her­um und ritt wei­ter nach Wes­ten. Zum ers­ten Mal, seit er sei­ne Hei­mat hin­ter sich ge­las­sen hat­te, lä­chel­te er.
    Von An­fang an, so schi­en es ihm zu­min­dest jetzt, hat­te er den Ver­dacht ge­habt, daß die schwar­zen Teu­fel, die die Loth­rin­ger ver­nich­tet hat­ten, von dem Zau­be­rer Fell her­auf­be­schwo­ren wor­den wa­ren. Dann aber war et­was schief­ge­lau­fen, und sie hat­ten sich ge­gen At­ti­las Streit­macht ge­rich­tet. Wie sonst wä­re es dem Zau­be­rer mög­lich ge­we­sen, sie da­von ab­zu­hal­ten, die Über­le­ben­den um­zu­brin­gen? Nun hat­te er den Be­weis für sei­nen Ver­dacht. Er hat­te nie wirk­lich an den Dra­chen ge­glaubt, eben­so we­nig wie er wirk­lich an die Exis­tenz von Dä­mo­nen ge­glaubt hat­te. So wie Fell die Rie­sen und Zwer­ge hat­te er­schei­nen las­sen, so hat­te er auch den Dra­chen her­bei­ge­zau­bert, um die Loth­rin­ger ein­zu­schüch­tern und da­von­zu­ja­gen. Das war of­fen­sicht­lich und ganz ein­fach. Der Kö­nig muß­te dem Zau­be­rer die An­wei­sung er­teilt ha­ben, Sir Guy sei­nen ma­gi­schen Schutz zu­kom­men zu las­sen, da­mit er At­ti­las Be­fehl zü­gig und in Si­cher­heit aus­füh­ren konn­te.
    Sir Guy frag­te sich jetzt, wie er je­mals auch nur für einen Mo­ment Zwei­fel an sei­ner Missi­on hat­te ha­ben kön­nen. Selbst­ver­ständ­lich hat­te der Kö­nig ihn nicht ver­ges­sen – und au­ßer­dem wuß­te er durch Fell ge­nau, wo der jun­ge Rit­ter war und was er mach­te. Er durf­te sei­nen Herr­scher nicht ent­täu­schen.
    Er zog sei­ne Schul­tern zu­rück und hob sei­nen Kopf, als er wei­ter durch die Nacht ritt. Er hoff­te ins­ge­heim, daß er für vie­le Mei­len kei­ne feind­li­che Dra­chen an­tref­fen wür­de, und daß der, den er ge­ra­de ge­se­hen hat­te, sich ihm nicht spä­ter zu sei­nem Schutz an­schlie­ßen wür­de.
     
     
    Wenn er schläft, bleibt sein Geist oft in sei­nem Kör­per und reist nicht in die Zu­kunft. Nicht aber bei die­ser be­son­de­ren Ge­le­gen­heit.
    M ASCHI­NE braucht ihm nicht im­mer zu sa­gen, was ge­sche­hen ist, da­mit er die Nach­richt aus der Zu­kunft in die Ver­gan­gen­heit zu­rück­brin­gen kann.
    Es war nur ein kur­z­er Aus­flug nach vor­ne; er ist schon wei­ter vor­aus ge­we­sen und hat al­le wich­ti­gen An­ga­ben zu­rück­ge­bracht.
    Al­so er­hält Ers­ter von M ASCHI­NE – nur drei­ßig Stun­den von sei­nem ‚vor­he­ri­gen Jetzt’ ent­fernt – die Mel­dung: „Nichts zu be­rich­ten“, nach­dem sie sei­ne Zeit­ko­or­di­na­ten fest­ge­legt hat.
    M ASCHI­NE steht für den Fall ne­ben sei­nem Bett, daß er et­was braucht oder Fra­gen zu den Er­eig­nis­sen der ver­gan­ge­nen drei­ßig Stun­den hat. Ge­wöhn­lich hat er die, weil er so vie­le Zeitsprün­ge macht, daß er sie nicht von­ein­an­der un­ter­schei­den kann; er bringt durch­ein­an­der, was schon ge­sche­hen ist und was noch ge­sche­hen wird. Trotz­dem ist er oft der Mei­nung, daß M ASCHI­NE ihm nicht ge­nug oh­ne Be­fra­gung er­zählt, be­son­ders weil es so­viel gibt, an das er sich nicht er­in­nern kann. Dann fällt ihm wie­der ein, daß er ge­dacht hat­te – wann? –, sein Ge­dächt­nis und sei­ne Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit hät­ten sich ver­bes­sert, trotz der Din­ge, von de­nen M ASCHI­NE be­haup­tet, sie hät­te sie ihm ge­sagt, an die er sich aber nicht er­in­nern kann. Und iro­ni­scher­wei­se weiß er nicht, ob er recht hat oder nicht; er kann sich ein­fach nicht dar­an er­in­nern. Er hat kei­ne Ver­gleichs­mög­lich­keit, und da­her ist es auch mög­lich, daß sich gar nichts ver­bes­sert hat.
    Ers­ter liegt be­we­gungs­los, sei­ne Fra­gen blei­ben un­be­ant­wor­tet. Nur sei­ne Au­gen­li­der zu­cken. Er ist mü­de und blaß, er wird bald wie­der schla­fen. Sei­ne Hand fährt un­ter das

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