Zeitfinsternis
Zauberern anfangen? Einer von ihnen schien auf seiner Seite zu stehen, hatte ihm sogar eine ,Pistole’ anvertraut, und der andere war ein Gefangener. Der Ritter machte weiter nichts und wartete auf eine Gelegenheit. Er war sich dabei aber nicht sicher, auf welche Gelegenheit er überhaupt wartete. Er fragte, ob er sie erkennen würde, wenn es soweit war, und ob er der Situation dann gewachsen sein würde. Sie ritten aus Flandern heraus, und das reichte ihm. Da war auch noch die junge Frau. Wenn er sie länger als eine Sekunde anstarrte, mußte er wegsehen, weil er befürchtete, daß sie es bemerken würde. Sie schien allerdings nie etwas zu bemerken. Sie saß ohne Bewegung auf ihrem Pferd, sah sich nie um, rutschte im Sattel hin und her und zeigte keine Regung. Allein der Zauberer führte sie und wußte, wo ihr Weg hinführte.
Guy war der erste, der ihre Verfolger bemerkte. Er erkannte die Stelle, die weniger als eine Stunde in normalem Reittempo von dem Platz entfernt lag, an dem er den Grenzposten getötet hatte. Er war jedoch nicht so naiv zu glauben, daß sie in Sicherheit wären, wenn sie unversehrt bis dorthin kamen. Er sah zufällig über die Schulter und bemerkte die Staubwolke. Sein Warnschrei durchbrach die Stille.
„Reiter!“
Die beiden Männer folgten der Richtung, in die Arm und Hand zeigten und fuhren herum. Die Frau zuckte noch nicht einmal mit den Augenlidern. Duval jedoch starrte nach hinten und zog die Mundwinkel hoch.
„Weiterreiten!“ befahl der andere Zauberer mit der Hand auf der Pistole. Zu Duval sagte er: „Benehmen Sie sich, oder ich bringe Sie um.“
Der Mund des Mannes verengte sich, und seine Augen wurden zu Schlitzen. Er nickte. „Wie Sie meinen.“
Sie ritten.
Schneller.
Es hatte keinen Zweck. Ihre Pferde waren müde. Guy spürte, wie Gilbert sich anstrengte, schnaubte und keuchte, als er ihn wie noch nie antrieb. Allmählich fiel der Saarländer hinter den anderen zurück, während die Verfolger immer mehr an Boden gewannen.
Wie viele mochten es sein? Ein Dutzend, zwanzig? Zu viele. Trotz ihrer Pistolen konnten sie nicht anhalten, um zu kämpfen. Auch die anderen würden solche Waffen haben. Genausowenig konnten sie es mit einem Hinterhalt versuchen. Dazu gab es nicht genug Deckung – Büsche, ein paar Bäume, ein trockener Graben. Die anderen würden es bemerken, wenn sie die Straße verließen, und deshalb konnten sie auch nicht darauf hoffen, sich zu verstecken.
Das war so ein Anlaß, an dem jemand alle Gebete heruntergeleiert hätte, die er wußte. Er hätte Gott in der Art angefleht, wie es die Priester für eine bescheidene Gebühr vormachten, und ihn um Gnade und Vergebung gebeten. Bisher hatte das für den Ritter noch nie etwas genützt – aber es war bisher auch noch nie so wichtig gewesen. Er fing im stillen damit an. Er war jedoch nicht mit seiner ganzen Aufmerksamkeit bei der Sache, und so bemerkte er, daß der Zauberer zurücksah. Seine Lippen bewegten sich. Betete auch er?
Er sah gerade nicht hin, als der Drache dieses Mal erschien. Er hörte, wie Duval etwas brüllte und drehte seinen Kopf herum. Dort stand er und versperrte ihren Verfolgern den Weg. Er sah ganz genauso aus wie der, der ihm vor anderthalb Tagen schon den gleichen Dienst erwiesen hatte. Wahrscheinlich war es sogar derselbe.
Die beiden Zauberer starrten zu ihm nach hinten, und so gelang es Guy, sie einzuholen. Sie machten beide einen verblüfften Eindruck, und der Zauberer mit der Pistole lachte abrupt und sagte etwas, was er nicht verstand. Es sah so aus, als hätten sie nicht erwartet, daß dies passieren würde – was eigentlich seltsam war, wenn man bedachte, daß er einen Zauberspruch ausgesprochen haben mußte, mit dem
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