Zeitfinsternis
Zweifeln überschattet. Warum ritten sie weiter? Er verstand das nicht. Es war zu verwirrend.
Sowohl sein Mangel an Verständnis als auch seine Verwirrung steigerten sich noch, als sie an einem Schwarzen vorbeiritten, der an einen Baumstumpf gelehnt auf dem Boden saß und ihnen zurief:
„Hallo. Ich habe auf euch gewartet.“
Es überraschte mich ein wenig, daß von Angel bei mir blieb. Er hätte das nicht müssen. Er hätte weggehen können, und ich hätte ihn nicht aufgehalten. Ich ermutigte ihn auch nicht zum Bleiben, obwohl ich in gewisser Weise froh war, daß ich ihn bei mir hatte – wenn man es auch kaum als Gesellschaft bezeichnen konnte. Vielleicht hatte er mehr Mut und Neugier, als ich ihm zugetraut hatte. War er nicht schon allein nach Flandern geritten und hatte dabei das Saarland viele Kilometer hinter sich gelassen? Das war doch schon allerhand. Aber vielleicht folgte er wie ich nur Befehlen. Vielleicht wählte er den Weg des geringsten Widerstands: handeln ohne Überlegung, zu dumm, um Angst zu haben, kein Selbsterhaltungstrieb. Ähnlich wie ich?
Was von Angel gesagt hatte, gefiel mir gar nicht – daß die Androiden nach dem Vorbild von afrikanischen Menschen und Tieren angefertigt worden waren, bedeutete keineswegs, daß sie von diesem Kontinent stammten. Er hatte recht. Ich hatte mir das selbst auch schon früher überlegt, und ich wurde nicht gern daran erinnert.
Warum gingen wir dann nach Afrika…?
Auch der Erste mußte in der Lage gewesen sein, diese Überlegung anzustellen. Warum hatte er mich dann nach Süden geschickt? Weil er meinte, er müsse etwas unternehmen, auch wenn er wußte, daß es sinnlos war? Konnte er wirklich von uns erwarten, daß wir uns durch das gesamte alte Europa durchschlagen, durch die Randgebiete Asiens nach Afrika vordringen und dort herausbekommen würden, was los war, um dann zurückzukehren? Vielleicht war es so. Wir würden dazu Monate brauchen, ein Jahr. Zwei. Wie lange würden unsere Vorräte reichen? Bei sorgfältiger Einteilung vielleicht zwei Wochen.
Ich hatte die Anweisung, die Verbindung aufrechtzuerhalten, und ich versuchte es auch. Mein Kommunikator schien in Ordnung zu sein, aber die Verbindung kam nicht zustande. Vielleicht waren wir schon zu weit südlich.
Neger, das war die Bezeichnung für schwarze Menschen. In Europa gab es keine, obwohl früher einige von Afrika hierhergekommen waren. Ich nehme an, daß sie alle getötet worden waren, weil sie anders ausgesehen hatten oder vielleicht auch, weil sie in die neue soziale und ökonomische Struktur nicht hineingepaßt hatten, die die ersten Wächter nach dem Modell der Vergangenheit aufgebaut hatten. In Afrika aber – war es wirklich möglich, daß dort noch Menschen lebten?
Als wir auf den Mann trafen, überlegte ich mir gerade, ob die Erde eine Scheibe sei und wie lange es noch dauern würde, bis wir von ihrem Rand herunterfielen. Er saß ein paar Meter entfernt im Schatten eines Baums, und wenn er uns nicht angerufen hätte, hätte ich ihn nie bemerkt.
„Hallo“, sagte er freundlich. „Ich habe auf euch gewartet.“
Ich hielt inne und beobachtete ihn, als er aufstand und auf uns zukam. Er war nur ungefähr einhundertsechzig Zentimeter groß und sehr dünn, hatte aber einen Kopf, der für seinen Körper einige Nummern zu groß war, und langgestreckte Gliedmaßen. Er war mit einer bunten Decke bekleidet, in die ein Loch für seinen Kopf geschnitten war. Außerdem trug er einige Halsketten mit bunten Perlen und weitere Ketten um Hand- und Fußgelenke. Er war schwarz. Einer von den ausgestorbenen Negern, nahm ich an.
Wir haben ihn wohl beide angestarrt, was unter diesen Umständen nicht weiter verwunderlich war, denn er
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