Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
nicht wahr?«
»Und was wäre so schlimm daran?«, fragte ich spöttisch. »Schlechter als ihr Männer können wir es sicherlich auch nicht machen. Das Einzige, was euch stets zur Konfliktlösung einfällt, ist einen Krieg zu führen.«
»Und du meinst, das wäre anders, wenn Frauen die Macht bekämen?«, entgegnete Giles amüsiert. »Soweit ich dich kenne, bist du selbst ein ziemlich kriegerisches Wesen. Selbst den Kameraden im Club ist mittlerweile aufgefallen, dass ich offenbar eine recht streitbare Geliebte habe.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Den ›Kameraden im Club‹? Seit wann gibst du denn etwas auf die Meinung anderer?«
»In der Regel nicht viel«, gab er lächelnd zu. »Es sei denn, sie deckt sich mit der meinigen.«
»Und inwiefern deckt sich die Meinung deiner ›Kameraden‹ mit der deinigen?«, fragte ich gefährlich ruhig.
Giles lehnte sich genüsslich zurück. »Wir halten es für überflüssig, dass ihr euch eure hübschen Köpfchen mit solchen Themen wie Politik zerbrecht. Letztendlich steht einer Frau doch immer ihre Empfindsamkeit im Weg, um ein politisches oder gesellschaftliches Problem rational beurteilen zu können.«
Ich starrte ihn fassungslos an. »Das ist nicht wirklich dein Ernst?«
Nun beugte er sich vor und legte tröstend seine Hand auf meine. »Gemma, ich kenne dich schon sehr lange. Ich weiß, was du alles geleistet hast und ich weiß, wozu du imstande bist. Doch ich weiß auch, wie emotional du sein kannst. Alle Frauen sind so. Ein politisches Amt zu bekleiden und tagein, tagaus entsprechende Entscheidungen zu fällen, würde euch völlig überfordern.«
Ganz langsam zog ich meine Hand unter seiner hervor. »Nun, wir werden ja sehen«, erklärte ich mit eiskaltem Lächeln und stand gemächlich auf. »An deiner Stelle würde ich besser nicht darauf wetten.«
Giles lächelte entschuldigend. »Offen gestanden habe ich das bereits getan.«
»Du hast was?« Wutentbrannt fuhr ich zu ihm herum und Giles grinste mich angesichts meines Gefühlsausbruches triumphierend an.
»Nun ja, du weißt ja, dass das Wetten im Brooks's Club eine lange Tradition hat«, antwortete Giles mit verträumtem Lächeln.
Oh ja, das wusste ich nur zu gut. Das Wettbuch im Brooks's Club war mehr als berüchtigt. Auch die Wette, die der Marquess of Cholmondeley mit dem Earl of Derby vor einigen Jahren abgeschlossen hatte, stand darin. Cholmondeley hatte mit Derby gewettet, dass dieser es nicht schaffen würde, eine Frau in einem Ballon in 3000 Fuß Höhe zu begatten.
»Und worum habt ihr gewettet?«, fragte ich eisig. »Dass ich zu gefühlsduselig werde, um im Kampf für die Gleichberechtigung etwas zu erreichen? Hast du dabei bedacht, dass dieser Kampf recht lange dauern könnte und ihn daher kaum einer deiner Wettpaten so lange mitverfolgen kann wie du und ich? Ist der Earl of Derby auch wieder mit im Spiel? Vielleicht kann ja einer seiner Nachfahren sich über den Ausgang der Wette informieren.«
Giles lächelte mich amüsiert an. »So weitschweifig haben wir die Wette gar nicht angelegt. Und der Earl of Derby ist tatsächlich wieder mit im Spiel. Diesmal hat er gemeinsam mit Sir John Lade gegen mich gewettet, dass es mir nicht gelingen würde, dich in eine Situation zu bringen, in der dir deine Gefühle oder dein persönliches Vergnügen wichtiger wären als dein Engagement.«
»Nur, um das noch mal klarzustellen«, entgegnete ich kalt, »du beabsichtigst also um einer Wette willen, mich an meinem Engagement für die Rechte der Frau zu behindern?«
»Aber nicht doch, meine Teuerste!«, erwiderte Giles lächelnd. »Ich beabsichtige lediglich, dir vor Augen zu führen, dass es Momente geben kann, in denen du selbst anderen Dingen gegenüber deinem Engagement den Vorzug geben wirst.«
Ich strich ihm nachsichtig durch sein dichtes dunkles Haar. »So etwas wird dir niemals gelingen, mein Bester«, erklärte ich mit zuckersüßem Lächeln.
Knapp eine Woche später fand mein Vortrag vor dem Blue Stockings Circle statt. Der Circle hatte zu diesem Zweck einen Gesellschaftsraum in der Nähe der Kensington Gardens angemietet, der schon desöfteren für Versammlungen dieser Art benutzt worden war und daher auch eine kleine Bühne besaß. Etwas erstaunt war ich nur über das für mein Empfinden sehr enorme Podest mit dem nicht weniger großen Rednerpult, das auf der Bühne errichtet worden war, doch Lady Chadwick, die Gastgeberin des Abends, erklärte mir kichernd, dass der beauftragte Schreiner es
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