ZEITLOS - Band 3 (German Edition)
die Gesprächsthemen allgemein, niemand wollte der erste sein, der mit NHE-Themen die heitere Leichtigkeit der Runde verdarb. Das vorherrschende Thema drehte sich zunächst um die Kinder. Lara war ja auch zu drollig. Birte beobachtete das quirlige Kleine und kam zu dem überraschenden Schluss, dass die noch nicht einmal Zweijährige in ihrer geistigen Entwicklung verblüffend weit war und zudem über eine geheimnisvolle Aura verfügte. Sie behielt diese Beobachtung aber für sich.
Später kam das Thema auf Myrja. Die mittlerweile Sechzehnjährige verstand sich gut mit ihrem Stiefvater Lars und legte überraschende Talente an den Tag. So hatte sie sich schon früh dem Tai-Chi verschrieben und war für ihre Übungen sehr viel allein in freier Natur unterwegs. Es hieß, sie habe eine ganz besondere Beziehung zu Tieren und Pflanzen. Mehr als einmal war es ihr sogar gelungen, heilenden Einfluss auf diese zu nehmen, obwohl sie stets bestritt, etwas damit zu tun zu haben.
Sie ritt leidenschaftlich gern, und wenn man ihr dabei zusah, so erzählte Edelgard stolz, dann konnte man glauben, dass sie mit dem Tier mental verbunden war, denn sie ritt immer ohne Sattel, und was noch erstaunlicher war, auch ohne jegliches Zaumzeug. Sie hielt ihre Hände einfach locker auf dem Hals des Pferdes und führte es auf diese Weise. Sie hätte mit Edelweiß Turniere reiten können, denn die Stute verfügte über echte Springerqualitäten, aber Myrja wollte von derartigen Veranstaltungen nichts wissen, durchstreifte mit dem Tier lieber die Wiesen und Wälder und das mit Vorliebe sogar nachts.
Freundinnen hatte sie allerdings keine, »die waren ihr nicht reif genug«, wie sie einmal auf Lars` Nachfrage verriet. Der akzeptierte sie, wie sie war und ließ ihr jede Freiheit, die sie begehrte. Oftmals musste er dabei Edelgard erst überzeugen, denn seiner Frau war die ungewöhnliche Ernsthaftigkeit ihrer Tochter suspekt. Für Jungen interessierte sie sich auch noch nicht, >aber das werde sich wohl bald ändern<, zwinkerte Lars erklärend den anderen zu. >Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.<, kommentierte Edelgard seine Aussage. >Mir kommt es vielmehr so vor, als ob sie mit Tieren, Pflanzen und der Natur mehr anfangen kann als mit Menschen.<
>Du vergisst Lara! Mit ihrer Schwester beschäftigt sie sich ausgesprochen intensiv!<, hielt Lars dagegen. >Ja, das stimmt, das wundert mich allerdings auch!<, pflichtete ihm Edelgard lebhaft bei, wandte sich dann an Birte: >Ist Svenja nun fest beim Hamburger Ballettensemble engagiert?<
>Ja, sie tanzt heute sogar schon vertretungsweise bei Romeo und Julia mit. Darüber sind wir heilfroh, hatten wir es doch nie für möglich gehalten, dass sie sich jemals in ein festes Organisationssystem einfügen würde, so verrückt, impulsiv und leider, das muss ich auch sagen, unzuverlässig sie doch ist. Auf sie trifft nur ein einziger Begriff wirklich stimmig zu: chaotisch!<
>Ach, das ist ja seltsam, das Wort kommt mir in dieser Familie das erste Mal zu Gehör!< Lars konnte es einfach nicht lassen, alle lachten und sahen nun amüsiert zu Markus. >Warum lacht ihr? Ihr guckt mich so an, als ob ich etwas dafür könnte ...< Nun prustete alles völlig unbeherrscht los. Markus wurde es zu dumm. >Ich glaube, ich gehe mal neuen Wein holen, wenn ihr unter Entzug leidet, seid ihr unausstehlich!<
Als er mit zwei Flaschen Wein im Arm zurückkehrte, war die Rede von Kim. Birte wusste stolz zu berichten, dass er an der Universität Heidelberg aufgenommen worden war und Astronomie studiere. Heidelberg war für ihn sein Wunschstudienort, da er dort seinem Hobby, dem Segelfliegen nachgehen konnte - wenn das Studium ihm dafür Zeit ließ.
>Da mach dir keine Sorgen, wie ich den Kim kenne, findet er dafür immer Zeit!< Simon mochte den Jungen ganz besonders gern und hatte ihm zu diesem Hobby verholfen, indem er ihm zum vierzehnten Geburtstag eine Segelflugschnupperkarte des Aero-Clubs Kiel-Holtenau schenkte. Aus dem einen Flug waren dann in den folgenden Jahren Hunderte geworden. Fliegen war Kims Element, und dafür hatte er in der Vergangenheit garantiert auch einige Noten-Zehntel in der Schule verschenkt, weil es für ihn nichts Wichtigeres gab als das Fliegen. Insofern war sein gewähltes Studienfach nur folgerichtig: emporstrebend, immer dem Himmel entgegen.
>Kim ist das komplette Gegenteil seiner Schwester, zwar ebenfalls voller Hingabe an das, was ihn wirklich interessiert,
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