ZEITLOS - Band 3 (German Edition)
eben: Töchter tendierten meistens emotional mehr zur väterlichen Seite. Kim dagegen war der Ausgleich. Sie hatte sich gefreut, dass er an der Universität Heidelberg einen Studienplatz für Astronomie bekommen hatte, litt aber zugleich darunter, dass sie sich auf Grund der Entfernung nur selten sahen.
Brigitte Nicolai hatte das Geschrei im Vorgarten gehört und sah der Szene kopfschüttelnd, beide Arme in die Seiten gestemmt, zu. Man hörte sie zu sich selbst sprechen: »Und das soll nun eine bessere Zeit sein? Verrückt! Alle völlig bekloppt!«, und lauter, nun der Gruppe zugewandt: »Da drinnen dampft ein riesiger Topf mit Spaghetti und Paprika-Hack. Wartet nur noch länger, dann ist er ganz verkocht!«
»Omi, meine liebste Omi, hat mein Lieblingsessen gekocht!« Nun tanzte Svenja laut singend um Oma herum: »Spaghehetti, Spaghehettiiiiiee ... intonierte sie völlig aus dem Häuschen und wollte sich doch tatsächlich, so dreckverschmiert wie sie war, an den Tisch setzen.
Da kannte sie Oma Brigitte aber schlecht. Die scheuchte sie hoch und ins Bad. »So kannst du vielleicht bei eurer WG in Hamburg essen aber nicht in Borby! Hier herrschen noch Sitte und gute Manieren. Ab ins Bad!«
Svenja wusste, dass Oma nicht spaßte und kam der Aufforderung murrend nach, nicht ohne der verdutzten Oma mit ihren Ölfingern noch einen Fleck auf die Nase zu zeichnen. Die bemerkte es zu Svenjas Glück nicht, freute sich aber, weil Birte und Markus so glücklich und vergnügt aussahen ...
Hoefners kamen mit einem Transporter der Großbäckerei, dessen laut nagelnder Diesel schon von weitem zu hören war. Simon Büttner und Kerstin Jankowski gingen nach draußen, um den Ankömmlingen beim Ausladen zu helfen, schließlich brachten sie die kleine Lara mit, die nun schon fast zwei Jahre alt war. Markus schürte noch einmal den Grill, während Birte auf der Terrasse letzte Hand an den gedeckten Tisch legte. Schließlich gingen auch sie zur Tür, um die Freunde zu empfangen.
Sie kamen noch rechtzeitig, um Hoefners blubberndes Gefährt auf dem gelb überwucherten ehemaligen Grundstück der Lemmings einzuweisen. Die kleine Gruppe kam ihnen entgegen. Breit grinsend schälte sich Lars aus dem Fahrersitz und stieg herab. »Schöner Parkplatz hier, hattet ihr den schon immer?«
»Lass die Witze, du Scherzbold! Aber hier ist mir deine Stinke-Karre lieber, als wenn sie meine Auffahrt voll Öl tropft. Dann verlangt nämlich meine Frau von mir, dass ich das wieder wegschrubbe!« Markus umarmte seinen Freund und trat beiseite, damit die anderen ebenfalls zum Zuge kamen. Birte half Edelgard aus dem Sitz. Es war ein großes Hallo. »Und wo habt ihr die Mädchen gelassen?«, wollte nun Kerstin ungeduldig wissen. »Myrja muss sich auf ihre Klassenarbeit vorbereiten und lässt sich entschuldigen.« Lars gab Kerstin aus seiner Umarmung frei und öffnete mit der Nonchalance eines Zirkusdirektors, der die Manege freigibt, die Ladetüren des Transporters.
Dort saß Lara in der festgezurrten Kinderkarre und strahlte sie alle stumm an. Birte sah in die grünen Augen der Lütten und wurde augenblicklich von einer absonderlichen Rührung beherrscht, die sie selbst erstaunte. Denn sie fand es im Allgemeinen affig, welch ein Gewese manche Leute machten, wenn sie kleine Kinder sahen, denn dazu waren sie ihr durch den täglichen Umgang viel zu vertraut.
Aber diesmal fiel ihr auf, dass der kleine Rotschopf nicht nur sie, sondern anscheinend alle fest in seinen Bann zog. Die Karre wurde losgebunden und nach draußen befördert. Kerstin nahm Lara auf den Arm. Die Kleine fremdelte überhaupt nicht, sondern zupfte vergnügt und laut glucksend an Kerstins Ohren und Haaren.
Plötzlich wurde Kerstin aschfahl im Gesicht und wankte. Birte eilte zu ihr, um sie zu stützen. »Was ist? Was hast du?« Kerstins Augen verrieten Verwirrung. Birte nahm ihr das Kind ab, damit die Freundin sich auf einen Stein setzen konnte. Edelgard bemerkte, dass etwas mit Kerstin nicht stimmte und eilte hinzu. »Ist dir nicht gut, Kerstin?« Birte hielt die Kleine, die jetzt ganz still war, auf dem Arm. »Es geht schon wieder, ich hatte wohl einen kleinen Schwächeanfall.« Kerstin versuchte ein Lächeln, das ihr jedoch misslang. Die Männer waren zu sehr in ihre Unterhaltung vertieft und bekamen die kleine Szene deshalb nicht mit. Birte übergab Lara der Mutter, um Kerstin auf dem Weg ins Haus zu stützen.
Während des Essens blieben
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