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ZEITLOS - Band 3 (German Edition)

ZEITLOS - Band 3 (German Edition)

Titel: ZEITLOS - Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Finnings
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sehr ich mich auch bemühte, dorthin zu gelangen, der Abstand zu diesem erhabenen Baum verringerte sich nicht. Ich geriet in Verzweiflung und rief nach meinem Lehrer, der doch dort auf mich wartete. Ich rief ihm zu, dass ich zu ihm unterwegs sei, doch ich erhielt keine Antwort.
       Ich erinnerte mich an Ilka, meine im Kindbett verstorbene Frau, und mich überkam eine heftige Liebe, die mir die Illusion schenkte, dass Ilka und unser Kind bei mir waren. Ich wünschte mir so sehr, sie noch einmal zu sehen, doch stattdessen erschien mir plötzlich ein Pferd, dessen Hufe den Boden nicht berührten. Es stand schnaubend turmhoch vor mir. Der leere Sattel schien mich zum Aufsitzen aufzufordern. Ich wusste jedoch nicht, wie ich dort hinauf gelangen sollte, ich war doch so winzig im Vergleich zu diesem stattlichen Ross. Plötzlich wuchsen mir Flügel, und ehe ich mich versah, saß ich im Sattel.
       Das Pferd stob in Richtung Horizont, es flog schnell, und es flog lange. Da erkannte ich, dass der Baum, wo mein Lehrer auf mich wartete, von viel größerer Gestalt war, als ich zunächst angenommen hatte. Ich hatte die Entfernung falsch eingeschätzt – sie war riesig, und als ich den Baum mit Hilfe des Rosses endlich erreichte, war mir, als ob der Baum von der Erde bis in den Himmel reiche. Er schien kein Ende zu haben!
       Dann aber kam mir in den Sinn, dass es einen derart hohen Baum nicht geben könne, also schloss ich, ich müsse geschrumpft sein. Das riesige Pferd und der noch viel riesigere Baum ließen keinen anderen Schluss zu. Ich sah an mir hinab und erschrak, denn ich war ebenfalls so riesig, dass ich meine Füße in den Steigbügeln kaum erkennen konnte.
       Mich erfasste jähe Angst, und ich rief abermals nach meinem Lehrer. Plötzlich saß ich nicht mehr auf dem Ross, sondern auf der obersten Spitze des Riesenbaumes. Ich sah rundherum rosafarbene, neblige Weite, aber keinen Horizont! Fast war es, als sähe ich eine Meereswelle hinauf, die über mir zusammenschlug, so dass ich den Himmel nicht sehen konnte.
       Da dachte ich an deine Mahnung, die Angst durch Vertrauen aufzulösen, und ich begann, die Welle hinaufzusteigen, die Welle, die kein Wasser, sondern Welt war. Ich ging und stapfte schwer, Schritt für Schritt. Der Boden unter mir war nicht fest, sondern wie eine Gummimatte, die durch mein Stampfen in Schwingungen geriet - so wurde der Rhythmus meiner Schritte zum Rhythmus des Bodens, über den ich wanderte. Das Schwingen wurde stärker und stärker. Schließlich war mir, als ob ich ein Kind sei, das von seinem Vater fröhlich in die Luft geworfen und wieder aufgefangen wurde, immer höher, immer leichter. Ich jauchzte vor Vergnügen und hatte plötzlich auch beim Fallen keinerlei Angst mehr - es war höchste Ekstase, die immer so hätte weitergehen können, weiter, höher, und noch höher ...
       Dann rief mich die Trommel zurück. Der Rhythmus meiner Schritte wurde durch die Trommel verändert, alles brach über mir zusammen. Es war da keine Harmonie mehr, die Trommel hatte sie zerstört. Ich wollte dort bleiben, aber es ging nicht. Ich wurde zum Tunnel zurückgerissen, obwohl ich meinen Nagual nicht sah, wusste ich ihn bei mir. Die Reise war damit jäh zu Ende und ich fühlte mich wieder auf der Liege liegen, zunächst unfähig mich zu rühren. Sag mir, Meister, was war das für eine Antwort? Ich verstehe sie nicht.<
       In Brayasils schwarzen Pupillen spiegelten sich für Sekundenbruchteile die mit Eis bedeckten Spitzen ferner Berge, bis sein Blick wieder klar wurde und er mit rauer Stimme antwortete: »Wenn du das nicht weißt, darf ich dir die Antwort darauf nicht geben!«
       Er stand auf, nahm die heilige Trommel, ging damit ins Haus und ließ den völlig verstörten Plätschner auf der Terrasse allein zurück. Wie es aussah, hatte sein Schüler diese Prüfung nicht bestanden - es war wohl noch zu früh gewesen.
     
 
     

27. September 2023; Mittwoch; 13:28 Uhr ehemalige MEZ; 5. Welt; Berlin-Wedding; Penthouse
     
    Heute war nicht ihr Tag! Verärgert über den abermals misslungenen Versuch, streifte Nele ihren Kittel von den Schultern und sah missmutig auf ihren Versuchsaufbau, in den sie so viel Hoffnung gesetzt hatte. Die Achse, um die sich ihr Dodekaeder-Talisman verbog, wenn das natürliche Sinta-Licht durch Linsen gebündelt und in einem bestimmten Winkel durch die Lotus-Öse einfiel, hatte sie zuvor exakt vermessen und die Ergebnisse protokolliert.
       Nun war es ihre

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