ZEITLOS - Band 3 (German Edition)
die Menschen stellte, nicht geringer geworden. Zwar gab es weder Kriege noch Kriminalität, keine Selbstsucht und auch keine Besitzgier mehr, denn der von den Spiritisten erarbeitete Ehrenkodex war zum elementaren Bestandteil des gemeinschaftlichen Denkens und Handelns geworden. Dennoch gab es Krankheiten, Hunger und Mangel an Lebensnotwendigem. Jeder Tag musste immer wieder aufs Neue bewältigt werden.
Die bedeutendsten Herausforderungen lagen natürlich im Ausbau der mentalen Fähigkeiten, die langsamer vorankamen als zunächst erwartet. Man verfügte auch wieder über Technik, die ungefähr auf dem Niveau der späten sechziger Jahre des vorangegangenen Jahrhunderts lag. Man war sich einig, gewisse Techniken nicht wiederzubeleben, da sie in der vorangegangenen vierten Welt zu katastrophalen Auswirkungen für die Menschen geführt hatten. So sollte die digitale Datenverarbeitung nicht wieder aufgebaut werden, ebenso wenig wie ein neues Währungssystem in der fünften Welt Platz hatte. Auf die erneute individuelle Motorisierung verzichtete man ebenfalls, um die Ressourcen des Planeten zu schonen.
Stattdessen lag ein Schwerpunkt der Entwicklung auf der Reorganisation der Landwirtschaft, die nun wieder mit altem Saatgut arbeitete, das glücklicherweise von vorausschauenden Menschen in mehr als tausend Bunkern weltweit eingelagert worden war und das so auch für die Menschen in der fünften Welt zur Verfügung stand. Eine naturnahe und nachhaltige Agrarwirtschaft brachte allerdings nicht mehr die ungeheuren Hektar-Erträge vorangegangener Zeiten.
Um die einstige Überdüngung der Anbauflächen zu vermeiden, war man zur alten Dreifelderwirtschaft zurückgekehrt, wo wechselnde Fruchtfolge und Brachliegen der Flächen den Böden die dringend benötigte Regeneration erlaubten. Weitere Schwerpunkte waren der Ausbau des öffentlichen Verkehrs durch Busse, Bahnen und gemeinschaftlich genutzte Autos und Transportmittel.
Die dadurch erreichte Entschleunigung einer ganzen Gesellschaft tat allen sichtbar gut. Seelische Erschöpfungszustände und ernährungsbedingte Krankheiten nahmen ab. In Kliniken und Praxen erinnerten sich Ärzte an frühere Heilverfahren, die weniger auf der Verabreichung von Medikamenten beruhten, als vielmehr auf Zuwendung und harmonisierenden Ausgleich gestörter Körperzustände setzten.
Energiegewinnung und –verbrauch war ein anderes zentrales Thema, mit dem sich die klügsten Köpfe mit überraschendem Erfolg auseinandersetzten. Plötzlich gelangen Experimente, die auf alten Patenten von Nikola Tesla beruhten, jenem genialen tschechischen Konstrukteur und Erfinder, der in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gelebt hatte.
Diese Experimente befassten sich mit freier, kabelloser Energie, die zwischen der Ionosphäre und der Erdoberfläche schon immer vorhanden war, und von deren Existenz Blitz und Donner vom Anbeginn der Welt kündeten. Diese freie Energie konnte nun mittels einfacher Empfangstechnik aufgefangen und nach Belieben verwendet werden. Allerdings entsprachen die so übertragenen Energiestärken noch nicht den Erwartungen der führenden Techniker.
Für die Übertragung dieser Energie war keine Kabelverbindung notwendig. Man mutmaßte, dass die Pläne dazu lange unter dem Verschluss der damaligen, profitorientierten Energiekonzerne, wenn nicht gar unter der Geheimhaltung ganzer Staatsapparate der Öffentlichkeit vorenthalten worden waren. Mit freier Energie ließen sich Bürger schlecht kontrollieren und entsprechend ausbeuten.
Teslaspulen erlebten eine Renaissance und man baute an einem Energieturm auf dem Gelände des DESY-Synchrotons in Hamburg, der dem historischen Wardenclyffe Tower auf Long Island in den USA verblüffend ähnelte. Der Wardenclyffe Tower war Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts begonnen, dann aber wegen Geldmangels wieder abgerissen worden. Wirklich wegen Geldmangels?
Das Projekt kam gut voran, man hoffte, zu Beginn des folgenden Jahres in die Erprobungsphase gehen zu können. Die Kieler Uni war in diese Forschungsarbeit eingebunden. Professor Markus Stettner hatte so Gelegenheit, mit einem Auto der Uni häufig Besuche in Hamburg zu machen und auf dem Rückweg den kleinen Umweg zu Lars Hoefner in Neumünster zu fahren. Dadurch hatten die Freunde in dieser Zeit häufiger die Gelegenheit, unter vier Augen zu reden.
Markus freute sich, dass er heute so frühzeitig seinen Besuch bei DESY beenden und noch
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