ZEITLOS - Band 3 (German Edition)
ausgebildeten Schauspielern kannte. Trotzdem wirkte nichts aufgesetzt oder überzogen betont.
»Okay, statt der sonst üblichen Aufwärmübungen mache ich euch jetzt mit einigen Grundübungen vertraut, dazu stellt euch bitte so auf, dass jeder um sich herum eine Armlänge Platz hat!« Was nun folgte, war ein Feuerwerk explosiver Lebensfreude. Dieses Energiebündel von Trainerin schaffte es binnen weniger Minuten, aus dem Haufen noch etwas reservierter Sängerinnen und Sänger eine Horde wild vergnügter Kinder zu machen.
Lautes Lachen, Johlen und Kichern begleitete die diversen Gesten, die Christina vormachte. Nach den ersten fünfzehn Minuten begann Henning auf dem Klavier lyrische Improvisationen zu spielen, die die Gruppe nun tänzerisch nach Christinas Vorgaben umsetzte. Nach einer halben Stunde waren alle so gelöst wie lange nicht mehr, und die eigentliche Gesangsprobe konnte beginnen. Henning hatte sich für heute das Eröffnungslied des Konzertes vorgenommen, nach dessen Titel das ganze Konzert benannt war: You raise me up!
In der folgenden Stunde übten sie die zu diesem Gospel passenden Bewegungen. Birte stellte überrascht fest, dass nicht zu überhören war, um wie viel ausdrucksvoller und klarer der Gesang dadurch wurde. Am Ende der Probe konnten sie von dem Stück gar nicht genug bekommen, soviel Spaß und Inspiration bereitete es ihnen.
Henning dankte Christina für das beeindruckende Training und machte es nun noch einmal spannend. »So, ich habe jetzt hier den Refrain des Liedes noch einmal etwas umgetextet.« Er blätterte das Clipboard um, das neben dem Klavier stand. Dort hatte er den veränderten Text notiert. Nun holte er aus dem mitgebrachten Karton einen Pflanzkasten hervor, wie er häufig auf Balkonbrüstungen zu sehen war. Dieser war mit jungen Pflanzen besetzt, die sich in einem erbärmlichen Zustand befanden.
Man konnte sehen, dass sie unter Wasser- und Lichtmangel litten und deshalb verkümmert waren. »Diese Petunien, oder was davon noch übrig ist, standen vergessen hinter einem Gartenschuppen. Wasser haben sie kaum bekommen, und dort war kein Licht. Normalerweise stehen die Pflanzen jetzt in voller Blüte. Es reizt mich zu sehen, ob wir ihnen Kraft spenden können, deshalb der veränderte Refraintext. Konzentriert euch auf die Pflanzen, grokt sie, so gut ihr könnt, und vergesst darüber nicht die eurythmischen Gesten!«
Henning spielte das Lied an, Christina machte die Bewegungsfolgen vor. Nach dem Vorspiel setzte Ashita, die Solistin, sehr zart ein, während der Chor die erste Strophe mit harmonischem Summen unterlegte. Birtes Blick folgte aufmerksam dem Text:
When I am …
When troubles …
Then I am …
until you …
Es war herzergreifend. Birte spürte, wie sich ihr Herzchakra weitete und sich mit den anderen verband, beinahe so wie damals in Garding, als der Kristallschädel Corona de Luz dabei war.
Die Bewegungen ihres Körpers erfolgten völlig unbewusst, angeregt durch Christina, als führe er ein geheimnisvolles Eigenleben. Henning wies auf das Clipboard, denn nun sollte der umgetextete Refrain folgen:
We raise you up, so you grow up and ripen,
We raise you up, so you could strive for sky,
You become strong by list'ning our kindness
We raise you up to more than you can be
(angelehnt an den Originaltext von Josh Groban)
Im Raum um sie herum geschah etwas: Birte versenkte sich noch tiefer in die Pflanzen, übertrug ihnen mit ihren inbrünstig gesungenen Worten stärkende Energien. Sie hatte dabei ein Gefühl, als ob unzählige, winzige Energiepäckchen wie ein Schwarm Bienen in Richtung Pflanzkasten stoben - immer mehr.
Der flirrende Partikelschwarm bildete eine dichte Wolke um die Petunien und hauchte ihnen neues Leben ein. Die kraftlosen Stängel verdunkelten sich.
- We raise you up, so you grow up and ripen -
Blätter streckten sich, wie Kätzchen nach dem Wachwerden.
-We raise you up, so you could strive for sky -
Aus verdorrten Blütenstempeln sprossen neue Blütenblätter
- You become strong by list'ning our kindness –
Nun sah der gesamte Pflanzkasten bereits wie ein gelbendes Feld mit bunten Blüten aus. Als würde eine Kraft die gelbe Wand aus dem Boden drücken, so schoben sich die Blumen aus der Pflanzerde,
- We raise you up to more than you can be -
fast so, als wollten sie gar nicht mehr aufhören
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