Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
nackte Glühbirne leuchtete auf und zeigte ihnen den Weg, der am Haus entlang zum Vordereingang führte. Auf der Veranda war ein altmodischer Schaukelstuhl zu sehen. Altmodisch sogar von ihrem Standpunkt aus. Manche Dinge verändern sich nie, dachte Ragle.
»Hier herein«, sagte Mrs. McFee. »Wenn Sie so gut sein wollen.« Sie verschwand im Haus, er und Vic gingen ihr nach in ein vollgestopftes, dunkles, nach muffigem Stoff riechendes Wohnzimmer voller Tand, Stühlen, Lampen, gerahmten Bildern, kleinen Teppichen und zahllosen Ansichtskarten auf dem Kaminsims. Über dem Sims hing ein Transparent, gehäkelt oder gestrickt in vielen Farben, mit den Worten:
    Eine glückliche Welt bringt der ganzen Menschheit Segen und Freude
    »Was ich gerne wüßte«, sagte Mrs. McFee und ließ sich in einen Sessel sinken, »ist, ob Sie eine feste Stellung haben.« Sie beugte sich vor und zog ein großes, dickes Buch aus einem Schreibtisch auf ihren Schoß.
»Ja«, sagte Ragle. »Die haben wir.«
»In welcher Branche?«
»Einzelhandel«, sagte Vic. »Ich führe einen Supermarkt.«
»Einen was?« keuchte die alte Frau und verdrehte den Kopf, um besser zu hören. In einem Käfig krächzte ein schwarzgelber Vogel. »Sei still, Dwight«, sagte sie.
»Obst und Gemüse«, sagte Vic. »Einzelhandel.«
»Was für Gemüse?«
»Alle Arten«, sagte er gereizt.
»Wo bekommt ihr es her?«
»Es wird mit Lastzügen geliefert.«
»Ah«, sagte sie. »Und Sie sind wohl der Inspektor«, sagte sie zu Ragle.
Ragle schwieg.
»Ich traue euch Gemüseleuten nicht«, sagte Mrs. McFee. »Da war einer von euch – ich glaube nicht, daß Sie es waren, aber Sie könnten es gewesen sein – vorige Woche bei mir. Es hat gut ausgesehen, aber, du meine Güte, ich wär’ gestorben, wenn ich davon was gegessen hätte. Da stand ganz deutlich r. a. drauf. Das merke ich. Der Mann hat mir natürlich versichert, daß es nicht oben wächst, sondern unten in den Kellern. Hat mir das Etikett gezeigt, wo steht, daß sie eine Meile tief gewachsen sind. Aber ich rieche r. a.«
Radioaktivität, dachte Ragle. Produkte, an der Oberfläche gezogen, dem Niederschlag ausgesetzt. Es hat Bombardierungen gegeben, früher. Verseuchung der Ernten. Er begriff plötzlich; die Lastzüge, beladen mit Nahrungsmitteln, die unter der Erde gewachsen waren. Die Keller. Gefährliches Verhökern von verseuchten Tomaten und Melonen ...
»Bei unseren Sachen gibt es keine r. a.«, sagte Vic. »Radioaktivität«, flüsterte er Ragle zu.
»Ja«, sagte Ragle.
»Wir sind – von weit her«, sagte Vic. »Heute abend erst gekommen.«
»Aha«, sagte Mrs. McFee.
»Wir sind beide krank gewesen«, sagte Vic. »Was hat sich getan?«
»Was meinen Sie?« fragte die Alte. Sie hatte eine Hornbrille aufgesetzt und blätterte in ihrem Buch.
»Was hat sich getan?« fragte Ragle scharf. »Der Krieg«, sagte er. »Wollen Sie uns das sagen?«
Mrs. McFee befeuchtete den Finger und blätterte.
»Komisch, daß ihr nichts vom Krieg wißt.«
»Sagen Sie es uns«, zischte Vic. »In Gottes Namen!«
»Seid ihr Wehr-Pflichtige?« sagte Mrs. McFee.
»Nein«, sagte Ragle.
»Ich bin patriotisch, aber Wehr-Pflichtige kommen hier nicht rein. Gibt zuviel Ärger.«
Wir erfahren nie etwas Vernünftiges von ihr, dachte Ragle. Es ist aussichtslos. Wir können ebensogut aufgeben.
Auf einem Tisch standen Fotos von einem jungen Mann in Uniform. Ragle bückte sich und betrachtete sie.
»Wer ist das?« sagte er.
»Mein Sohn. Er ist in Anvers, der Raketenstation. Ich habe ihn seit drei Jahren nicht gesehen. Seit der Krieg anfing.«
So kurz zurück, dachte Ragle. Vielleicht zur selben Zeit, als sie mit dem Bau –
Als das Preisausschreiben begann. Wo wird der kleine grüne Mann als nächstes sein? Fast drei Jahre ...
»Irgendwelche Treffer, hier unten?« fragte er.
»Ich verstehe Sie nicht.«
»Lassen Sie«, sagte Ragle. Ziellos ging er im Zimmer herum. Durch einen Bogen aus schwarzem Holz konnte er ein Eßzimmer sehen. Massiver Tisch, viele Stühle, Wandregale, Glasschränke mit Geschirr. Und ein Klavier. Er ging hin und griff nach Notenblättern. Alles billige, populäre, sentimentale Lieder, die sich meist um Soldaten und Mädchen drehten. Ein Lied hatte den Titel: ›Lunies auf der Flucht. Marsch‹.
Er überflog den Text. Er sprach davon, daß ein ›Lunie‹ den Himmel schön fände, eine geeinte Welt aber nicht besiegen könne. Ragle nahm das Blatt mit und zeigte es Vic.
»Da«, sagte er. »Lies das.«
»Können Sie spielen?« fragte die alte

Weitere Kostenlose Bücher