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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Frau.
»Der Feind – das sind die Lunies, nicht?« Er sah sie an.
Der Himmel, dachte er. Der Mond. Luna.
Es waren nicht er und Vic, hinter denen die MP her waren. Es war der Feind. Der Krieg fand zwischen der Erde und dem Mond statt. Und wenn die Jugendlichen oben ihn und Vic für Lunies hielten, was sie in ihrem Jargon mit ›Irrer‹ ausdrückten, dann mußten die Lunies Menschen sein. Keine fremden Wesen. Vielleicht Kolonisten.
Ein Bürgerkrieg.
Ich weiß jetzt, was ich mache. Ich weiß, was das Preisausschreiben ist und was ich bin. Ich bin der Retter dieses Planeten. Wenn ich ein Rätsel löse, kläre ich die Zeit und den Ort, wo die nächste Rakete einschlagen wird. Ich liefere eine Lösung nach der anderen. Und diese Leute, wie immer sie sich auch nennen, schicken blitzschnell eine Antiraketen-Einheit zu dieser Stelle. Zu diesem Ort, zu dieser Zeit. Und so bleiben alle am Leben, die Jugendlichen da oben mit ihren Nasenflöten, die Kellnerin, Ted, der Fahrer, mein Schwager, Bill Black, die Kesselmans, die Keitelbeins ...
Das hatten Mrs. Keitelbein und ihr Sohn mir sagen wollen. Zivilverteidigung ... nichts als eine Geschichte des Krieges bis zur Gegenwart. Modelle aus 1998, um mich zu erinnern.
Aber warum habe ich das vergessen?
»Sagt Ihnen der Name Ragle Gumm etwas?« fragte er Mrs. McFee.
Die alte Frau lachte.
»Bedeutet mir gar nichts«, sagte sie. »Was mich angeht, kann Ragle Gumm sich aufhängen. Es ist kein einzelner, der das kann; es ist ein ganzer Haufen, und sie nennen sie immer ›Ragle Gumm‹. Das habe ich von Anfang an gewußt.«
Mit einem tiefen, stockenden Atemzug sagte Vic: »Ich glaube, Sie irren sich, Mrs. McFee. Ich glaube, es gibt eine solche Person, und er tut das wirklich.«
»Und er soll tagaus, tagein recht haben?« sagte sie verschlagen.
»Ja«, sagte Ragle. Vic nickte.
»A-ach, hören Sie«, kreischte sie.
»Ein Talent«, sagte Ragle. »Eine Fähigkeit, eine Struktur zu erkennen.«
»Hören Sie«, sagte Mrs. McFee, »ich bin viel älter als ihr. Ich kann mich erinnern, als Ragle Gumm nichts anderes war als ein Modeschöpfer, der die scheußlichen Miss Adonis-Hüte gemacht hat.«
»Hüte«, sagte Ragle.
»Ich hab’ sogar noch einen.« Sie raffte sich mühsam auf und ging zu einem Schrank. »Da.« Sie zeigte ihnen einen steifen, runden Filzhut. »Nichts als ein Männerhut. Er hat sie dazu gebracht, Männerhüte zu tragen, damit er die alten Dinger los wurde, als die Männer sie nicht mehr kauften.«
»Und in der Hutbranche hat er Geld verdient?« fragte Vic.
»Diese Modeschöpfer machen Millionen«, sagte Mrs. McFee. »Jeder. Er hat nur Glück gehabt. Das ist es – Glück. Nichts als Glück. Und später, als er ins Geschäft mit synthetischem Aluminium einstieg.« Sie dachte nach. »Aluminid. Das war Glück. Einer von diesen Glückspilzen, aber denen geht es allen gleich, am Ende läßt sie das Glück im Stich. Ihn auch. Ihn auch, aber das haben sie uns nie gesagt. Sein Glück ließ ihn im Stich, und er beging Selbstmord. Das ist kein Gerücht, sondern Tatsache. Ich kenne einen Mann, dessen Frau einen Sommer für die MP gearbeitet hat, und sie sagte, es sei eindeutig; Gumm hat sich vor zwei Jahren umgebracht. Und sie haben eine Person nach der anderen genommen, um die Raketen vorauszuberechnen.«
»Verstehe«, sagte Ragle.
Triumphierend erklärte Mrs. McFee: »Als er sich beweisen mußte – als er das Angebot annahm, nach Denver zu kommen und die Raketen vorauszuberechnen, durchschauten sie ihn; sie sahen, daß alles nur Bluff war. Und um nicht die öffentliche Schande ertragen zu müssen, den Schimpf, hat er ...«
Vic unterbrach sie.
»Wir müssen gehen.«
»Ja«, sagte Ragle. »Gute Nacht.« Er ging mit Vic zur Tür.
»Und Ihre Zimmer?« sagte Mrs. McFee und ging ihnen nach. »Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, sie Ihnen zu zeigen.«
»Gute Nacht«, sagte Ragle. Er und Vic traten hinaus auf die Veranda, gingen die Stufen hinunter zum Gehsteig.
»Kommen Sie wieder«, rief ihnen Mrs. McFee nach.
»Später«, sagte Vic.
Sie entfernten sich.
»Ich habe es vergessen«, sagte Ragle. »Ich habe das alles vergessen.« Aber ich habe weiter Voraussagen gemacht, dachte er. Trotzdem. In gewissem Sinn spielt es also keine Rolle, weil ich meine Aufgabe immer noch erfülle.
»Ich habe immer geglaubt, man könnte aus Schlagertexten nichts lernen«, meinte Vic. Das war falsch.
Und wenn ich morgen nicht in meinem Zimmer sitze und wie immer am Rätsel arbeite, könnten wir alle tot sein,

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