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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Schlickwatt niedergemetzelt haben, Mr. Chen!«
    »Wenn Sie meinen Befehlen gehorcht hätten, wäre das nicht passiert!«, entgegnete Randall.
    »Ich gehorche nicht Ihren Befehlen, Sir!«
    »Verzeihung«, sagte Randall, dem sein Schnitzer bewusst wurde. »Lord Elgins Befehlen. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass Sie das Lager nicht hätten verlassen dürfen. Senggerinchin hat nur darauf gewartet, dass Sie ihm in die Falle gehen. Wenn Sie gehorcht hätten, würden die hundertdreiundzwanzig Männer noch leben, und die anderen hundert hätten jetzt keine Wunden zu pflegen.«
    Sir Hope griff nach einem neuen Glas und schenkte sich ein. »Unglaublich, dass ich mir das anhören muss!« Er trank den Cognac in einem Zug und goss sich den nächsten ein.
    Randall fuhr fort: »Die 2. Division wird den Angriff auf die Wei-Festung führen. Die Männer werden ihre Niederlage auslöschen wollen. Es wird schwierig sein, aber sie werden siegen.« Randall blickte Sir Hope in die braunen Augen. »Und Sie werden derjenige sein, der sie überzeugt, dass sie das können. Sie werden für ihre Tapferkeit sorgen, Sir Hope.«
    Da dieser vom Cognac schon benebelt und außerdem verblüfft war, weil Chen so unerwartet Vertrauen in seine Führungseigenschaften zeigte, konnte er seine Neugier nicht länger bezwingen. »Woher kommen Sie, Mr. Chen?«, fragte er mit dem leisen Tonfall des Zweifels.
    »Ich bin mir nicht sicher, wie die Frage gemeint ist.«
    »Sie kennen die Zukunft, Mr. Chen. Das haben Sie viele Male bewiesen. Wie können Sie das? Woher kommen Sie? Warum stehen Sie uns gegen Ihr eigenes Volk zur Seite? Denn Sie sind einer von ihnen, trotz Ihrer blauen Augen.«
    Lord Elgin sah seinen chinesischen Ratgeber forschend an. Das waren Fragen, zu denen ihm bislang der Mut gefehlt hatte.
    Randall blickte Sir Hope in die Augen. »Ich bin hier, damit Sie den Krieg gewinnen – mehr brauchen Sie nicht zu wissen. Sehen Sie es einfach so: Äußerlich bin ich Chinese, aber ich sehe die Welt mit abendländischen Augen.« Er wandte sich Lord Elgin zu. »Und es ist unerlässlich, dass Sie sich an unsere Abmachung halten. Ich werde Ihnen helfen, den Krieg zu gewinnen und den Vertrag von Tientsin durchzusetzen. Dann werden wir gemeinsam auf Peking marschieren. Und wie versprochen wird sich die Geschichte allein Ihrer fähigen, kühnen Führerschaft erinnern – als wäre ich gar nicht hier gewesen. Ihre Truppen werden Senggerinchin besiegen, und China wird offen vor Ihnen liegen wie eine nackte Frau mit gespreizten Beinen. Aber die Mauern der Verbotenen Stadt werden von Ihren Leuten nicht angetastet. Der Kaiser wird nicht geschwächt oder unterworfen. Wenn Sie den Vertrag von Tientsin durchsetzen wollen, in Ordnung. Aber Sie müssen versprechen, sich an unsere Abmachung zu halten, Lord Elgin. Das kann ich nicht klar genug sagen. Die Mauern der Verbotenen Stadt dürfen nicht angetastet werden.«
    »Ja, ja, mein Freund«, versicherte Lord Elgin lächelnd und hob das Glas. »Die Mauern der Verbotenen Stadt werden nicht angetastet.« Sein Gesichtsausdruck war der eines Politikers und zeigte keinerlei Schwäche. »Sie haben mein Wort.«

7.
Im Schlickwatt
1,6 Kilometer nördlich der Wei-Festung, China
21. August 1860
Ortszeit: 5.23 Uhr
Unternehmen Esra – Tag 171
    Die Dämmerung nahte, und der Himmel im Osten färbte sich rot. Der britische Artilleriebeschuss hielt seit zwei Tagen konstant an. Das unaufhörliche Donnern von dreiundzwanzig Haubitzen schallte über Taku und den Haihe, während die zwölf Pfund schweren Kanonenkugeln und die mit Schießpulver gefüllten Granaten, deren Lunte von Hand angezündet wurde, in die wehrhafte Festung flogen. Die Granaten erfüllten ihren Zweck erst, wenn die Lunte heruntergebrannt war und die Ladung explodierte. Bei Nacht war es ein erstaunliches Spektakel, wenn die Geschosse mit einem Funkenschweif ihrem Ziel entgegensausten, dann mit einem Lichtblitz zersprangen, und im nächsten Moment der Knall bei den Geschützen zu hören war.
    Die Kanonen waren durch Schlick und Sumpfland und über Hunderte Wasserläufe, die in alle Richtungen flossen, herbeigeschafft worden – die Haubitzen von nicht weniger als sechs Pferden pro Stück, um die schwierigsten Stellen zu überwinden. Von See her feuerten sechs Kanonenboote auf die Festungsmauer, doch mehr aus Gründen psychologischer Kriegführung. Randall wollte Senggerinchins Männer denken lassen, sie seien eingekreist. In Wirklichkeit war es nicht möglich, die

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