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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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anders wäre es nicht möglich gewesen, an den britischen Gesandten heranzukommen und sein Vertrauen zu gewinnen. Doch davon hing der Erfolg seines Unternehmens entscheidend ab. Und nun endlich war er wieder unterwegs zum Ort seiner Ankunft, der Hauptstadt Peking, die nur noch zweihundert Kilometer entfernt war.
    Randall dachte an die Festungen, die sie einzunehmen hatten. Sie waren vor dreihundert Jahren von Kaiser Jiajing am Haihe gebaut worden, um Tientsin gegen Invasionen von See zu schützen. Es waren fünf, drei am Nordufer und zwei am Südufer. Dazu säumten zwanzig kleinere die Flussmündung, zumeist Geschützstellungen mit nur einer Kanone. Die fünf großen ragten eindrucksvoll über der morastigen Küste und den Salzsümpfen auf. Sie hatten zehn Meter hohe Außenmauern mit Zinnen und eine zentrale Wehrplatte, auf der bis zu vierzig Kanonen standen, im Allgemeinen Zwölfpfünder, die in alle Richtungen feuern konnten. Jede Festung war von zwei fünfzehn Meter breiten Gräben umgeben, die mit schmutzigem Seewasser und mit Tausenden aufrechter, spitzer Bambusstöcke gefüllt sowie mit Verhauen aus Zweigen und Dornbüschen umzäunt waren. Betreten konnte man die Festungen lediglich über eine schmale Holzbrücke, die hochgezogen wurde, wenn ein Angriff drohte. Besonders von der Seeseite aus waren sie furchterregende Verteidigungsanlagen.
    Randall klappte seine Taschenuhr auf und las die Zeit ab. Es war kurz nach zwei. Die Sturmfront würde in drei Stunden hier sein. Bis dahin musste das Geschwader innerhalb der 10-Meilen-Zone liegen, wo das Wasser flach genug zum Ankern war. Er steckte die Uhr weg und ging nach achtern auf die Brücke zu.
    Als er die Tür beiseiteschob, wurde er von Lord Elgin herzlich empfangen. Elgin war ein rundlicher Mann von eins achtundsiebzig, der aber größer erschien. Er trug einen dicken, schwarzen, zweireihigen Mantel mit schwarzem Pelz an Ärmelsaum und Kragen. An der Brust über dem Herzen präsentierte er stolz zwei kunstvolle Silbermedaillen in Blütenform. Die obere zeichnete ihn als den 8. Earl von Elgin aus, die untere als den 12. Earl von Kincardine. Es war viel zu heiß für diesen dicken Wollmantel, doch er trug ihn als stolzer Brite der Förmlichkeit halber. Infolgedessen bedeckte ein feiner Schweißfilm sein rötliches Gesicht. Er war geboren als James Bruce, ältester Sohn aus zweiter Ehe des 7. Earl von Elgin, und wirkte sehr Respekt einflößend. Sein Gesicht war glatt rasiert bis zu dem struppigen Backenbart, der die Kinnlinie zierte. Der Kopf war kahl, nur an den Seiten und am Hinterkopf war ein Streifen dichter, weißer Haare stehen geblieben, die ihm bis über die Ohren reichten. Er war eine markante Erscheinung, legendär und stets förmlich-korrekt. Dazu besaß er einen Charme, den er wirkungsvoll einsetzte, um seinen finsteren Charakter zu verbergen.
    »Danke, dass Sie kommen, Mr. Chen«, sagte er höflich. »Sie kennen Sir Hope Grant, Lieutenant-General des Pazifik-Geschwaders.«
    Randall neigte grüßend den Kopf vor dem drahtigen Offizier, der eine große Nase, dunkle Haare und einen buschigen Schnurrbart und Koteletten hatte. Sir Hope beugte sich über den Kartentisch. Er war nicht herzlich und lächelte kaum, obwohl er dies zweifellos versuchte. Er trug die scharlachrote Jacke der King’s Dragoon Guards sowie weiße Jodhpurs und schwarze Reitstiefel. Sein weißer Tropenhelm lag neben ihm auf den Karten. An seinem weißen Lederzeug hingen ein Holster mit einschüssiger Pistole und ein Säbel mit Lederscheide.
    Außer ihm waren sechs weitere Männer anwesend: der Kapitän John Weatherall, Henry Loch und vier Seeleute, die still ihrer Arbeit nachgingen.
    »Die Flotte muss mehr Fahrt machen«, sagte Randall ohne Umschweife. »Sonst sind unsere Pläne gefährdet.«
    Lord Elgin führte Randall zum Kartentisch. »Ja, wir sprachen gerade darüber«, sagte er nachdenklich. »Sir Hope schlug ein anderes Vorgehen vor.«
    Dieser riss sich räuspernd vom Anblick des blauäugigen Chinesen los und zeigte auf die Karte. »Das Glück ist auf unserer Seite, und wir müssen den Vollmond ausnutzen. Wir werden die drei Festungen am Nordufer von vorn angehen, indem wir morgen Mittag beim höchsten Stand der Flut in die Flussmündung einlaufen. Mit unseren vielen Geschützen werden wir die äußeren Verteidigungsanlagen dem Erdboden gleichmachen. Im Schutz der Dunkelheit greifen wir an.« Sein britisches Selbstvertrauen war unbeirrt. »Bis zum Morgen haben wir die Kerle in die

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