Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
kreisförmige Grundform für die zentralen Büros von General Atomic mit der Bibliothek in der Mitte hatte ein ähnliches Ziel. Die ringförmigen Straßen und Gebäude erinnerten an orientalische Vorstellungen von Vollständigkeit, Ausgeglichenheit und Harmonie. Die gewundenen breiten Gänge förderten den Kontakt zwischen den Forschern. Tatsächlich bedeutete die unvermeidliche Geometrie, dass niemand weiter als zehn Meter einen Flur entlangsehen konnte. Das verhinderte die zufälligen Begegnungen, wenn die Wissenschaftler kamen oder gingen; sie waren außer Sichtweite, noch ehe sie von einem Kollegen richtig wahrgenommen worden waren. Der Weg zur Bibliothek oder nach draußen verlief radial; man sah niemanden. Freeman Dyson formulierte es so: »Die gewöhnliche Wechselwirkungsentfernung hier ist nicht größer als ein Fußballtor.« Doch häufig genug reichte das aus; das waren aufregende Zeiten. Erst sechs Monate vorher hatte Mariner II die Venus zum ersten Mal aus der Nähe beobachtet. Gell-Mann und andere erforschten neue Tiefen der Teilchentheorie. Im April wurde J. Robert Oppenheimer als Gewinner des Fermi-Preises der Atomenergie-Kommission nominiert. In den Augen vieler Wissenschaftler war Oppenheimer der Prügelknabe der McCarthy-Ära gewesen, 1954 war er zum Sicherheitsrisiko erklärt worden. Jetzt endlich schien die Regierung für ihr stupides Verhalten Buße zu tun. Die Vorbehalte gegen Edward Teller, der sich nicht energisch genug für Oppenheimer eingesetzt hatte, schwanden nach der Nominierung allmählich.
    Das Gefühl einer Öffnung, eines Neubeginns, war auf der politischen Bühne bereits zum Klischee geworden. Im Gefolge der Kennedys veranstalteten die Medien Theaterdonner. Vaughn Meaders LP The First Family , die sich über den Kennedy-Clan lustig machte, verkaufte sich wie von selbst; die Öffentlichkeit spürte, dass der Spott eher ein wohlgemeinter Spaß war. Die Wissenschaftler waren skeptischer, viele ordneten sich ins liberale oder radikale Lager ein, und sie machten sich Gedanken über Bobby Kennedys gewöhnlich zu beobachtende Rücksichtslosigkeit und seinen lässigen Umgang mit den gesetzlichen Feinheiten über Abhöraktionen. Aber die Zunahme der materiellen Unterstützung für wissenschaftliche Forschungsvorhaben schien nun auch für die Zukunft sicher zu sein; mit dem plötzlichen Aufbruch nach dem Sputnik-Schock hatte sie ruckartig begonnen und stieg nun linear an. Jeder wusste, dass die Kurve einmal abflachen würde, aber gewiss nicht so bald; es gab viel zu tun und wenige, die es tun konnten.
    Freeman Dyson kam nach Kalifornien. Das Princeton’s Institute for Advanced Study hatte ihn für das Orion-Projekt freigestellt. Dyson hatte einen bedeutenden Ruf als Physiktheoretiker und wurde daher eingeladen, eins der letzten Frühjahrskolloquien an der UCLO-Physikabteilung zu leiten. Gordon war erfreut. Er sollte das letzte Kolloquium des Studienjahres geben, und wenn Dyson unmittelbar vorher über einige spekulative Ideen sprach, mochte das einige der zu erwartenden Reaktionen auf Gordon ablenken.
    Dyson war unterhaltsam und humorvoll, bewegte sich wie in leichter Trance mit sanften Bewegungen vor der Tafel, überlegte sich seine Worte genau und brachte jeden Satz auf einen präzisen Punkt. Zuvor hatte er sorgsam George Feher korrigiert, als der ihn als »Doktor« vorstellte. Dyson hatte seine Promotion nie abgeschlossen und schien nun ein wenig stolz darauf zu sein – der Stolz des Briten, zumindest im formellen Sinne ein Amateur zu sein. Aber Dysons Kolloquium war alles andere als amateurhaft. Die präzisen Schaubilder, zum Teil in Farbe, glänzten durch klare Grafiken. Sie hatten einen professionellen letzten Schliff, der für Gordon die angenehmen Zutaten des Wohlstands unterstrich; in seinen ersten Columbia-Jahren waren ungelenke Skizzen und handbeschriebene Dias die Norm.
    Dyson beschrieb seine Arbeitsjahre beim Orion-Projekt und einen Plan, gewaltige Raumschiffe durch Atomexplosionen in den Himmel zu jagen. Die Explosionsenergie sollte eine »Schubplatte« treffen, die sie durch Stoßdämpfervorrichtungen an das Schiff weitergeben sollte. Auf den ersten Blick sah die Idee nach einer der absurden Maschinen von Rube Goldberg aus, aber mit Dysons Erläuterungen wurde sie plausibel. Die einzige Methode, wirklich schwere Nutzlasten im Sonnensystem umherzubewegen, war ein Atomantrieb. Im Grunde war Orion simpel und verwendete etwas, was wir schon gut konnten: wirkungsvolle Bomben

Weitere Kostenlose Bücher