Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
passenden Tuch, das um ihren Kopf gebunden war und auf der linken Seite kunstvoll herabfiel. Er sah den Mann an und spürte einen kalten Schock. Prinz Andrew. Jesus, sie konnte doch damit nicht wieder anfangen, oder? Nun ja, jetzt würde es kaum noch eine Rolle spielen.
»Ian! Bist du schon wieder raus? Squisito!«, rief Sarah aus und nahm seine Hand.
»Hole mir nur ein paar Sachen. Sie legen mich in ein Krankenhaus auf dem Land um.« Er streckte Andrew die Hand entgegen. »Guten Abend, Sir.«
»Um Himmels willen, Ian, hier müssen Sie mich doch nicht Sir nennen!«
»Andy will uns Einladungen zum Krönungsball besorgen – dem kleinen . Ist das nicht lieb von ihm?«
»Ja, sehr. Wie kommt Ihr Bruder zu Rande, Andrew?«
»Ach, ich habe ihn seit einer Woche nicht mehr gesehen. Er ist jetzt dauernd beschäftigt. Ich bin froh, dass ich den Job nicht habe. Er passt zu ihm sowieso besser als zu dem Rest von uns.«
»Oh, ich bin sicher, du würdest das großartig machen«, meinte Sarah.
Andrew schüttelte wackelig den Kopf. »Nein, das bezweifle ich. Ich habe mich oft gefragt, ob es nur Glück war, dass der Erbe so ist, wie er ist, oder ob er genau deshalb so ist, weil er der Erbe ist.«
Peterson unterdrückte eine nervöse Geste und überlegte, was er sagen sollte. War dieses Gespräch unwirklich, oder war er selbst es? »Er nimmt seine Arbeit sehr ernst«, sagte er ausdruckslos. »Bei meinen Beratungsgesprächen kam er stets sofort aufs Wesentliche.«
»Und dann sein Humor, wissen Sie«, erwiderte Andrew, als würde er sich für die Ernsthaftigkeit seines Bruders entschuldigen. Er blinzelte eulenhaft.
Peterson merkte, dass Andrew betrunken war, und zwar in genau dem Maße, in dem Mitglieder des Königshauses betrunken sein können, ohne ins Gerede zu kommen. Das hieß: ein bisschen. Sarah zog Peterson am Ärmel, erwartete, dass er mit zur Party kam. Er überlegte einen Moment und folgte ihr dann. Niemand sollte Gewicht oder Größe der Koffer bemerken, die er beim Hinausgehen tragen würde. Es war besser, Sarah und Andrew in das Partygetriebe zu begleiten und später davonzuschlüpfen. Er ließ es zu, dass Sarah ihn herumführte und ihm einige neue Gesichter vorstellte; sie gehörten zu Leuten, die ihr möglicherweise nützen konnten. Er lächelte, nickte, sagte wenig. Allmählich dämmerte ihm, dass jeder auf irgendeine Weise aufgekratzt war – betrunken, unter Drogen oder schlicht hysterisch vor hektischer Energie. Und alle redeten über den banalsten Unsinn. Er hatte einen Ansturm von Fragen über die Blüte und die Wolken erwartet, aber nicht einer wollte etwas wissen. Er bemerkte, dass er die Gäste aus einer gewissen Distanz beobachtete. So elegant und ignorant wie Schwäne. Aber er wusste, einige von ihnen mussten Zweifel haben. Erneut dieses Gefühl der Unwirklichkeit.
Es dauerte über eine Stunde, bis er seine Chance sah. Er wollte ganz sicher sein, dass Andrew seine Koffer nicht sah, deshalb wartete er, bis Sarah sich an Andrews Arm klammerte und begann, eine ihrer üblichen schamlosen Geschichten zu erzählen. In diesem Moment stahl Peterson sich durch mehrere plaudernde Gruppen, schien mitten unter ihnen, hörte in Wirklichkeit aber niemandem zu. Er achtete einzig und allein darauf, ob jemand Wichtiges ihn gehen sah. Im richtigen Augenblick trat er schnell in die Eingangshalle. Die Koffer. Als er sich umwandte, öffnete sich seine Schlafzimmertür, und ein verschwommenes, gerötetes Gesicht erschien. Bevor die Frau ihn begrüßen konnte, hatte er die Tür aufgerissen und war geflohen. Nicht der reibungslose Abschied, den er sich vorgestellt hatte, aber immer noch gut genug. Vor ihm lag Cambridge, und dann, bei Gott, könnte er Ruhe finden.
36
M arjorie saß im kleinen angemieteten Haus der Markhams und beobachtete Jan. Sie war in der Erwartung gekommen, die behutsame und zugleich tüchtige Helferin für eine verzweifelte, trauernde Freundin zu spielen, aber ihre Rollenverteilung war fast umgekehrt. Jan packte systematisch ihre Sachen. Marjorie hatte ihr angeboten, das für sie zu tun. Sie hatte das Gefühl, Jan sollte jetzt die Freiheit haben, sich aufs Bett zu legen und das Gesicht in den Kissen zu vergraben, wenn ihr danach war. Jan hatte ihre Hilfe abgelehnt; wenn sie nicht selbst packte, hatte sie gesagt, würde Marjorie nichts finden. Marjorie hatte angeboten, Tee aufzugießen. Starker, süßer Tee wirkte immer beruhigend. Aber Jan hatte keinen gewollt. Geschäftig packte sie weiter.
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