Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
sie hatte das alte Newton’sche Uhrwerk als Beispiel gewählt. Für die moderne Welt gab es keine vom Beobachter unabhängige Ticktack-Welt, keine unbeeinflussten Mechanismen, keine Möglichkeit, ein System zu beschreiben, ohne darin einbezogen zu werden. Seine Institution hatte ihm gesagt, dass keine Analyse von außen erfassen konnte, was zwischen ihnen so aufreizend und aufreibend war. Und so hatte sich sein persönlicher Kern im ausgehenden 1968 gespalten, und ein Jahr später war er Marsha Gould aus der Bronx begegnet; Marsha, klein und dunkelhäutig, und ein unvermeidliches Paradigma hatte sich erfüllt. Wenn er jetzt an die Ereignisse zurückdachte, sie in Bernstein gefangen sah, lächelte er, während Marsha neben ihm übersprudelte.
Die Westfenster des langgestreckten Raums ließen jetzt Licht wie getriebenes Kupfer hereinfallen. Die Leuchten der Sponsorengesellschaften trafen ein, aus Tradition verspätet. Gordon nickte, schüttelte Hände, plauderte gefällig. In Marshas Gesprächshalbkreis trat Ramsey, eine dünne Zigarre rauchend. Gordon begrüßte ihn mit einem verschwörerischen Zwinkern. Dann sagte ein Gesicht: »Ich wollte Sie unbedingt kennen lernen, und jetzt falle ich wohl mit der Tür ins Haus.« Gordon, in seinen Erinnerungen gefangen, lächelte interesselos, und dann sah er das selbstbeschriftete Namensschildchen des jungen Mannes: Gregory Markham . Er erstarrte, seine Hand blieb in der Luft hängen. Das Geplauder um ihn herum schwand, und deutlich konnte er sein Herz klopfen hören. Einfältig entgegnete er: »Ach, äh, ja.«
»Ich habe meine Dissertation in Plasmaphysik geschrieben, aber ich habe Tanningers Aufsätze gelesen und natürlich Ihre, und, nun, ich glaube, da wird die eigentliche, die wirkliche Physik gemacht. Ich meine, es gibt ein ganzes Bündel kosmologischer Konsequenzen, glauben Sie nicht? Mir scheint …« Und Markham, der, wie Gordon sah, nur etwa zehn Jahre jünger als er selbst war, ließ sich fortreißen, während er seine Vorstellungen zu Tanningers Arbeit skizzierte. Markham hatte ein paar interessante Anschauungen über die nichtlinearen Lösungen, Ideen, die Gordon noch nie zuvor gehört hatte. Trotz seines Schocks folgte er den technischen Teilen voller Interesse. Er konnte erkennen, dass Markham das richtige Gespür für die Arbeit hatte. Tanningers Nutzung der neuen höheren Analyse für äußere Differentialformen hatte es der älteren Physikergeneration erschwert, seinen Ideen näher zu kommen, aber für Markham stellte das kein Problem dar; er war nicht durch die mehr verbreiteten Formelsysteme gefesselt. Die essentiellen Abbilder paradoxer Kurven, die sich mit elliptischer Logik auf die Ebene physikalischer Realität herabsenkten, sichtbar nur vor dem geistigen Auge, hatte Markham gemeistert. Gordon bemerkte, dass er erregt wurde; er sehnte sich nach einem Platz, an den er sich setzen und für sich einige Argumente notieren konnte, um die gedrängten Symbole der Mathematik für ihn sprechen zu lassen. Aber dann näherte sich ein Diener mit weißen Handschuhen, nickte respektvoll, aber entschlossen und sagte: »Dr. Bernstein, wir bitten nun um Ihre Anwesenheit.« Markham zuckte die Achseln, grinste schief und war, so schien es, in Sekundenbruchteilen in der Menge untergetaucht. Gordon sammelte sich und nahm Marshas Arm. Der Diener machte den Weg für sie frei. Gordon drängte es plötzlich, nach Markham zu rufen, ihn zu finden, ihn zum Abendessen einzuladen, den Mann nicht davonschlüpfen zu lassen. Aber irgendetwas hielt ihn zurück. Er fragte sich, ob dieses Ereignis, dieses zufällige Treffen, den Rahmen der Paradoxe bilden könnte – aber nein, das ergab keinen Sinn, der Bruch hatte 1963 stattgefunden, natürlich, ja. Dieser Markham war nicht der Mann, der im fernen Cambridge rechnen und argumentieren würde. Der Markham, den er gerade gesehen hatte, würde nicht bei einem Flugzeugabsturz sterben. Die Zukunft würde anders sein.
Ein verblüffender Ausdruck zuckte über sein Gesicht, seine Bewegungen wurden hölzern.
Sie begegneten dem Minister für Gesundheit, Erziehung und Soziales, einem Mann mit einer langen, sich verjüngenden Nase und einem spitzen Mund; beide zusammen bildeten ein fleischiges Ausrufezeichen. Der Diener führte sie alle zu einem kleinen Privataufzug, in dem sie unruhig nahe beieinander standen – innerhalb unserer persönlichen Grenzräume, stellte Gordon abwesend fest -, und der Minister gab polternde Einzeiler von sich, jeder
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