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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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bedeutete einen Lehrstuhl. Gordon hatte als Assistenzprofessor der Stufe I begonnen und war bemerkenswert schnell innerhalb eines Jahres in Stufe II gekommen. Meist lagen zwei Jahre zwischen jeder Stufe. Sobald er Assistenzstufe II erreicht hatte, konnte er zum a.o. Stufe I befördert werden, obwohl die typische Laufbahn über Assistenz IV führte, bevor der Sprung zum Lehrstuhlinhaber gelang. Aber jetzt machte er nicht einmal den normalen Schritt von II nach III. Eine schlechte Voraussetzung für die Zukunft, wenn es einmal um die Lehrstuhlfrage ging.
    Ein Gefühl der Kälte kroch von seinen Beinen in seine Brust, als Tulare sagte: »Natürlich müssen Sie in jedem Bereich behutsam vorgehen, Gordon.« Jeder Wissenschaftler, fuhr der Kanzler fort, müßte seinen eigenen Erlebnissen kritisch gegenüberstehen. Und dann kam Tulare sogar zu der Einstein-Anekdote mit dem Notizbuch: »Und Einstein sagte: ›Ich habe meine Zweifel. Ich hatte in meinem Leben nur zwei oder drei gute Einfälle.‹« Vergnügt schlug Tulare auf den Schreibtisch. Er war erleichtert, ein schwieriges Gespräch in diese heitere Bahn wenden zu können. »Sie sehen, Gordon – nicht jeder Einfall ist ein guter.«
    Gordon lächelte dünn. Er hatte die Anekdote Boyle und den Carroways erzählt, und sie hatten dagesessen und gelacht. Zweifellos hatten sie sie schon vorher gehört. Sie hatten einfach einem jungen Fakultätsmitglied applaudiert, das als Clown auftrat.
    Mit merkwürdig schwachen Beinen stand er auf. Ohne einen wahrnehmbaren Grund atmete er heftig. Mit ein paar gemurmelten Worten drehte er sich um. Er wußte, die verweigerte Beförderung müßte ihm ernstliche Sorgen bereiten, aber im Moment konnte er nur an die Carroways, an ihr Lächeln und an seine eigene Dummheit denken.

 
– 26 –
7. Juli 1963
     
     
    Während des Sommers wandelte sich ihr Tagesrhythmus. Penny schlief länger, und Gordon wachte vor ihr auf. Er entschloß sich, an dem Trainingsprogramm der Canadian Air Force festzuhalten, und die beste Zeit dafür waren die frühen Morgenstunden, wenn der Wind’n Sea-Strand verlassen dalag. Zu Hause machte er die Übungen nie gern, vor allem nicht, wenn Penny dabei war. Er ging gern zu dem weißen Strand, dessen Sand von der nächtlichen Flut gesäubert worden war, und absolvierte das Trainingsprogramm, wenn die Sonne im Osten über dem Mount Soledad aufging. Dann lief er so weit wie möglich am Strand entlang. Jede kleine Bucht war eine kleine enge Welt, die Schatten wurden kürzer, wenn die Sonne stieg. In den blauen Schatten kühlte seine schweißbedeckte Haut ab, die dichte Ozeanluft hatte ein spürbares Gewicht, wenn er sie keuchend einatmete, während seine Beine über den Sand pochten und merkwürdige Geräusche erzeugten, die so klangen, als fielen Holzstücke auf einen Eichenboden. Als Kind war er so die welligen Strände von New Jersey entlanggerannt. Nachdem die Krankheit seines Vaters begonnen hatte, hatte Onkel Herb ihn oft dorthin mitgenommen. Wenn Jersey im Sommer überfüllt war, nahm Onkel Herb ihn in seinem gelben Studebaker mit nach Long Island. Seine Mutter hatte immer von den Leuten geredet, die dort draußen wohnten – von Leuten, die ein eigenes Grundstück besaßen –, als handelte es sich um eine eigene Rasse. Als Onkel Herb ihn zum erstenmal mitgenommen hatte, wollte Gordon wissen, ob sie Verwandte besuchten; er hoffte, eine Verbindung zu diesen mythischen Menschen herstellen zu können. Onkel Herb hatte sein bellendes Gelächter erschallen lassen und dann geantwortet: »Klar, ich werde Mister Gatsby besuchen, hast du das nicht gewußt?« Und dabei hatte er aufs Blech des großen gelben Autos geschlagen. Während der ganzen Fahrt hielt Gordon den Arm zum Fenster hinaus. Die Sommerbrise strich sanft über die schwarzen Haare. In diesem Sommer waren die Haare auf seinen Armen deutlicher sichtbar geworden. Nach einem Vergleich mit Onkel Herbs Armbehaarung stellte Gordon fest, daß er bemerkenswerte Fortschritte gemacht hatte. Es dauerte sechs Jahre, bis er die rätselhafte Bemerkung über Gatsby verstand. Als er das Buch las – und den von seiner Mutter angebotenen Malamud ausschlug –, konnte er sich schon nicht mehr an die großen Häuser auf Long Island erinnern. Die Strände dort, das wußte er noch, waren schmal und steinig, ein bleicher Randstreifen, dem die großen erschlossenen Grundstücke immer näher rückten. Viel Abwechslung gab es dort nicht. Kinder bauten Sandburgen, die von ihren Eltern

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