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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Vorsicht entging ihnen das Unerwartete – und der Nobelpreis.
     
    In der Juliausgabe von Physics Today fand sich ein Beitrag über spontane Resonanz. Ein Beispiel für die Datenaufnahme war aus dem Aufsatz in Physical Review Letters genommen worden. Lakin wurde ausführlich zitiert. Der Effekt, so sagte er, »verspricht, uns eine neue Art der Interaktion zu zeigen, die in Verbindung vom Typ III-V, beispielsweise Indium-Antimonid, auftreten kann – und vielleicht in allen Verbindungen, wenn die Experimente empfindlich genug sind, diesen Effekt zu erfassen«. Die erkennbaren Korrelationen zwischen den Zeiten, in denen spontane Resonanzen auftauchten, wurden nicht erwähnt.
    Gordon entschloß sich, das Phänomen der »spontanen Resonanz« erneut in Angriff zu nehmen. Die Signal-Theorie ergab für ihn einen Sinn – irgend etwas war da –, aber die Ablehnung seiner Kollegen konnte nicht ignoriert werden. Okay, vielleicht hatten sie recht. Vielleicht führte ihn eine Folge bizarrer Zufälle zu der Ansicht, daß in den Daten verschlüsselte Worte steckten. Was wäre die Erklärung in diesem Fall? Lakin fürchtete, die Signal-Theorie würde den Blick für das eigentliche Problem trüben. Okay, angenommen, Lakin hatte recht. Angenommen, alle hätten recht. Welche anderen Erklärungen waren möglich?
    Er arbeitete einige Wochen an Alternativen. Die Theorie, die Coopers ursprünglichem Experiment zugrunde lag, war nicht sonderlich tiefschürfend. Gordon prüfte sie durch, nahm sich die Annahmen vor, rechnete die Integrale nach, untersuchte jeden einzelnen Schritt. Einige neue Ideen nahmen Gestalt an. Er überprüfte jede im Detail mit Gleichungen und Bewertungen der Größenordnung. Die frühere Theorie hatte einige mathematische Begriffe ausgeschieden. Er studierte sie und suchte nach Möglichkeiten, wie sie plötzlich doch nicht mehr belanglos waren und dadurch die Theorie in Frage stellten. Nichts schien seine These zu stützen. Erneut las er die Originalaufsätze, hoffte auf einen intuitiven Hinweis. Pake, Korringa, Overhauser, Feher, Clark… die Aufsätze waren klassisch, unangreifbar. Die kanonische Theorie ließ keine sichtbaren Schlupflöcher.
    Er saß gerade an seinem Schreibtisch über einer Berechnung, als das Telefon klingelte. »Dr. Bernstein?« fragte die Abteilungssekretärin.
    »Hm«, erwiderte er abwesend.
    »Professor Tulare möchte Sie gerne sehen.«
    »Okay.« Tulare war Kanzler. »Wann, Joyce?«
    »Wenn möglich, jetzt.«
    Als Joyce ihn in den langen, spärlich ausgestatteten Raum führte, las der Kanzler in einer Akte. Einer Personalakte, wie Gordon erkannte. Er sollte bald bestätigt bekommen, daß es seine war.
    »Kurz gesagt«, begann Tulare, »muß ich Ihnen mitteilen, daß Ihre Beförderung… äh… umstritten ist.«
    »Ich dachte, es wäre nur Formsache. Ich meine…«
    »Gewöhnlich ja. Die Abteilungsversammlung berät nur über Beförderungen vom Assistenzprofessor zum außerordentlichen Professor, oder vom außerordentlichen zum ordentlichen Professor.«
    »Hmm.«
    »Eine Beförderung wie in Ihrem Fall vom Assistenzprofessor Stufe II zu Stufe III erfordert nicht das Votum der gesamten Abteilung. Wir befragen gewöhnlich nur die leitenden Kollegen in der Gruppe des Kandidaten nach ihrer Meinung. Ich fürchte…«
    »Lakin hat sein Veto eingelegt, nicht?«
    Alarmiert blickte Tulare auf. »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber gemeint haben Sie es.«
    »Einzelmeinungen will ich nicht diskutieren.« Einen Moment wirkte Tulare besorgt. Dann lehnte er sich zurück und musterte die Spitze seines Bleistifts, als läge dort eine Lösung verborgen. »Aber Ihnen ist doch klar, daß… die Ereignisse der letzten Monate bei Ihren Fakultätskollegen nicht dazu beigetragen haben, ihr Vertrauen in Sie zu stärken.«
    »Das war zu erwarten.«
    Tulare äußerte eine Reihe von Überlegungen über wissenschaftliche Glaubwürdigkeit und blieb sehr vage. Gordon hörte zu, da er hoffte, etwas daraus erfahren zu können. Tulare war ein anderer Typ als die normalen Universitätsverwalter; er liebte seine eigene Stimme, und diese kleine Vorlesung war eher ein Verteidigungsmechanismus als eine Rede. Trotz seines neu gewonnenen Schwungs spürte Gordon, wie ihm das Herz in die Hose rutschte. Das war eine ernste Entwicklung. Eine Regelbeförderung war reine Routine, Probleme gab es nur in wirklich fragwürdigen Fällen. Die Nagelprobe war der Sprung vom Assistenzprofessor zum außerordentlichen Professor – denn das

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