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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Er drehte am Radio und fand einen Sender, auf dem ein Stakkato-Ansager die Statistiken der beiden Boxer verlas. »Es wird nicht im Fernsehen übertragen. Fahr in die Pacific Beach, bitte. Wir essen auswärts. Ich möchte das hören.« Penny nickte schweigend, und Gordon spürte ein seltsames Gefühl der Erleichterung. O ja, es war gut, von seinen eigenen Problemen loszukommen und zuzuhören, wie zwei Männer sich gegenseitig zu Brei schlugen. Seit er zehn war, hatte er von seinem Vater die Angewohnheit übernommen, die Kämpfe zu verfolgen. Sie saßen in den weichen Polstersesseln im Wohnzimmer und lauschten den erregten Stimmen, die aus dem großen altmodischen Motorola in der Ecke kamen. Die Augen seines Vaters zuckten hin und her, er sah die Fausthiebe und Finten, die tausend Meilen entfernt geschildert wurden. Dad war damals schon übergewichtig, und wenn er unbewußt zu einem imaginären Fausthieb ausholte und den rechten Ellbogen vorzucken ließ, schwabbelte das Fett auf seinem Oberarm. Selbst durch das weiße Hemd seines Vaters konnte Gordon die fleischige Haut sehen, und er achtete darauf, ob die Asche von seiner Zigarre abfiel und zu einem grauen Fleck auf dem Teppich zerkrümelte. Es geschah mindestens einmal bei jedem Kampf, und dann begann seine Mutter mitten in der Übertragung zu schimpfen und ging hinaus, um das Kehrblech zu holen. Wenn ein guter Treffer geschildert wurde oder jemand zu Boden ging, zwinkerte sein Dad ihm zu, und Gordon grinste zurück. Er erinnerte sich jetzt wieder an das Summen des sommerlichen Verkehrs zwischen 12th Street und Second Avenue und an die Schweißflecken, die sein Vater nach jedem Kampf unter den Achselhöhlen hatte. Anschließend tranken sie Cola. Es war eine schöne Zeit gewesen.
     
    Als sie das Limehouse betraten, zeigte Gordon auf einen entfernten Tisch und sagte: »Sieh mal, die Carroways. Wie sieht der Durchschnitt damit aus?«
    »Sieben von zwölf«, erklärte Penny.
    Die Carroways waren bekannte Astronomen, ein englisches Ehepaar, das vor kurzem von der Physikabteilung verpflichtet worden war. Sie arbeiteten in vorderster Reihe der Untersuchungen und beschäftigten sich mit der jüngsten Entdeckung quasistellarer Quellen. Elizabeth war die Beobachterin und verbrachte viel Zeit im nahe gelegenen Palomar, wo sie Tiefenaufnahmen herstellte und nach weiteren roten Lichtpunkten suchte. Die Rotverschiebungen wiesen darauf hin, daß die Lichtquellen sehr weit entfernt und daher unglaublich leuchtstark waren. Bernard, der Theoretiker des Paars, hielt es für ziemlich wahrscheinlich, daß es gar keine fernen Galaxien waren. Er arbeitete an einem Modell, das die Lichtquellen als abgestoßene Teilstücke unserer eigenen Galaxis ansah, die sich fast mit Lichtgeschwindigkeit von uns entfernten und daher Rotverschiebungen aufwiesen. Jedenfalls hatte keiner von beiden Zeit zum Kochen, und sie schienen die selben Restaurants zu mögen, die Gordon und Penny besuchten. Gordon hatte diese Korrelation festgestellt und Penny führte die Statistik.
    »Der Resonanzeffekt scheint Bestand zu haben«, bemerkte Gordon im Vorbeigehen zu Bernard. Elizabeth lachte und stellte sie dem dritten Gast am Tisch vor, einen stämmigen Mann, der, wenn er sprach, sein Gegenüber bohrend anschaute. Bernard forderte sie auf, an ihrem Tisch Platz zu nehmen, und schon bald drehte sich das Gespräch um die Astrophysik und die Kontroverse um die Rotverschiebungen. Während der Unterhaltung bestellten sie die exotischsten Gerichte, die sie auf der Karte finden konnten. Das Limehouse war eher ein zweitklassiges chinesisches Restaurant, aber es war das einzige in der Stadt, und die Wissenschaftler waren sich einig, daß auch ein zweitklassiges chinesisches einem erstklassigen amerikanischen Restaurant vorzuziehen sei. Gordon sinnierte gerade, ob das ein Ergebnis der Internationalisierung der Wissenschaft sein mochte, als ihm plötzlich bewußt wurde, daß er den Namen des Mannes nicht richtig verstanden hatte. Er war John Boyle, der berühmte Astrophysiker, der auf eine Vielzahl von Erfolgen zurückblicken konnte. Überraschungen wie diese, daß man die Besten der wissenschaftlichen Gemeinde treffen konnte, machten La Jolla zu dem, was es war.
    Er freute sich sehr, als Penny ein paar witzige Bemerkungen machte und Boyle, dessen Augen sie prüfend musterten, laut lachte. Das war etwas, das seine Mutter beeindrucken würde: Begegnungen mit großen Namen – und aus eben diesem Grund beschloß er, ihr nichts

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