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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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dann ängstlich, dann zügellos, entsetzt von seiner sinnlichen Ignoranz, überrascht von seinen plötzlichen Energieausbrüchen und dann von sanfter, streichelnder Anmut, wenn er neben ihr ermattet zusammensank.
    Irgendwo spielte irgend jemand ein leises Lied, Peter, Paul und Mary: »Lemon Tree«.
    »Du bist verflixt gut«, sagte Penny. »Auf einer Skala von eins bis zehn bekämst du eine Elf.«
    Stirnrunzelnd dachte er über diese Aussage nach. »Nein, wir sind gut. Du kannst die Aufführung nicht von den Darstellern trennen.«
    »Ach, du bist so analytisch.«
    Wieder runzelte er die Stirn. Er wußte, mit den widersprüchlichen Mädchen an der Ostküste wäre es anders geworden. Oraler Sex wäre eine verzwickte Angelegenheit, zu der viele Vorverhandlungen, falsche Versuche und Worte gehörten, die nicht recht passend wären, mit denen man sich aber behelfen mußte: »Wie wäre es, wenn, nun…« und »Wenn es das ist, was du möchtest…« – und alles führte nur zu ungelenken Ergebnissen, überall Ellenbogen und unbequeme Positionen, die man, wenn man einmal soweit war, aus schierer unausgesprochener Verlegenheit nicht mehr zu ändern wagte. Mit den überspannten Mädchen, die er gekannt hatte, wäre es so geschehen. Mit Penny nicht.
    Er blickte auf sie und dann auf die Holzwände hinter ihr. Ein Ausdruck verwirrter Sorge huschte über sein Gesicht. Er wußte, jetzt müßte er eigentlich weltmännischer und locker sein, aber ihm schien es wichtiger, seinen Standpunkt zu vertreten: »Nein, nicht du oder ich«, wiederholte er. »Wir sind es.«
    Sie lachte und knuffte ihn.

 
– 8 –
14. Oktober 1962
     
     
    Gordon blätterte den Stapel Post aus seinem Fach durch. Werbung für ein neues Musical, Stop the World – I want to Get Off, von seiner Mutter geschickt. Nicht sehr wahrscheinlich, daß er zur Herbstpremiere am Broadway sein würde; er ließ den Prospekt in den Papierkorb fallen. Etwas, das sich »Aktion saubere Literatur« nannte, hatte ihm eine knallbunte Broschüre geschickt, in der detailliert die Exzesse in Die Unersättlichen und Millers Wendekreis des Steinbocks beschrieben wurden. Interessiert las Gordon die Auszüge. In diesem Dickicht sich öffnender Schenkel, quälender Orgasmen und zielgerichteter Gymnastik konnte er nichts erkennen, was das Staatswesen korrumpieren könnte. Aber General Edwin Walker war da anderer Meinung, und Barry Goldwater trat als Gelehrter in Erscheinung, der in gesetzten Worten vor der Erosion des öffentlichen Bewußtseins durch private Laster warnte. Dann der übliche Unsinn über die Analogie zwischen den Vereinigten Staaten und dem Niedergang des römischen Reiches. Gordon kicherte und warf das Heft weg. Hier im Westen bestand eine gänzlich andere Zivilisation. Eine Gruppe, die nach Zensur rief, würde an der Ostküste niemals Universitätsangehörige um Beiträge angehen; sie würden wissen, daß es vergeblich wäre, reine Papierverschwendung. Vielleicht glaubten diese Einfaltspinsel hier, der Vergleich mit dem römischen Reich würde sogar Dozenten gefallen. Gordon überflog die neueste Ausgabe der Physical Review und hakte die Aufsätze ab, die er später lesen wollte. Claudia Zinnes’ interessanter Beitrag über Nuklearresonanzen enthielt sauberes Datenmaterial; die alte Gruppe in Columbia bewahrte sich ihren guten Ruf.
    Gordon seufzte. Vielleicht hätte er nach dem Examen in Columbia bleiben sollen, anstatt so früh den Sprung auf eine Stelle als Assistenzprofessor zu tun. La Jolla war eine dynamische, wettbewerbsintensive Universität, hungrig nach Ruhm und »Leistung«. Ein örtliches Magazin veröffentlichte monatlich eine Kolumne mit dem Titel Eine Universität auf ihrem Weg zur Größe, voll mit lärmender Reklame und Fotos von Professoren, die komplizierte Instrumente studierten oder über eine Gleichung angestrengt nachdachten. Kalifornien auf dem Weg zu den Sternen, Kalifornien auf dem Sprung nach vorn, Kalifornien, das Geist für Geld kauft. Sie hatten Herb York, damals Abteilungschef im Verteidigungsministerium, als ersten Kanzler an die Universität geholt. Harold Urey war gekommen, und die Mayers, dann Keith Brueckner, der Nukleartheoretiker, dessen tröpfelnde Erfolge inzwischen zu einem steten Strom angewachsen waren. In solchen Gewässern war ein junger Assistenzprofessor in seinem Job so sicher wie ein lebender Köder.
    Gordon ging durch die Flure des dritten Stockwerks und betrachtete die Namen auf den Türen. Rosenbluth, der

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