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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Hunger.«
    »Hä?« Er war perplex – denn er hatte Hunger.
    »Ich gehe zu einer Versammlung.«
    »Wozu?«
    »Eine Versammlung eben.«
    »Wofür?« beharrte er.
    »Für Goldwater.«
    »Was?«
    »Vielleicht hast du von ihm gehört. Er bewirbt sich um die Präsidentschaft.«
    »Du machst Witze.« Reglos verharrte sein Fuß in der Luft, den er gerade ins Hosenbein stecken wollte. Ihm fiel auf, wie komisch das aussehen mußte, und er zog die Hose an. »Er ist ein einfältiger…«
    »Spießer?«
    »Lassen wir es einfach bei einfältig.«
    »Hast du Das Gewissen eines Konservativen jemals gelesen? Er hat eine Menge darin zu sagen.«
    »Nein, hab’ ich nicht. Aber wenn man einen Kennedy hat, den Vertrag über den Stop von Atomversuchen und einige wirklich neue Ideen in der Außenpolitik, die Allianz für den Fortschritt…«
    »Plus Schweinebucht, Berliner Mauer, seinen schweinsäugigen kleinen Bruder…«
    »Ach komm! Goldwater ist nur ein Spielball des großen Geldes.«
    »Er wird die Kommunisten bremsen.«
    Gordon setzte sich aufs Bett. »Du glaubst diesen Kram doch nicht etwa?«
    Penny zog die Nase kraus, und wie Gordon wußte, war das ein Hinweis darauf, daß sie sich ihre Meinung gebildet hatte. »Wer hat unsere Jungs nach Südvietnam geschickt? Und wie war das mit Cliff und Bernie?«
    »Wenn Goldwater rankommt, werden eine Million Cliffs und Bernies rübergeschickt.«
    »Goldwater wird dort drüben gewinnen, nicht nur rumspielen.«
    »Penny, drüben kommt es darauf an, unsere Verluste zu verringern. Warum sollten wir einen Diktator wie Diem unterstützen?«
    »Ich weiß nur, daß meine Freunde getötet werden.«
    »Und Big Barry wird das alles ändern.«
    »Sicher. Ich halte ihn für zuverlässig. Er wird den Sozialismus in unserem Land aufhalten.«
    Gordon lehnte sich aufs Bett zurück und gab ein ungläubiges Huili von sich. »Penny, ich weiß, du hältst mich für eine Art New Yorker Kommunisten, aber ich kann nicht verstehen…«
    »Ich bin schon spät dran. Linda hat mich zu der Cocktailparty für Goldwater eingeladen, und ich gehe hin. Kommst du mit?«
    »Herrgott, nein!«
    »Okay, ich gehe.«
    »Du bist eine Literaturstudentin, die für Goldwater ist? Also wirklich!«
    »Ich weiß, ich passe nicht in deine Stereotypen, aber das ist dein Problem, Gordon.«
    »Mein Gott!«
    »In ein paar Stunden bin ich zurück.« Sie kämmte sich, musterte ihren Faltenrock mit kritischem Blick und verließ das Schlafzimmer mit entschlossenem Schritt. Gordon lag auf dem Bett und sah ihr nach. Er wußte nicht, ob sie es ernst meinte oder nicht. Sie schlug die Haustür so kraftvoll zu, daß sie klirrte, und er kam zu dem Schluß, daß sie es ernst meinte.
     
    Es war von Anfang an eine ungleiche Paarung gewesen. Sie hatten sich bei einer Wein-und-Chips-Party in einem Strandhaus an der Propect Street, hundert Meter vom La Jolla Museum entfernt, kennengelernt. (Als Gordon zum erstenmal im Museum war, hatte er das Schild nicht gesehen und geglaubt, sich in einer der vielen Galerien zu befinden – wenn auch in einer, die etwas besser war; das Met und das Institut als Museum zu bezeichnen, schien ein Witz.) Sein erster Eindruck von ihr galt ihrem klaren Äußeren; blendende Zähne, makellose Haut, leicht zu pflegendes Haar. Ein Kontrast zu den dünnen, widersprüchlichen Frauen New Yorks, die er getroffen hatte (er war ihnen »begegnet«, damals ein Modewort) und von denen er schließlich abgeschreckt worden war. Penny schien eindeutig und offen, zu lockeren Gesprächen fähig und unbeeinflußt von den vorgefertigten Meinungen der New York Times oder der Seminare über »Das, was wichtig ist.« In einem geblümten Cocktailkleid mit einem rechteckigen Halsausschnitt, dessen strenge Linienführung durch eine Perlenkette abgeschwächt wurde, sandte ihre leuchtendbraune Haut warme Strahlen aus, die in dem trüben Licht durch ihn hindurchflossen; Leben von einem fremden Stern. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits eine Flasche schlechten Rotweins in sich und überschätzte wahrscheinlich den Zauber des Augenblicks, aber sie schien in der Düsternis des Raums zu leuchten. Bei besseren Lichtverhältnissen wären sie vielleicht nicht so gut miteinander ausgekommen. Aber damals war sie gewandt und kunstvoll, anders als jede Frau, die er bis dahin kennengelernt hatte. Ihre flachen kalifornischen Vokale wirkten nach der gezierten Sprache des Ostens wie eine Erleichterung, und ihre Sätze gingen ihr mit gelassener Vollkommenheit über die

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