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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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schließlich nur ein unvollständiges Testfahrzeug.
    Ist das ein Problem für Sie?«
    »Ich muß gestehen, daß ich von der Aussicht nicht sehr angetan bin, in der Zeit die Orientierung zu verlieren«, meinte ich, »aber – nein – ist ja auch gar nicht so wichtig... man kann schließlich immer noch die Eingeborenen fragen!«
    »Das Prinzip eines ZVF ist ganz einfach«, verkündete Gödel. »Das Plattnerit
    durchdringt über ein Netz von Kapillaren das Chassis des Fahrzeugs. Es bildet eine Art Kreislauf... Wenn man diesen Kreis schließt, kann man in die Zeit reisen. Verstehen Sie? Die meisten Instrumente, die Sie vor sich sehen, beziehen sich auf den Benzinmotor, das Getriebe usw.; das Fahrzeug kann nämlich auch als normaler
    Motorwagen eingesetzt werden. Aber um den Zeitkreis zu schließen, gibt es am Instrumentenbrett einen blauen Schalter. Sehen Sie ihn?«
    »Ich sehe ihn«, bestätigte ich.
    Jetzt hatte Moses die letzte der Verschlußkappen wieder aufgeschraubt, und er ging um den Wagen herum zum Heck. Er kletterte herein, legte den Schraubenschlüssel auf den Boden und hämmerte mit den Fäusten gegen die Innenwandung.
    »Eine gute, robuste Konstruktion«, stellte er befriedigt fest.
    »Ich glaube, daß wir reisefertig sind«, sagte ich.
    »Aber wohin – wann – sollen wir überhaupt gehen?«
    »Kommt es darauf denn an? Weg von hier – das ist alles, was zählt. In die Vergangenheit – um eine Richtigstellung der Dinge zu versuchen...
    Moses, wir haben im zwanzigsten Jahrhundert nichts mehr verloren. Wir müssen jetzt einen weiteren Sprung in die Dunkelheit wagen... Unser Abenteuer ist noch nicht vorbei!«
    Sein verwirrter Blick verschwand, und ich sah eine unbeirrbare Entschlossenheit an seine Stelle treten; seine Kiefermuskeln spannten sich an. »Dann laßt es uns tun oder zum Teufel gehen!«
    »Ich glaube, daß wir mit großer Wahrscheinlichkeit dorthin gehen werden«, ora-kelte Nebogipfel.
    »Professor Gödel – steigen Sie schon ins Fahrzeug«, rief ich.
    »O nein«, wehrte er ab und hielt die Hände hoch. »Mein Platz ist hier.«
    Moses schob sich hinter mir in die Kabine. »Aber um uns herum fällt London in Schutt und Asche – die deutschen Geschütze stehen nur noch ein paar Meilen entfernt – es ist kaum ein sicherer Ort, Professor!«
    »Ich beneide Sie natürlich«, konzedierte Gödel. »Daß Sie diese verdammte Welt mit ihrem verdammten Krieg verlassen...«
    »Ich habe eine Frau«, sagte er. Sein Gesicht war ein bleicher Fleck im Kerzenlicht.
    »Wo ist sie?«
    »Ich habe sie verloren. Es ist uns nicht gelungen, zusammen wegzukommen. Ich glaube, daß sie noch in Wien ist... Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie ihr als Strafe für mein Überlaufen etwas antun würden.«
    In seiner Stimme schwang ein fragender Unterton mit, und ich realisierte, daß dieser äußerst logische Mann in diesem extremen Moment höchst unlogische
    Überlegungen anstellte! »Nein«, sagte ich, »ich bin sicher, daß sie...«
    Aber ich brachte meinen Satz nie zu Ende, denn – nicht einmal mit einem Pfeifen in der Luft als Vorwarnung – schlug eine weitere Granate ein, und diesmal so dicht wie noch nie zuvor!
    Im letzten Flackern unserer Kerze sah ich, wie in einem kaleidoskopartigen Auf-blitzen gefrorener Zeit die westliche Wand der Werkstatt eingedrückt wurde – einfach so; sie verwandelte sich in weniger als einem Herzschlag aus einer glatten, fugenlosen Struktur in eine sich aufblähende Wolke aus Bruchstücken und Staub.
    Dann stürzten wir in die Dunkelheit.
    Das Fahrzeug erbebte, und – »Runter!« schrie Moses – ich duckte mich – und ein tödlicher Hagel aus Steinsplittern prasselte auf die Hülle des Zeit-Fahrzeugs.
    Nebogipfel kam nach vorne; ich nahm seinen süßlichen Gestank wahr bevor er
    mich erreichte. Seine weiche Hand legte sich auf meine Schulter. »Leg den Schalter um«, verlangte er.
    Ich schielte durch den Sehschlitz – und natürlich in völlige Dunkelheit. »Was ist mit Gödel?« schrie ich. »Professor!«
    Es kam keine Antwort. Statt dessen hörte ich nur über dem Fahrzeug ein ominö-
    ses und schweres Knacken, und dann regneten Betonbrocken herab.
    »Betätige den Schalter«, forderte Nebogipfel mich eindringlich auf. »Hörst du denn nicht? Das Dach stürzt ein – und wir werden noch von ihm erschlagen!«
    »Ich mache es«, sagte da Moses. Ich hörte in der finsteren Dunkelheit seine Stiefel über die Bodenbretter des Fahrzeugs trampeln, als er sich zum rückwärtigen

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