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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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übersät.
    Vor meinen Augen schienen die Felsen durch die Landschaft zu wandern und dabei langsam bergauf zu schlittern und zu rollen; hierbei handelte es sich sicher um einen merkwürdigen Effekt der Erosion des Landes.
    »Wie lange war ich ohne Bewußtsein?« »Nicht lange. Vielleicht eine halbe Stun-de.« »Und bringt uns das Zeit-Fahrzeug in die Zukunft?«
    »Wir dringen in die Vergangenheit ein«, antwortete der Morlock. Er wandte mir sein Gesicht zu, und ich sah, wie seine eleganten Bewegungen durch die Schläge, die ich ihm vor kurzem versetzt hatte, zu einem steifen Rucken reduziert worden waren. »Ich bin mir da ziemlich sicher. Ich habe streiflichtartig die Rückentwicklung von London mitverfolgt – sein Schrumpfen, zurück zu den historischen An-fängen... Anhand der Intervalle zwischen den Eiszeiten würde ich sagen, daß wir in jeder Minute etliche Jahrzehntausende zurücklegen.«
    »Vielleicht sollten wir mal nachschauen, wie wir den freien Fall dieses Fahrzeugs in die Geschichte aufhalten können. Wenn wir ein geeignetes Zeitalter finden...«
    »Ich glaube nicht, daß wir den Flug durch die Zeit in irgendeiner Weise beenden können.«
    »Was?«
    Der Morlock breitete die Hände aus – ich sah, daß das Haar auf den Handrücken mit Rauhreif bedeckt war – und dann stürzten wir aufs neue in eine dunkle eisige Gruft, und seine Stimme drang aus der Finsternis zu mir herüber. »Bedenke, daß das hier ein primitives, unvollendetes Testfahrzeug ist. Viele der Instrumente und Anzeigen sind noch gar nicht angeschlossen; und diejenigen, die angeschlossen sind, scheinen zum größten Teil nicht zu funktionieren. Selbst wenn wir diese Mängel beheben könnten, ohne das Fahrzeug zu zerstören, wüßte ich nicht, wie wir die Kabine verlassen und an die interne Mechanik gelangen sollten.«
    Wieder tauchten wir aus dem Eis in diese umgestaltete Tundra ein. Nebogipfel betrachtete mit einiger Faszination die Landschaft. »Stell dir nur mal vor: die Fjor-de Skandinaviens sind noch nicht ausgefräst, und die Seen Europas und Nordamerikas – die sich aus geschmolzenem Eis gebildet haben – liegen noch in der Zukunft.
    Wir haben bereits die Schwelle der Menschheitsgeschichte überschritten. In Afrika könnten wir auf Stämme der Australopithecinen stoßen – einige plump,
    einige grazil, einige fleischfressend, aber alle mit aufrechtem Gang und affenähnlichen Merkmalen: eine kleine Hirnschale und große Kiefer und Zähne...«
    Eine große, kalte Einsamkeit legte sich über mich. Ich war zwar auch zuvor
    schon in der Zeit gestrandet, aber ich konnte mich nicht erinnern, die Isolation in dieser Intensität empfunden zu haben! Stimmte es – konnte es denn stimmen, daß Nebogipfel und ich, in unserem beschädigten Zeit-Fahrzeug, die einzigen Kerzenlichter der Intelligenz auf diesem ganzen Planeten darstellten?
    »Wir haben die Sache also nicht unter Kontrolle«, folgerte ich. »Wir können
    nicht anhalten, bis wir den Beginn der Zeit erreichen...«
    »Ich bezweifle, daß wir überhaupt so weit kommen«, meinte Nebogipfel. »Das
    Plattnerit muß nämlich eine endliche Kapazität haben. Es kann uns nicht für immer tiefer in die Zeit zurückschleudern; irgendwann muß es sich selbst aufgezehrt haben. Wir können nur beten, daß das geschieht, bevor wir die Erdzeitalter des Ordo-voziums und Kambriums erreichen – bevor wir in einer Epoche landen, die uns
    keinen Sauerstoff bereitstellen kann.«
    »Das sind ja wirklich herrliche Aussichten«, kommentierte ich. »Und es kann eigentlich nur noch schlimmer werden, wie ich vermute.«
    »Wie?«
    Ich zog meine steifen Beine unter mir hervor und setzte mich auf den kalten, ge-rippten Metallboden. »Wir haben nicht die geringsten Vorräte. Kein Wasser, keine Nahrungsmittel. Und wir sind beide verletzt. Wir haben nicht einmal warme Kleidung! Wie lange können wir wohl überleben, in dieser gefrierenden Zeitmaschine?
    Ein paar Tage? Weniger?«
    Nebogipfel antwortete nicht.
    Wir passierten noch eine kurze, brutale Eiszeit; und dann tauchten wir in einen langen, düsteren Winter ein. Die Jahreszeiten überzogen das Land noch immer
    flackernd mit Schnee und Eis, aber das Zeitalter des Permafrostes lag jetzt in der Zukunft. Ich stellte jetzt im Laufe der Jahrtausende kaum noch Veränderungen an der Landschaft fest: vielleicht hier und da noch eine langsame Anreicherung der Struktur des verwaschenen Grüns, das die Hügel bedeckte. Ein riesiger Schädel –
    der mich an den eines

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