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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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große Maschine war, dafür ausgelegt, solche Unbilden wie dieses Unwetter zu überstehen.
    Als das Licht sich verstärkte, riß ich einen Streifen aus den Überresten meiner Hose – ein Hemd hatte ich schon lange nicht mehr – und band es um Nebogipfels Gesicht, um seine ungeschützten Augen abzuschirmen. Er rührte sich nicht.
    Gegen Mittag versiegte der Regen, und ich glaubte, den Abstieg wagen zu können. Ich setzte Nebogipfel auf dem Boden ab, und er konnte wieder gehen, obwohl ich ihn an die Hand nehmen mußte, weil er ohne seine Brille blind war.
    Wir traten aus dem Wald in einen strahlenden und frischen Tag hinaus; eine be-lebende Brise blies von der See herein, und leichte Wolken zogen über einen – fast
    – englischen Himmel. Es war, als ob die Welt neu erschaffen worden wäre, und von der Bedrückung des vergangenen Tages war nichts mehr zu spüren.
    Zögernd näherte ich mich den Überresten der Hütte. Ich sah Fragmente – Teile der zerschmetterten Konstruktion, die lustigen Nußschalen-Tassen etc. –, alles halb im Sand versunken. Inmitten dieses ganzen Durcheinanders befand sich ein Diatryma- Baby, das mit seinem plumpen Schnabel im Sand herumpickte. »Hoi!«
    schrie ich – und rannte los und schlug dabei die Hände über dem Kopf zusammen.
    Der Monstervogel stob davon, wobei das lockere gelbe Fleisch um seine Beine
    herumschlackerte.
    Ich durchsuchte die Trümmer. Unsere meisten Habseligkeiten waren verloren –
    ins Meer gespült. Die Hütte war zwar nur eine primitive Behausung gewesen, und unsere paar Utensilien bloß improvisiert bzw. repariert; aber sie hatte uns gehört –
    war unser Heim gewesen – und ich fühlte eine schockierende Verletzung unserer Privatsphäre.
    »Was ist mit der Zeitmaschine?« fragte mich Nebogipfel und drehte sein erblindetes Gesicht hin und her. »Das Zeit-Fahrzeug – was ist damit?«
    Nach einigem Herumgraben stieß ich auf ein paar Verstrebungen, Rohre und
    Platten, Fragmente von ramponiertem Waffenstahl, die sich nun in einem noch
    schlechteren Zustand als vorher befanden; aber die eigentliche Maschine war ins Meer geschwemmt worden. Mit geschlossenen Augen befingerte Nebogipfel die
    Fragmente. »Nun«, befand er, »das wird ausreichen müssen.«
    Und er setzte sich in den Sand, tastete blind nach Textilien und Schnüren und begab sich erneut mit Geduld an den Bau seiner Zeitmaschine.
    Herz und Körper
    Es gelang uns nicht, Nebogipfels Brille nach dem Sturm wiederzufinden, und dies erwies sich für ihn als großes Handicap. Aber er beklagte sich nicht. Wie schon zuvor zog er sich am Tage in den Schatten zurück, und wenn er sich einmal in das Licht der Morgen-oder Abenddämmerung begeben mußte, zog er seinen breitkrempigen Hut auf und bedeckte die Augen mit einer über Sehschlitze verfügenden Ledermaske, die ich ihm für solche Anlässe angefertigt hatte.
    Das Unwetter hatte sowohl einen mentalen als auch einen seelischen Schock für mich bedeutet, denn ich hatte mich bereits in dem Glauben befunden, mich gegen alle Gefahren, die diese Welt für mich bereithalten konnte, gewappnet zu haben.
    Aus diesem Grund beschloß ich, unsere Existenz auf eine solidere Grundlage zu stellen. Nach einigen Überlegungen entschied ich, daß eine Hütte, solide gezimmert und auf Pfählen ruhend – unerreichbar für die Flutwellen künftiger Monsune
    – das Gebot der Stunde war. Aber ich konnte keine herabgefallenen Äste als Bau-material verwenden, weil sie naturgemäß oft eine unregelmäßige Form hatten und manchmal noch dazu vermodert waren. Ich brauchte Baumstämme – und dafür
    brauchte ich eine Axt.
    So verbrachte ich einige Zeit als Amateurgeologe und durchstreifte die Landschaft auf der Suche nach geeigneten Felsformationen. Schließlich stieß ich in der Gegend von Hampstead Heath in einer Kiesschicht auf dunklen, abgeschliffenen Feuerstein. Ich nahm an, daß dieses Geröll hier von einem verschwundenen Fluß angeschwemmt worden war.
    Mit einer Sorgfalt, die ich sonst nur einem Goldtransport – oder etwas noch
    Wertvollerem – hätte angedeihen lassen, trug ich diese Schätze zurück in unser Lager; denn selbst Gold im Gewicht dieser Steine hätte jetzt nicht den geringsten Wert für mich gehabt.
    Dann schlug ich an freien Stellen am Strand den Feuerstein auf. Ich mußte lange herumexperimentieren und eine Menge Material opfern, bis es mir gelang, die
    Brocken so aufzuschlagen, daß sie entlang der Schichtung des Steins abscherten, und somit breite und

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