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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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– glühend wie ein Feuerrad – bis sie sich so schnell bewegte, daß ich die einzelnen Stationen nicht mehr erkennen konnte.
    Dann war sie weg, von der Erde losgelöst und im Weltall verschwunden.
    Die Symbolik dieser großen Absatzbewegung war überwältigend, und ohne das Feuer aus den großen Triebwerken wirkten die Eisfelder der verlassenen Erde noch kälter und grauer als zuvor.
    Ich setzte mich wieder ins Fahrzeug. »Es stimmt«, sagte ich zu Nebogipfel.
    »Was stimmt?«
    »Daß die Erde aufgegeben ist – die Orbitalstadt hat sich losgelöst und ist verschwunden. Der Planet ist am Ende, Nebogipfel – und wir auch, wie ich befürch-te!«
    Trotz all meiner Bemühungen, ihn wach zu halten, tauchte Nebogipfel in die Be-wußtlosigkeit ab; und irgendwann fehlte mir dann die Kraft, weiterzumachen. Ich schmiegte mich an den Morlock und versuchte, seinen klammen, kalten Körper vor der schlimmsten Kälte zu schützen, aber wie mir klar war, ohne viel Erfolg. Ich wußte, daß unsere Reise in Anbetracht des Zeitreisefaktors nicht länger als insge-samt dreißig Stunden dauern konnte – aber was, wenn das deutsche Plattnerit oder Nebogipfels improvisierte Konstruktion fehlerhaft waren? Dann wäre ich für immer in diesem Kontinuum gefangen und würde langsam tiefgefroren – oder ich konnte jeden Moment auf das ewige Eis stürzen.
    Ich muß wohl eingeschlafen sein – oder das Bewußtsein verloren haben.
    Ich glaubte, den Beobachter – diesen großen breiten Kopf – vor meinen Augen schweben zu sehen, und hinter seinem gliederlosen Torso konnte ich dieses grünliche Sternenfeld erkennen. Ich versuchte, nach den Sternen zu greifen, denn sie schienen so hell und warm; aber ich konnte mich nicht bewegen – vielleicht träumte ich das alles auch nur – und dann war der Beobachter verschwunden.
    Schließlich war die Kapazität des Plattnerits erschöpft; das Fahrzeug schlich nur noch dahin, und dann fiel es wieder in die Realzeit zurück.
    Das perlartige Glühen des Himmels löste sich auf, und das blasse Sonnenlicht verschwand, als ob ein Schalter betätigt worden wäre: und ich stürzte in die Dunkelheit.
    Der letzte Rest unserer aus dem Paläozän importierten Wärme verpuffte in der kalten Luft. Ich spürte, wie Eis an meinem Fleisch nagte – es brannte wie Feuer –und ich konnte nicht atmen, wobei ich nicht wußte, ob das an der Kälte oder an irgendwelchen Schadstoffen in der Luft lag, und bald spürte ich einen starken Druck auf der Brust, als ob ich ertrinken würde.
    Ich wußte, daß ich gleich für längere Zeit das Bewußtsein verlieren würde. Deshalb beschloß ich, mir wenigstens dieses 1891 anzusehen, das sich so sehr von meiner eigenen Welt unterschied, bevor ich starb.
    Ich zog die Arme unter den Körper – ich konnte die Hände schon nicht mehr spü-
    ren – und stemmte mich hoch, bis ich halb saß.
    Die Erde lag in einem silbernen Licht, das an Mondlicht erinnerte (zuerst kam es mir jedenfalls so vor). Das Zeitfahrzeug stand wie ein ramponiertes Spielzeug im Zentrum einer alten Eisfläche. Es war Nacht, und es waren keine Sterne zu sehen –zunächst glaubte ich, daß sie sich hinter Wolken verbargen – aber dann sah ich tief am Himmel die Sichel des Neumondes, und ich konnte mir das Fehlen der Sterne nicht erklären; ich fragte mich, ob meine Augen vielleicht unter der Kälte gelitten hätten. Erfreut stellte ich fest, daß die Schwesterwelt noch immer grün war; vielleicht lebten dort noch Menschen. Wie strahlend mußte die gefrorene Erde am Himmel dieser jungen Welt stehen! Dicht beim Mond leuchtete ein helles Licht: kein Stern, denn dazu war es zu nahe – vielleicht war es der Reflex der Sonne auf einem lunaren Meer.
    Ein Winkel meines versagenden Gehirns veranlaßte mich, nach der Quelle des silbrigen ›Mondlichts‹ zu suchen, denn es spiegelte sich jetzt an der Wandung des Zeitfahrzeugs, die sich bereits mit einer Eisschicht überzog. Wenn der Mond noch immer grün war, konnte er nicht der Ursprung dieses elfenhaften Glühens sein.
    Was also dann?
    Mit letzter Kraft hob ich den Kopf. Und da, weit über mir am sternenlosen Himmel, hing eine glühende Scheibe: ein schimmerndes, hauchzartes Gebilde, das wie eine Spinnwebe wirkte und ein dutzendmal größer als die Scheibe des Vollmonds war.
    Und auf der Eisfläche hinter dem Zeitfahrzeug stand geduldig...
    Ich konnte es nicht erkennen; ich fragte mich, ob meine Augen wirklich den Dienst quittierten. Es war pyramidenförmig, etwa mannshoch,

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