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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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erhabener und grenzenloser Höhe schwebte, und den Zwängen ihrer physikalischen Natur, die letztlich ihren Untergang bedeuten konnten. Ich glaubte bei den Eloi gesehen zu haben, wie die tote Hand der Evolution – das Vermächtnis des Tiers in uns – schließlich die Träume der
    Menschheit zerstörte und ihre Präsenz auf der Erde zu einem kurzen, glorreichen Funken des Intellekts reduzierte.
    Dieser in der menschlichen Gestalt implizite Konflikt hatte sich bei mir wohl zu einem Dilemma meines Verstandes ausgewachsen. Wenn Nebogipfel richtig damit
    lag, daß ich Abscheu vor der Körperlichkeit empfand – nun, dann war vielleicht meine extreme Verinnerlichung dieses Jahrmillionen währenden Konflikts die Ursache. Ich hatte in meinen Ansichten und Gesprächen immer zwischen einer Art düsterer Verzweiflung, einer Abscheu vor dem bestialischen Gefängnis unseres Geistes und einer zärtlichen, eher dummen Utopie geschwankt – einem Traum, daß eines Tages unsere Hände sauber werden würden, wie in einem Massendelirium,
    und daß wir dann eine Gesellschaft bilden würden, die sich auf die Prinzipien der Logik, natürlichen Gerechtigkeit und Wissenschaft gründete.
    Aber jetzt hatte die Entdeckung – oder Konstruktion – und Kolonisierung dieser finalen Historie alles geändert. Hier hatte die Menschheit ihre Ursprünge und die Schwachstellen der Natürlichen Selektion überwunden; von hier aus würde es keine Rückkehr zu diesem primitiven Urmeer geben, dem wir entstiegen waren: vielmehr war die Zukunft infinit geworden, ein Aufsteigen in einen Himmel aus endlosen Historien.
    Mir schien es, als ob ich endlich aus der Finsternis der evolutionären Verzweiflung in das Licht der unendlichen Weisheit eingetaucht sei.

Wiederauferstehung
    Sie werden aber kaum erstaunt sein zu lesen, wenn Sie mir schon so weit gefolgt sind, daß diese Stimmung – es war eine Art elegischer Ergebenheit – nicht lange anhielt!
    Ich blickte mich um. Ich strapazierte mein Gehör und versuchte, auch das kleinste Detail zu registrieren, die kleinste Veränderung in dieser leuchtenden Hülle, die mich umgab; aber – für eine Weile – war nichts außer unendlicher Stille und unerträglicher Helligkeit.
    Ich war zu einem entstofflichten Fleck geworden, vermutlich unsterblich, und in diesen größten aller Räume eingebettet: ein Universum, dessen Kräfte und Partikel allesamt unter der Herrschaft des Geistes standen. Es war großartig – aber gleichzeitig auch schrecklich, unmenschlich, kalt – trotz des Loderns der infiniten Sterne
    – und eine tiefe Verzweiflung drückte mich nieder.
    Hatte ich mich aus dem Zustand des Seins in einen Zwitter zwischen Sein und
    Nicht-Sein verwandelt? Nun, wenn das zutraf – ich mußte das erst noch eruieren –
    hatte ich noch nicht den Ewigen Frieden erreicht. Ich hatte noch immer die Seele eines Menschen, mit dem ganzen Ballast an Fragen und Tatendrang, der immer ein Teil der menschlichen Natur gewesen ist. Ich habe nicht viel Abendländisches an mir, und deswegen brach ich dieses Zwischenspiel körperloser Kontemplation auch bald ab.
    Dann, nach einer unbestimmten Zeitspanne, nahm die Helligkeit des Himmels
    ab. An den Rändern meines Gesichtsfeldes bildete sich eine Art Dunst – eine ansatzweise Dunkelheit. Ich hatte den Eindruck, dieses Phänomen über ganze geologische Zeitalter zu betrachten, und im Verlauf dieses langen Wartens verdichtete sich der Dunst: Er engte mein Gesichtsfeld kreisförmig ein, als ob ich aus einer Höhlenöffnung hinausschauen würde. Und dann, in der Mitte dieses gespenstischen Höhlenschlundes, ortete ich eine unregelmäßige Wolke, ein Fleck vor dem kosmischen Hintergrundleuchten; ich sah eine Kollektion unregelmäßig geformter, unscharfer Walzen und Rohre, die sich wie Phantome über die Sterne legten. In einer Ecke dieses Bildes befand sich ein Zylinder aus sattem Grün.
    Ich verspürte eine drängende Ungeduld. Was hatte diese Invasion von Schatten in den ewigen Tag dieser Optimalen Historie zu bedeuten?
    Die mich umgebenden Höhlenkonturen wurden immer klarer; ich fragte mich, ob
    das vielleicht ein an die Bewußtseinsoberfläche gespülter Erinnerungssplitter aus dem Paläozän war. Und was diese verschwommene Konfiguration aus Stäben und
    Scheiben betraf, so gewann ich den Eindruck, daß ich dieses Arrangement schon einmal gesehen hatte: es kam mir so vertraut wie meine eigene Hand vor, und doch konnte ich es in diesem transformierten Kontext nicht

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