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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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    Und dann traf mich die Keule der Erkenntnis. Die Stangen und anderen Komponenten waren meine Zeitmaschine – die darüberliegenden Linien, die diese Konstellation entstellten, waren die Messingrohre, aus denen der untere Teil der Maschine bestand; und diese Scheiben, die von Galaxien überlagert wurden, mußten meine chronometrischen Anzeigen sein. Es war meine Originalmaschine, die ich bereits verloren glaubte, demontiert und schließlich zerstört während des deutschen Angriffs auf das London von 1938!
    Diese Vision nahm rasch Gestalt an. Die Messingrohre glitzerten – ich sah, daß eine dünne Staubschicht die Gläser der chronometrischen Skalen bedeckte, deren Zeiger herumwirbelten – und ich erkannte das grüne Glühen von Plattnerit, mit dem das Quarz der Maschinerie angereichert war. Ich schaute nach unten und sah zwei dicke, dunkle Zylinder – es waren meine eigenen Beine, die in Tropenzwirn steckten! – und diese blassen, behaarten Objekte mußten meine Hände sein, die auf den Steuerhebeln der Maschine lagen. Und nun verstand ich auch die Bedeutung dieser ›Höhlenöffnung‹ um mein Gesichtsfeld. Es waren die Konturen meiner Augenhöhlen, Nase und Wangen, die in das Blickfeld hineinragten: erneut schaute ich aus der dunkelsten aller Höhlen hinaus – meinem Kopf.
    Ich fühlte mich, als ob ich in meinen Körper hineingezogen würde. Ich erhielt wieder die Kontrolle über die Hände und Beine. Ich konnte die Hebel kühl und fest in der Hand spüren, und Schweiß kitzelte auf der Stirn. Es muß wohl ein wenig Ähnlichkeit mit dem Erwachen aus einer Chloroformbetäubung gehabt haben;
    langsam und allmählich kam ich wieder zur Besinnung. Und nun spürte ich ein
    Schaukeln und dieses für die Zeitreise charakteristische Gefühl des Fallens.
    Der Raum um die Zeitmaschine war dunkel – ich konnte nichts von der Welt erkennen – aber die zunehmende Schleichfahrt ließ auf ein Bremsmanöver der Maschine schließen. Ich schaute mich um – und wurde mit dem Gewicht eines vollen Kopfes auf einem Halsstiel belohnt; nach dem Zustand der Körperlosigkeit hatte ich den Eindruck, ein Geschützrohr zu richten – aber es war fast nichts mehr von der Optimalen Historie zu sehen: hier ein schemenhafter Galaxienhaufen, dort ein Fragment von Sternenlicht. In diesem letzten Moment, bevor die virtuelle Verbindung ganz abriß, sah ich noch einmal das runde, feierliche Gesicht meines Beobachters mit seinen großen, nachdenklichen Augen.
    Dann war es verschwunden – alles – und ich war wieder ich selbst; und ich
    spürte einen Anfall wilder, primitiver Freude!
    Die Zeitmaschine kam zum Stillstand. Das Ding kippte um, und ich flog kopf-
    über durch die Luft, in pechschwarze Finsternis.
    Ein donnerndes Krachen drang an meine Ohren. Ein massiver Regenguß trommelte mir mit brutaler Wucht auf den Kopf und das Tropenhemd. Binnen kurzem war ich bis auf die Haut durchnäßt: ein schönes Willkommen in der Körperlichkeit, dachte ich mir!
    Ich war auf einem Stück matschigen, weichen Bodens vor der umgestürzten Maschine abgeladen worden. Es war ziemlich finster. Ich hatte den Eindruck, auf einem kleinen Rasen zu liegen, der von Büschen gesäumt war und deren Blätter unter dem Beschuß der Regentropfen tanzten. Die abprallenden Tropfen hingen als eine kleine Wolke über der Maschine und drifteten wie Rauch über den Boden.
    Ganz in der Nähe hörte ich das Gurgeln von Wasser, und der Regen plätscherte auf diese größere Ansammlung von Flüssigkeit.
    Ich stand auf und schaute mich um. In der Nähe stand ein Gebäude, das sich nur als Silhouette gegen den schwarzgrauen Himmel abzeichnete. Jetzt bemerkte ich ein schwaches grünes Glühen, das aus einer Phiole drang, einem vielleicht sechs Zoll hohen Glaszylinder: es war eine schlichte Acht-Unzen-Flasche für medizinische Präparate. Sie hatte offensichtlich in der Maschine gesteckt und war jetzt ins Gras gefallen.
    Ich griff nach der Flasche und hob sie auf. Das grünliche Glühen kam von einem Pulver, das sich in dem Glas befand: es war Plattnerit.
    Jemand rief meinen Namen.
    Verblüfft wandte ich mich um. Die Stimme war leise gewesen und wurde fast
    von dem auf das Gras prasselnden Regen verschluckt.
    Eine Gestalt stand keine neun Fuß von mir entfernt: klein, fast wie ein Kind, wobei Kopf und Rücken jedoch mit langem, glattem Haar bewachsen waren, das jetzt flach an bleichem Fleisch klebte. Große, graurote Augen waren auf mich

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