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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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dann schluckte ich sie energisch hinunter. Ebenso tunkte ich einen Zipfel meines Taschentuchs in die Schüssel und befeuchtete damit Gesicht und Hände.
    Dann wandte ich mich dem Essen selbst zu. Ich nahm mir einen grünlichen
    Brocken davon. Ich schnickte eine Ecke weg: es brach leicht, war durchgehend grün und krümelte fast wie Cheddar. Ich schlug die Zähne in das Zeug. Was den Geschmack betraf – wenn man jemals Gemüse gegessen hat, z. B. Broccoli oder
    Rosenkohl, der bis an die Grenze der Auflösung zerkocht wurde, kann man sich eine ungefähre Vorstellung davon machen; Mitgliedern der weniger distinguierten Londoner Clubs werden die Symptome bekannt vorkommen! Doch ich verzehrte
    soviel von dem Brocken, bis die Hälfte weg war. Dann nahm ich die anderen Stük-ke und probierte auch diese; obwohl ihre Farben variierten, unterschieden sich Konsistenz und Geschmack nicht im geringsten.
    Es genügten ein paar Bissen von dem Zeug, um mich zu sättigen, und ich legte die Reste auf das Tablett und schob es von mir weg.
    Ich setzte mich auf den Boden und ließ den Blick durch die Dunkelheit schweifen. Ich verspürte eine enorme Dankbarkeit, daß die Morlocks mir wenigstens diese Beleuchtung bereitgestellt hatten, denn ich konnte mir vorstellen, daß ich schon verrückt geworden wäre, wenn ich auf dieser leeren, konturenlosen Fläche ausgesetzt worden wäre, in einer Dunkelheit, die nur von den Sternenabbildungen unter mir durchbrochen wurde. Und gleichzeitig war mir bewußt, daß die Morlocks diesen Lichtkreis auch aus Eigeninteresse geschaltet hatten, als effektive Maßnahme, um mich an diesem Ort zu halten. Ich war völlig hilflos, Gefangener eines bloßen Lichtstrahls!
    Große Erschöpfung und Schlafbedürfnis kamen über mich. Ich wollte nicht
    schon wieder das Bewußtsein verlieren – und mich dadurch der Schutzlosigkeit aussetzen – aber ich sah auch wenig Sinn darin, ständig wach zu bleiben. Ich trat aus dem Lichtkreis hinaus und ging ein Stück in die Dunkelheit hinein, so daß ich durch die Illusion der Nacht zumindest etwas Sicherheit verspürte. Ich zog die Jak-ke aus und legte sie zu einem Kopfkissen zusammen. Die Luft war ziemlich warm, und der weiche Boden schien auch erwärmt, so daß ich also nicht frieren würde.
    Solcherart, meinen korpulenten Körper über den Sternen ausgestreckt, schlief ich ein.

Ein Besucher
    Ich kann nicht sagen, wieviel Zeit verstrichen war, als ich wieder aufwachte. Ich hob den Kopf und sah mich um. Ich befand mich allein in der Dunkelheit, und alles schien unverändert. Ich schlug auf die Westentasche; die Hebel der Zeitmaschine waren noch sicher aufbewahrt.
    Als ich versuchte, mich zu bewegen, jagten die steifen Glieder eine
    Schmerzwelle durch die Beine und den Rücken. Ich setzte mich ungelenk auf und kam auf die Füße, wobei ich jedes einzelne Jahr spürte; ich war höchst dankbar, daß ich nicht aufspringen mußte, um einen Haufen marodierender Morlocks abzu-wehren! Ich vollführte ein paar unbeholfene gymnastische Übungen, um die Muskeln zu lockern; dann hob ich die Jacke auf, strich die Falten glatt und zog sie an.
    Dann trat ich wieder nach vorne in den Lichtkreis.
    Wie ich feststellte, waren die Tabletts mit den Essenskartons und der Toiletten-eimer ausgetauscht worden. Also beobachteten sie mich doch! – Gut, ich hatte auch nichts anderes erwartet. Ich nahm die Deckel von den Kartons ab, nur um erneut die gleichen deprimierenden Stücke des anonymen Futters zu finden. Ich stellte mir aus Wasser und etwas von dem grünlichen Zeug ein Frühstück zusammen. Meine Angst hatte sich gelegt und war von einem trüben Gefühl der Betäubung abgelöst worden – es ist erstaunlich, wie schnell der menschliche Geist sich selbst an die außergewöhnlichsten Situationen anpassen kann. Sollte das von nun an mein Schicksal sein? – ein hartes Bett, lauwarmes Wasser und eine Diät aus gekochten Gemüsebrocken? Es war wie damals in der Schule, dachte ich düster.
    »Pau.«
    Diese einzelne Silbe, leise gesprochen, dröhnte in dieser absoluten Stille wie ein Schuß in meinen Ohren.
    Ich schrie auf, kam hastig auf die Füße und hielt die Gemüseriegel vor mich – es war absurd, aber ich hatte eben keine andere Waffe. Der Laut war hinter mir ausgestoßen worden, und ich wirbelte herum, wobei die Stiefel auf dem Boden
    quietschten.
    Da stand ein Morlock, gerade im Zwielicht an der Grenze des Lichtkreises. Er stand aufrecht – nicht in dieser gebeugten, affenartigen Haltung

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