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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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wie jene Kreaturen, die ich vorher gesehen hatte – und er trug eine Brille, wie ein Schild aus blauem Glas, die seine Augen bedeckte und sie schwarz aussehen ließ. »Tik. Pau«, verbalisierte diese Erscheinung mit merkwürdig gurgelnder Stimme.
    Ich stolperte zurück und trat auf das klappernde Tablett. Ich nahm die Fäuste hoch. »Komm mir nicht zu nahe!«
    Der Morlock machte einen Schritt nach vorne und näherte sich der Lichtsäule; trotz der Brille wurde er etwas von der Helligkeit geblendet. Er mußte zu einer neuen Brut Morlocks gehören, die den Eindruck einer höheren Entwicklungsstufe vermittelte; ich erkannte, daß er einer von denen war, die mich betäubt hatten. Er schien nackt zu sein, aber das blonde Haar, das seinen Kopf und Rücken bedeckte, war geschnitten und – bewußt – in einem ziemlich strengen Stil frisiert; als Brust und Schultern bedeckendes Rechteck wirkte es wie eine Uniform. Er hatte ein
    kleines Gesicht ohne Kinn, wie ein häßliches Kindergesicht.
    Die Erinnerung an dieses ergötzliche Gefühl, als ich dem Morlock mit dem
    Knüppel den Schädel eingeschlagen hatte, schlich sich wieder in meine Gedanken.
    Ich erwog, diesen Kameraden zu überrennen und auf die Bretter zu schicken. Aber welchen Nutzen hätte ich davon? Die Zahl der anderen, dort in der Dunkelheit, war ohne Zweifel Legion. Ich hatte keine Waffe, nicht einmal meinen Schürhaken, und ich dachte daran, wie der Verwandte dieses Wesens diese seltsame Waffe auf mich gerichtet und mich ohne jede Mühe außer Gefecht gesetzt hatte.
    Ich beschloß, erst einmal abzuwarten.
    Und außerdem – obwohl es sich komisch anhören mag! – spürte ich, daß mein
    Zorn nachließ und in einen unmotivierten Zustand der Belustigung überging. Trotz der obligaten Leichenblässe seiner Haut schaute der Morlock wirklich lustig aus –
    man stelle sich einen Orang Utan mit gestutztem und gelbweiß gefärbtem Haar
    vor, der Männchen macht und zudem noch eine schrille Brille aufhat – und man kann sich denken, wie er wirken mußte.
    »Tik. Pau«, wiederholte er.
    Ich ging einen Schritt auf ihn zu. »Was willst du mir sagen, du Primitivling?«
    Er zuckte zusammen – was wohl auf meinen Tonfall zurückzuführen war – und
    deutete dann abwechselnd auf die Gemüseriegel in meinen Händen.
    »Tik«, sagte er. »Pau.«
    Ich verstand. »Gütiger Gott«, meinte ich, »du willst mit mir reden, richtig?« Abwechselnd hielt ich die Nahrungsmittelbrocken hoch. »Tik. Pau. Eins. Zwei.
    Sprichst du Englisch? Eins. Zwei...«
    Der Morlock legte den Kopf schief – wie Hunde das manchmal machen – und
    dann sagte er – und er sprach es fast genauso aus wie ich – : »Eins. Zwei.«
    »So wird's gemacht! Und wo das herkommt, gibt's auch noch mehr – eins, zwei, drei, vier...«
    Der Morlock trat in meinen Lichtkreis, wobei mir indessen auffiel, daß er sich außerhalb meiner Reichweite hielt. Er deutete auf meine Wasserschüssel.
    »Agua.«
    »Agua?« Das hatte wie Latein geklungen – andererseits war humanistische Bildung noch nie meine Sache gewesen. »Wasser«, erwiderte ich.
    Wieder hörte der Morlock schweigend zu, den Kopf in Schräglage.
    So machten wir weiter. Der Morlock deutete auf Alltagsgegenstände – Kleidungsstücke, oder Körperteile wie Kopf oder Gliedmaßen – und lieferte dann dazu einen Kommentar ab. Manche seiner Versuche waren schlichtweg unverständlich
    für mich, und einige klangen deutsch oder vielleicht auch altenglisch. Und ich nannte ihm dann meine gängige Terminologie. Ein paarmal versuchte ich, ihn in ein längeres Gespräch zu verwickeln – denn ich glaubte nicht, daß diese simple Aufzählung von Substantiven uns sehr weit bringen würde – aber er stand nur da, bis ich schließlich auch nichts mehr sagte, und dann machten wir mit dem alten Geduldsspiel weiter. Ich konfrontierte ihn mit einigen Brocken, die ich von
    Weenas Sprache behalten hatte, dieser vereinfachten, melodischen Mundart aus Zwei-Wörter-Sätzen; aber wieder stand der Morlock nur geduldig da, bis ich auch das aufgab.
    So ging das für einige Stunden. Schließlich nahm der Morlock ganz formlos seinen Abschied – er verschwand in der Dunkelheit – ; ich folgte ihm nicht (noch nicht! sagte ich erneut zu mir). Ich aß und schlief, und als ich aufwachte, kehrte er zurück, und wir setzten den Unterricht fort.
    Als er um meinen Lichtkäfig herumging und auf Dinge zeigte und sie benannte, waren die Bewegungen des Morlocks flüssig und recht elegant, und

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