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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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flogen zur Westentasche – und dort
    steckten noch immer die beiden Hebel der Zeitmaschine. Ich schnaufte vor Erleichterung.
    Ich schaute mich um. Ich stand auf einem flachen, ebenen Boden aus der lederartigen, durchsichtigen Substanz, die ich bereits erwähnt habe. Ich befand mich nahe am Zentrum eines etwa dreißig Yard durchmessenden Lichtflecks, den der
    Strahler über mir auf diesen rätselhaften Boden warf. Die Luft war ziemlich staubig, so daß ich leicht den Strahlengang des auf mich herabflutenden Lichts erkennen konnte. Man muß sich vorstellen, daß ich da im Licht stand wie auf der Sohle eines staubigen Minenschachtes und nach oben in die Mittagssonne starrte. Und tatsächlich wirkte es auch wie Sonnenlicht – aber ich konnte weder verstehen, wie die Sonne wieder zum Leuchten gebracht worden war, noch, warum sie jetzt stationär über mir stand. Ich konnte es mir nur so erklären, daß ich während meiner Bewußtlosigkeit an irgendeinen Punkt des Äquators gebracht worden war.
    Und jenseits meiner staubigen Lichtsäule war nur Dunkelheit, tief und kompakt.
    Es gab keinen Hinweis auf die Zeitmaschine.
    Ich kämpfte die aufsteigende Panik nieder und umrundete den Lichtkreis. Ich war allein, und der Boden war frei – bis auf Platten, zwei an der Zahl, mit Behältern und Kartons, die vielleicht zehn Fuß entfernt von der Stelle standen, an der ich gelegen hatte. Ich versuchte die mich umgebende Dunkelheit zu durchdringen,
    konnte aber selbst mit beschirmten Augen nichts erkennen. Ich klatschte in die Hände und wirbelte Staubflocken auf, die in der erleuchteten Luft tanzten. Das Geräusch klang gedämpft und erzeugte kein Echo. Entweder waren die Wände
    weit entfernt, oder sie waren mit einer schallabsorbierenden Substanz beschichtet; was davon auch zutreffen mochte, ich hatte keinen Anhaltspunkt hinsichtlich ihrer Entfernung.
    Ich verspürte eine tiefe, eigenartige Furcht, hier auf dieser Ebene aus weichem Glas; ich fühlte mich nackt und exponiert, ohne Rückendeckung, ohne eine Ecke, in die ich mich zurückziehen konnte.
    Ich näherte mich den Platten. Ich betrachtete die Kartons und hob ihre Deckel an: da war ein großer, leerer Eimer und eine Schüssel mit etwas, das wie klares Wasser aussah, und die letzte Packung enthielt faustgroße Brocken von etwas, das ich als Nahrungsmittel interpretierte – aber wenn das zutreffen sollte, dann war dieses Essen zu einer glatten gelben, grünen und roten Substanz zusammengebacken
    worden, so daß nicht mehr auf seinen Ursprung geschlossen werden konnte. Ich stocherte zögernd mit einem Finger in dem Essen herum: es war kalt und glatt, so wie Käse. Ich hatte seit Mrs. Watchets' Frühstück nichts mehr gegessen, vor vielen Stunden meines komplizierten Lebens, und ich registrierte jetzt den zunehmenden Druck in meiner Blase: ein Druck, so nahm ich an, zu dessen Linderung der leere Eimer beitragen sollte. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, warum die Morlocks mich jetzt vergiften sollten, nachdem sie mich schon so lange am Leben gelassen hatten, aber nichtsdestoweniger zögerte ich, ihre Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen – und noch viel mehr, durch die Benutzung des Eimers meine Würde zu
    verlieren!
    So umrundete ich das Tablett und diesen Lichtkreis, wobei ich wie ein Tier
    schnüffelte, das eine Falle wittert. Ich hob sogar die Kartons und Tabletts auf, um zu sehen, ob ich sie als Waffe verwenden könnte – vielleicht konnte ich mir eine Art Klinge zurechthämmern – aber die Tabletts bestanden aus einem silbrigen
    Metall, ähnlich wie Aluminium und so dünn und weich, daß es in meinen Händen zerknitterte. Damit konnte ich einen Morlock ebensowenig erstechen wie mit einem Blatt Papier.
    Ich überlegte mir, daß diese Morlocks sich eigentlich bemerkenswert entgegen-kommend verhalten hatten. Es wäre kein Aufwand gewesen, mich zu erledigen, als ich bewußtlos war, aber sie hatten an sich gehalten – und sogar mit überraschender Geschicklichkeit, wie es schien, Versuche unternommen, mich zu säubern.
    Natürlich erweckte das mein Mißtrauen. Zu welchem Zweck hatten sie mein Leben geschont? Wollten sie mich lebend haben, um – mit welchen üblen Methoden auch immer – das Geheimnis der Zeitmaschine aus mir herauszuholen?
    Ich wandte mich von dem Proviant ab, trat aus dem Lichtkreis hinaus und in die dahinterliegende Dunkelheit. Das Herz schlug mir bis zum Hals; es existierte nichts, was mich am Verlassen der Lichtsäule hätte hindern können,

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